Besserer Schutz für Ärzte –Wachpersonal in Praxen?

75 Fälle von körperlicher Gewalt pro Tag – Mitarbeiter trainieren Selbstverteidigung

Von Willi Reiners

Verbale und körperliche Gewalt sind ein wachsendes Problem im Medizin- betrieb. Die Beschäftigten wappnen sich gegen Gefahrensituationen. Sogar Wachleute in Arztpraxen sind denkbar.

Stuttgart Viele Kliniken setzen bereits Wachpersonal gegen aggressive Patienten und Angehörige von Patienten ein. Künftig könnten sich dazu auch Praxen von Haus- und Fachärzten gezwungen sehen, fürchtet Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender des Ärzteverbands Medi. „Gerade in Praxen, in denen sich Gewaltszenarien häufen, halte ich das für möglich“, sagte der Stuttgarter Mediziner unserer Zeitung. Er hoffe aber, dass es nicht wo weit kommen werde. Kleine Praxen und Praxen in sozialen Brennpunkten könnten sich Sicherheitskräfte schon finanziell nicht leisten.

Medi bietet seit dem vergangenen Jahr spezielle Kurse für Mediziner und Praxismitarbeiter an. Polizeibeamte vermitteln darin unter anderem Techniken zur Deeskalation und Selbstverteidigung. „Die Kurse sind meistens ausgebucht, weil die Nachfrage so groß ist“, so Baumgärtner.

Bundesweit gibt es laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung täglich 75 Fälle von körperlicher Gewalt gegen Mitarbeiter von Arztpraxen. Das Praxispersonal im Südwesten ist besonders sensibilisiert, seit im vergangenen August ein Arzt in Offenburg in seiner Praxis ermordet wurde. Der mutmaßliche Täter, ein Flüchtling aus Somalia, steht derzeit vor Gericht.

Die Hausärztin Monika Hamann, seit 1995 in Güglingen bei Heilbronn niedergelassen, hat mit ihrem Team bereits einen Medi-Kurs absolviert. „Die Respektlosigkeit hat zugenommen, auch bei uns in der Praxis“, sagte sie. Zudem seien Patienten heute sehr fordernd. Sätze wie „Das ist mein gutes Recht, das steht mir zu, und zwar jetzt sofort“ höre sie immer häufiger – von Deutschen wie auch von Nichtdeutschen. „Es gibt ganz kooperative Syrer und ganz arg fordernde Deutsche. Das geht allerdings auch andersrum“, so Hamann.