Bestattungshaus zieht ins Möbelhaus

Charlotte Klinghoffer kauft das Möbelhaus Noller in der Sulzbacher Straße und will dort ein „Zur Ruhe“-Trauerzentrum einrichten

Nur wenige Wochen nach der Nachricht, dass in der Sulzbacher Straße das Backnanger Traditions-Möbelhaus Noller schließt, steht bereits fest, wer die Immobilie künftig nutzen wird: Charlotte Klinghoffer hat das Gebäude erworben und möchte dort bis Jahresende mit ihrem Bestattungsinstitut „Zur Ruhe“ einziehen. Die Nutzfläche am neuen Standort ist deutlich größer als beim derzeitigen Firmensitz in der Aspacher Straße.

Bestattungshaus zieht ins Möbelhaus

Sobald der Umbau erledigt ist, zieht das Bestattungsinstitut „Zur Ruhe“ in die beiden unteren Etagen des heutigen Möbelhauses Noller. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Das Bestattungsinstitut „Zur Ruhe“ ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Inzwischen hat Firmengründerin Charlotte Klinghoffer an den vier Standorten Backnang, Großaspach, Unterweissach und Murrhardt insgesamt 15 feste Mitarbeiter, Teilzeitkräfte nicht mitgerechnet. Die Räume in der Zentrale an der Aspacher Straße in Backnang platzen jedoch 21 Jahre nach der Firmengründung aus allen den Nähten. Zudem sind sie nicht sehr effizient angeordnet.

Das verwundert wenig, war das Gebäude doch früher ein Möbelhaus. Gebaut wurde es von Hildegard und Leo Klinghoffer, den Eltern der heutigen Besitzerin. Nachdem erst die Stuttgarter Firma Möbel König und später das Ludwigsburger Möbelhaus Mayer das Haus gemietet hatten, wurde es von 1971 bis 1986 zum Möbelhaus Noller. Mitte der 1980er-Jahre baute Noller jedoch seinen eigenen Firmensitz am heutigen Standort Sulzbacher Straße 99. Indem Klinghoffer dieses Möbelhaus nun kauft, schließt sich gewissermaßen der Kreis.

Dass sich in der Zentrale des Bestattungshauses „Zur Ruhe“ etwas tun muss, war Charlotte Klinghoffer schon lange klar. Die Geschäftsräume ziehen sich über drei Etagen, „und trotzdem reicht der Platz hinten und vorne nicht aus“, so die Firmenchefin. Die Kühlräume liegen im dritten Stock, die Särge mit den Verstorbenen müssen umständlich über Aufzüge transportiert werden. Zudem fehlt ein zweiter Beratungsraum. Sobald ein Beratungsgespräch läuft, darf nichts Weiteres dazwischenkommen. Klinghoffer: „Zuletzt war eine Aufstockung geplant, wir hätten dann zu unseren derzeit 500 Quadratmetern noch 200 Quadratmeter mehr gehabt.“ Doch das Projekt wäre kompliziert geworden. So hätte zum Beispiel der Aufzug verlängert werden müssen. Die Investitionen hätten sich auf eine Million Euro summiert, so die Firmenchefin. Und auch dann wäre der Standort nicht optimal gewesen. So gibt es zum Beispiel für das Unternehmen keine eigenen Parkplätze entlang der Aspacher Straße.

Insofern war es ein Glücksfall, dass Klinghoffer nun die Noller-Immobilie an der Sulzbacher Straße kaufen kann. Das Bestattungshaus wird hier auf zwei Etagen – Erdgeschoss und erstes Obergeschoss – insgesamt 1600 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung haben. Zudem hat die Geschäftsfrau die Wiese neben dem Gebäude gleich miterworben. Dort beabsichtigt sie, weitere Parkplätze und fünf Garagen zu errichten.

Im Erdgeschoss möchte die Bestatterin einen Abschiedsraum einrichten. Ferner plant sie die Möglichkeit, dass Angehörige einen Chip bekommen, mit dem sie eine Tür von außerhalb zu einem weiteren Abschiedsraum selbst öffnen können. Hintergrund ist, dass so Angehörige jederzeit Zugang zum Verstorbenen haben können, auch außerhalb der Öffnungszeiten und ohne Absprache mit den Bestattern. Des Weiteren werden künftig drei Beratungsräume zur Verfügung stehen.

Innerhalb des Möbelhauses muss relativ wenig umgebaut werden. Wegen der Brandschutzvorschriften wird eine zweite Treppe benötigt, für effiziente Betriebsabläufe auch ein neuer Aufzug. Auch das bisherige offene Treppenhaus muss umgestaltet werden.

Klinghoffer rechnet damit, dass Noller nach dem Ausverkauf, der im März endet, noch den folgenden Monat für das Ausräumen des Gebäudes benötigt. „Wir fangen im Mai mit dem Umbau an und hoffen, bis zum Jahreswechsel die neuen Räume nutzen zu können.“ Ziel ist ein Trauerzentrum, das „kundenfreundlicher und übersichtlicher“ sein soll. Den Standort an der Aspacher Straße will die Geschäftsfrau dann aufgeben.

Info
Räume zur Ausbildung

Zusätzliche Flächen werden auch benötigt, weil „Zur Ruhe“ Ausbildungsstandort des Verbands dienstleistender Thanatologen (VDT) ist. Davon gibt es bundesweit nur zwei, neben Backnang noch Bremerhaven. Thanatologen ermöglichen die ästhetische und hygienische Aufbahrung von Verstorbenen, damit Angehörige selbst dann am offenen Sarg Abschied nehmen können, wenn das Aussehen des Verstorbenen den Hinterbliebenen unbehandelt nicht mehr hätte zugemutet werden können. Etwa bei schweren Verletzungen am Kopf oder Einschränkungen, die durch Krankheit, das Alter oder die Zeitspanne seit dem Sterben entstanden sind. Thanatologen behandeln die Leiche so, dass Trauernde beim letzten Blick auf den Verstorbenen einen würdevollen, bleibenden Eindruck erhalten.