Betrugsvorwurf lässt sich nicht erhärten

40-Jährige vom Amtsgericht Backnang freigesprochen – Betroffene Schwester beruft sich auf Zeugnisverweigerungsrecht

Betrugsvorwurf lässt sich nicht erhärten

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Es gibt ihn in der Tat, den kurzen Prozess. Auch beim Amtsgericht Backnang. Nicht in dem Sinn freilich, dass hier irgendwelche Schritte in einem ordnungsgemäßen Verfahren unterlassen würden. Nein, nur in der Art, dass sich der Sachverhalt unerwartet schnell klärt oder jedenfalls juristisch klar ist und eine Entscheidung gefällt werden kann. Dies war bei einer Verhandlung am gestrigen Vormittag der Fall.

Vor dem Amtsgericht erscheint eine 40-Jährige aus Backnang. Betrug und Urkundenfälschung werden ihr vorgeworfen. Insgesamt viermal soll sie im vergangenen Jahr mit dem Sparbuch ihrer Schwester zur Bank marschiert sein und Beträge in Höhe von 600 und 800 Euro abgehoben haben.

Zur Sache und zu ihrer Person will sie nichts sagen, und so erfährt man nicht, ob da finanzielle Engpässe der Anlass waren. Ihre geschädigte Schwester hat per E-Mail Strafanzeige gestellt. Das Sparbuch habe im Safe der Mutter der beiden Schwestern gelegen.

Bei welcher Gelegenheit die Angeklagte das Sparbuch an sich genommen haben soll, wird nicht klar. Eine Formulierung in der E-Mail der betrogenen Schwester deutet darauf hin, dass hier Tätlichkeiten mit im Spiel waren. Aber diese sind nicht angezeigt worden.

Als dann die Verhandlung näher rückte und die beiden Betroffenen geladen wurden, beriefen sich die Schwester der Angeklagten sowie die Mutter auf das den Familienangehörigen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht. Und im Übrigen halten sich beide gerade für längere Zeit in Griechenland auf. Die Anreise wäre also etwas aufwendiger gewesen. Vor Gericht erscheinen sie also nicht.

So bleibt nur, die Bankangestellten zu befragen. Bei diesen handelt es sich um zwei Frauen und zwei Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren. Da die Abhebungen nur 600 und 800 Euro betrugen, war es den Bankmitarbeitern nicht vorgeschrieben, die Vorlage eines Ausweises zu verlangen. Das Vorlegen des Sparbuchs ist Legitimation genug. Alle vier Zeugen werden zu den vier Abhebungen befragt. Jedes Mal geriet die Frau, die das Geld abholte, an einen anderen Betreuer. Zwar haben die Bankmitarbeiter einen Beleg über die Auszahlung dabei, aber sie erinnern sich allesamt nicht an die Kundin. Auch der der betrogenen Schwester zugeteilte Bankkaufmann hat diese seine Kundin noch nie gesehen, versichert er vor Gericht. Wenn also die Frau, die er am Schalter bediente, nicht die Sparbuchinhaberin war, habe er dies nicht ahnen können.

So sind die Zeugenvernehmungen äußerst kurz. Im Zweiminutentakt gehen sie über die Bühne. Eintragungen im Bundeszentralregister bezüglich der Angeklagten sind keine zu vermelden. Der Staatsanwalt kann gleich mit seinem Schlussplädoyer beginnen. „Die in der Anklageschrift erhobenen Vorwürfe haben sich nicht bestätigt“, sagt er. Die Zeugen konnten sich an die Angeklagte nicht erinnern. Folglich ist diese freizusprechen. Die erstattete Strafanzeige läuft ins Leere, wenn sich die Betroffenen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Der Verteidiger der Angeklagten muss dem nichts mehr hinzufügen. Der Staatsanwalt hat das Nötige gesagt. Und die Angeklagte, zum letzten Wort aufgefordert, will sich nicht äußern.

Die Richterin erhebt sich. Alle Anwesenden tun es ihr nach. Die Angeklagte, so das Urteil, wird freigesprochen. Die Anzeige beruhte, so führt die Richterin aus, auf Vermutungen. Die Unterschriften auf den Auszahlungsbelegen der Bank waren eventuell gefälscht. Aber wie erwähnt: Es ist der Angeklagten nicht nachzuweisen. Kurzer Prozess. Nach 25 Minuten ist alles erledigt.