Berlin

Mehrere Frauen vergewaltigt – Sicherungsverwahrung für 38-Jährigen

Vor vier Monaten schuldig gesprochen – doch während des Prozesses stellt sich heraus, dass es nicht nur ein Opfer gab. Nun wurde der 38-Jährige als gefährlicher Serientäter verurteilt.

Mehrere Frauen vergewaltigt – Sicherungsverwahrung für 38-Jährigen

Der Prozess fand vor dem Kriminalgericht Moabit statt.

Von red/dpa

Er nutzte die hilflose Lage bewusstloser Frauen aus und filmte sexuelle Übergriffe: Vier Monate nach der Verurteilung wegen Vergewaltigung einer bewusstlosen Abiturientin ist ein 38-Jähriger wegen weiterer Taten zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Zudem ordnete das Berliner Landgericht anschließende Sicherungsverwahrung gegen den Mann an. Er sei gefährlich für die Allgemeinheit.

Der Betriebswirt und frühere Geschäftsführer wurde der Vergewaltigung in vier Fällen sowie der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen schuldig gesprochen. „Wir gehen von einer eingeschliffenen gestörten Sexualpräferenz mit fetischistischen und sadistischen Zügen aus“, sagte der Vorsitzende Richter Thorsten Braunschweig. Der 38-Jährige sei nach Überzeugung des Gerichts ein Seriensexualstraftäter.

Frauenverachtende Chats sichergestellt

Die Taten im Zeitraum von Februar 2020 bis Juni 2021 zulasten zweier inzwischen 29 und 47 Jahre alter Frauen, damals mit dem Angeklagten liiert, waren während des ersten Prozesses gegen den 38-Jährigen durch weitere Handy-Auswertungen bekanntgeworden.

Trotz eines regen Sexuallebens sei es zu den Taten gekommen, hieß es weiter im Urteil. Der Angeklagte habe das Vertrauen der Opfer ausgenutzt. Sex mit bewusstlosen Frauen stehe im Mittelpunkt seiner sexuellen Fantasien.

Im März 2021 habe er den Körper einer Betroffenen mit beleidigenden Worten beschmiert. Damals habe er einem Chat-Partner, gegen den inzwischen ermittelt werde, Aufnahmen geschickt. Frauenverachtend sei das Opfer als „Sklavin“ bezeichnet worden. Wie es zur Bewusstlosigkeit kam, habe im Prozess nicht geklärt werden können.

Opfer erfuhren erst nach Jahren von Taten

Der Staatsanwalt forderte eine Strafe von neun Jahren Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Dem schlossen sich die Anwältinnen der beiden Frauen an, die erst im Frühjahr dieses Jahres durch sichergestellte Videoaufnahmen erfahren hatten, dass sie zu Opfern geworden waren.

Die Verteidiger plädierten auf eine Bewährungsstrafe. Die Plädoyers erfolgten wie weite Teile der Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Angeklagte habe gestanden, teilten die Verteidiger mit.

Die Richter sahen eine „gewisse Reue“, allerdings „keine richtige Empathie“. Ein Erfolg einer Therapie sei derzeit nicht absehbar. Wegen einer gestörten Sexualpräferenz ging das Gericht davon aus, dass eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden könne.

Urteil im ersten Prozess: ebenfalls fünfeinhalb Jahre

Der Mann war im Juli im ersten Prozess ebenfalls zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Gerichts hat er im April 2022 eine alkoholisierte 20-Jährige, der er zufällig an einer Haltestelle begegnet war, zum Konsum von verschiedenen Drogen animiert und ihren desolaten Zustand ausgenutzt, um einseitig sexuelle Handlungen vorzunehmen.

Den Körper der bewusstlosen Abiturientin habe er mit frauenverachtenden Worten beschmiert und mehrere Videoaufnahmen gefertigt. „Das Tatbild ist verstörend“, hieß es im ersten Schuldspruch wegen Vergewaltigung und fahrlässiger Körperverletzung.

Kritik gegen Polizeibeamte

Im ersten Prozess sorgte das Gericht dafür, dass ein Handy des Angeklagten durch die Polizei vollständig ausgewertet wurde. Als ihre Mandantinnen bei der Polizei mit Aufnahmen konfrontiert worden seien, seien sie schockiert gewesen, sagte eine Nebenklage-Anwältin zu Beginn des Prozesses im Oktober. Sie hätten bis zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, „dass sie zu Opfern geworden waren“. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Kritik gegen Polizeibeamte wurde bereits im ersten Prozess laut – inzwischen gibt es den Angaben zufolge interne Ermittlungen gegen Berliner Polizisten. Beamte, die im Fall der Abiturientin von einer Notärztin alarmiert worden waren, sahen trotz Hinweisen auf Straftaten zunächst keinen Anlass, zu ermitteln. Die Familie der damals 20-Jährigen, die minutenlang reanimiert werden musste, erstattete Strafanzeige und beharrte auf Ermittlungen.