Borkenkäfer gefährdet die Wälder

Den Wäldern der Region tut der viele Regen in diesem Jahr gut. Trotzdem haben die Förster viel zu tun. Besonders der Borkenkäfer richtet viele Schäden in den heimischen Wäldern an. Aber es gibt Möglichkeiten zur Früherkennung.

Borkenkäfer gefährdet die Wälder

Kilian Knötzele (links) und Jürgen Baumann begutachten die Schäden durch den Borkenkäfer. Fotos: U. Gruber

Von Ute Gruber

SULZBACH AN DER MURR/MURRHARDT. Grün und frisch sieht er aus, unser Schwäbischer Wald. Das kühle Frühjahr und der überreichliche Regen der letzten Monate haben ihm gutgetan – Balsam nach den Strapazen der vergangenen heißen und dürren Sommer. Endlich füllen sich die Wasserspeicher im Boden wieder auf. Ein bisschen lichter ist das Blätterdach vielleicht inzwischen, da und dort noch ein übrig gebliebener dürrer Baum vom Vorjahr – alles im grünen Bereich also? „Tatsächlich kann man endlich mal ein bisschen durchschnaufen“, bestätigt Jürgen Baumann vom Kreisforstamt, zumal man heuer ausnahmsweise auch von Sturmschäden verschont geblieben sei - „Toi, toi, toi!“, klopft er an den nächsten Baumstamm.

Entwarnung geben will er aber trotzdem nicht, denn das Wasser sei erst bis etwa zur Mitte des Wurzelraums vorgedrungen: „Das kompensiert vielleicht eines der drei Trockenjahre.“ Dann lenkt er den Schritt zum Nachbarbaum der dürren Fichte: Obwohl die Krone des etwa 30 Jahre jungen Baums noch schön grün ist, liegt der ganze Boden voller grüner Nadeln. „Das ist nicht normal! Da dürften nur alte, braune Nadeln liegen.“ Noch näher an dem Stamm sieht man feines braunes Mehl. Mit der Nase fast am Stamm findet sich der Ursprung: zahllose, millimeterkleine Bohrlöcher in der Borke, „da hat sich je ein Borkenkäferweibchen eingebohrt und seine Eier abgelegt“. Unweit davon hat sich eine harzige kleine Pustel gebildet, die in der Sonne glitzert: „Hier konnte der Baum den Eindringling abwehren.“ Mit Klebemasse kampfunfähig gemacht. „Wir haben Kollegen, die orten Käferbäume an diesem Harzgeruch“, berichtet der Forstmann, zieht ein scharfes Rebbeleisen hervor und rückt dem Stamm erbarmungslos zu Leibe.

Durch koordinierten Massenbefall sterben die Bäume ab

An der Innenseite der abgeschälten Rinde wird das Desaster dann offensichtlich: Aus jedem der Minilöchlein geht inwendig eine dicke Spur – der sogenannte Muttergang – fünf bis zehn Zentimeter den Stamm hinauf, links und rechts davon liegen die Fraßgänge der sich eben verpuppenden, weißen Larven – wie die Zeilen in einem aufgeschlagenen Buch: „Der Buchdrucker und auch der Kupferstecher bringen durch ihren koordinierten Massenbefall eine Fichte zum Absterben.“

Nicht nur der betrachtete Baum ist daher dem Tode geweiht, ringsum sind rund 40 weitere befallene Fichten angezeichnet. „Die müssen jetzt schnellstens raus aus dem Wald, bevor die Käfer fertig sind und ausfliegen!“ Sonst würden die nächsten Fichten zum Opfer. Sechs bis acht Wochen dauert so eine Insektengeneration, je nach Temperatur. Durch das kalte Frühjahr war dieses Jahr die erste Generation erst im Mai ausgeflogen. Wäre der Baum, der jetzt dürr ist und das Winterquartier der Schädlinge war, vor Ostern entfernt worden, könnte man sich die Arbeit jetzt sparen und die 40 Bäume könnten noch ein paar Jährchen weiterleben.

Immerhin trifft das Holz derzeit auf einen leer gefegten Markt (wir berichteten) und damit auf angemessene Preise. Frank Hofmann, der im Landkreis das Holz aus Privat- und Kommunalwäldern vermarktet, rechnet für das beginnende dritte Quartal mit Festmeterpreisen von rund 80 Euro für frisch befallenes Käferholz, Fichtenfrischholz liege noch mal 30 bis 40 Euro darüber. Um den Kleinmengenabschlag von 35 Euro pro Los zu vermeiden, sollten pro Lagerplatz allerdings mindestens 15 Festmeter zusammengefahren werden, gerne auch von verschiedenen Waldbesitzern.

„Durch die starke Nachfrage nach Bauholz ist eine zügige Abfuhr gewährleistet“, versichert Kilian Knötzele, der beim Kreisforstamt für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Somit sei auch das Risiko gering, dass die Käfer aus den am Weg gelagerten Stämmen doch noch ausflögen. Und obwohl auch lukrative Anfragen aus dem Ausland eingingen, würden lokale Sägewerke zuerst bedient.

Jürgen Baumann möchte die Privatwaldbesitzer animieren, die günstige Gelegenheit jetzt zu nutzen und nicht auf das nächste Schadensereignis zu warten. „Unsere Waldbauern sind da leider oft zu zögerlich“, stellt er aus seiner langjährigen Erfahrung als deren Betreuer fest. „Es herrscht oft noch die Vorstellung vom Wald als Sparbüchse, die man in der Not/bei Bedarf angreifen kann.“ Leider mache hier der Klimawandel einen Strich durch die Rechnung und zwinge die Unentschlossenen dann zur Unzeit, ihre stille Reserve als Schadholz zu verhökern. „Deshalb: Wenn es demnächst mal trocken ist und der Regen das Bohrmehl nicht mehr abspült, schauen Sie sich Ihren Wald genau an. Aber nicht nur von der Straße aus! Vor allem die Schneebruchfichten ohne Spitze und die Umgebung der Käfernester von letztem Jahr. Auch Spechtabschläge sind ein Indiz.“ Mit den Forstbetriebsgemeinschaften würden in den nächsten Wochen gemeinsame Waldbegehungen organisiert.

Langfristig aber müsse der Baumbestand vielfältiger werden, eine möglichst breite Palette an Baumarten fordert Kilian Knötzele: „Wir wissen ja nicht, was in 60 Jahren an Baumarten noch passt.“ Dies würde auch die Vielfalt der Tierwelt noch bereichern, um die es allerdings im Wald – im Gegensatz zum offenen Feld – gut bestellt sei. „Ein vielfältiger Waldbestand, das ist uns ein Herzensanliegen!“

Borkenkäfer gefährdet die Wälder

Baummehl ist ein erstes Erkennungszeichen für den Befall.

Befall erkennen

Waldbegehung Die FBG Murrhardt bietet am 23. Juli um 15 Uhr zusammen mit Revierförster Andreas Schlär eine Waldbegehung zum Thema „Früherkennung von Borkenkäferbefall“ an. Interessenten melden sich bei Gerhard Wurst unter Telefon 07192/3482 an.

Früherkennung Gleichzeitig werden fachkundige „Waldläufer“ für die Borkenkäferfrüherkennung gesucht. Hier ist vorgesehen, dass Interessierte gegen eine pauschale Vergütung ein bestimmtes Waldgebiet regelmäßig auf Borkenkäferbefall überprüfen. Interessenten können sich bei Andreas Schlär oder bei Gerhard Wurst melden.