Kretschmann begrüßt Bundes-Notbremse: „Finde das gut“

dpa Stuttgart. Nach wochenlangem Hickhack soll der Lockdown verschärft werden. Die Regierung will die dritte Coronawelle mit einheitlichen Vorschriften brechen. Baden-Württemberg begrüßt das. Viel ändern wird sich im Land aber von der kommenden Woche an nicht.

Kretschmann begrüßt Bundes-Notbremse: „Finde das gut“

Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Die Menschen in Baden-Württemberg und weiten Teilen Deutschlands müssen sich wegen der Corona-Pandemie auf Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Läden nach bundesweit verbindlichen Vorgaben einstellen. Der Südwesten werde die Bundes-Notbremse mit schärferen Regeln im Kampf gegen die Corona-Pandemie unverändert übernehmen, versprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Die müssen und werden wir umsetzen. Und zwar eins zu eins.“ Es sei auch nicht erlaubt, Lockerungen auf Landesebene einzuführen, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart.

Er begrüßte den Schritt des Bundes: „Ich finde das gut, es ist richtig“, sagte der Regierungschef. „Wir sind in der Pandemie und jetzt wird es so gemacht. Und dann wird es so gemacht.“ Das Bundeskabinett hatte zuvor in Berlin eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit schärferen, vor allem aber einheitlichen Auflagen beschlossen. Kretschmann geht davon aus, dass das Gesetz ab dem kommenden Montag gilt.

Die Konferenz der Ministerpräsidenten sei mit ihren benötigten einstimmigen Voten „offensichtlich an ihre Grenzen gekommen“, weil die neue Mutante schnellere und härtere Entscheidungen nötig gemacht habe, sagte der Ministerpräsident. Ausgangsbeschränkungen in der Nacht seien zum Beispiel einheitlich nicht durchzusetzen gewesen, weil Regierungschefs unterschiedliche Auffassungen gehabt hätten. „Wir konnten eine Einmütigkeit einfach nicht mehr herstellen.“ Nun übernehme dies der Bundesgesetzgeber, weil Bundesrecht die Gesetze der Länder übertreffe. „Und dann ist es so“, sagte Kretschmann.

Die steigende Zahl der Neuinfektionen bereite ihm aber auch zunehmend Sorgen, sagte er weiter. „Mir brennt der Kittel aufgrund dieser Zahlen, die wir da haben, aber richtig volle Kanne.“ Der Grünen-Politiker ließ aber offen, ob er die Notbremse für ausreichend halte, um die derzeit galoppierenden Infektionszahlen zu bremsen. „Das weiß man immer erst hinterher, ob's ausreicht. Das ist das Vertrackte daran.“ Viel schärfere Maßnahmen seien aber auch kaum möglich. „Letztlich müssen die Menschen einfach ihre Kontakte einschränken.“

Nach der Bundes-Notbremse gelten überall dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen, wo die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet. Diese Auflagen sollen so lange in Kraft bleiben bis die Zahl der Ansteckungen binnen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.

Für Baden-Württemberg würden diese neuen Auflagen des Bundes in stärker belasteten Regionen allerdings keine wesentlichen Änderungen notwendig machen. Sehr vieles sei in der baden-württembergischen Verordnung bereits festgezurrt worden, meinte auch Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne).

Im Südwesten muss laut Regierung die Zahl der erlaubten Kontakte eingeschränkt werden von derzeit fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten auf nur noch eine Person aus einem anderen Haushalt. Bei Friseurbesuchen ist nun generell ein Test vorgeschrieben. Baumärkte sollen wieder schließen, Buchläden dagegen können wieder für den normalen Publikumsverkehr öffnen. Zuvor hatte ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs das Gegenteil festgelegt und Buchhandlungen nicht mehr zum Einzelhandel des täglichen Bedarfs gezählt. Dieses Urteil gilt nun nicht mehr.

Außerdem darf man auch in Baden-Württemberg bis auf wenige Ausnahmen zwischen 21.00 und 5.00 Uhr die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück nicht mehr verlassen, wenn der Wert die 100er-Marke erreicht und überschreitet. An Schulen soll Präsenzunterricht nur mit zwei Coronatests pro Woche gestattet werden, das ist in Baden-Württemberg bereits der Fall. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz 200, soll Präsenzunterricht untersagt werden.

Die schärferen Lockdown- und Testregeln sollen die Zahl der Infizierten, Covid-19-Kranken und Todesfälle drücken, bis auch durch fortschreitende Impfungen das Infektionsgeschehen im Griff gehalten werden kann. Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen - beim Bundestag ist das der Fall, wenn er seine Zustimmung nicht binnen sieben Tagen ausdrücklich verweigert hat.

Die Notbremse wird in Baden-Württemberg für die meisten Städte und Landkreise gelten, denn das Corona-Infektionsgeschehen hat zuletzt weiter angezogen. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut Landesgesundheitsamt am Montag bei 143,7 Fällen. Die Schwelle der 100er-Inzidenz überschreiten 39 der 44 Stadt- und Landkreise. Weit über 200 liegen die Werte im Stadtkreis Heilbronn und dem Landkreis Schwäbisch Hall.

© dpa-infocom, dpa:210413-99-186498/3