Bundesregierung kommt bei Corona-Hilfen einen Schritt voran

Von Von Andreas Hoenig, dpa

dpa Berlin. Deutschland im Lockdown: Die Regierung hat Firmen eine großzügige Unterstützung versprochen. Nach Verzögerungen sollen erste Gelder der Dezemberhilfen nun ankommen. Wie aber geht es weiter?

Bundesregierung kommt bei Corona-Hilfen einen Schritt voran

Derzeit keine Einnahmen: Mit Flatterband abgesperrte Tische und Stühle stehen vor einer Pizzeria in der Corona-Pandemie. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Die Bundesregierung ist bei milliardenschweren Zuschüssen für Unternehmen und Selbstständige in der Corona-Krise einen Schritt weitergekommen.

Von diesem Dienstag an fließen erste Gelder der Dezemberhilfen, wie das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin mitteilte. Konkret geht es um Abschlagszahlungen, ein Vorschuss auf spätere Zahlungen. Wirtschaftsverbände hatten wiederholt die schleppende Umsetzung der Hilfen kritisiert.

Unternehmen bekommen Abschlagszahlungen in Höhe von bis zu 50.000 Euro, Soloselbstständige von bis zu 5000 Euro. Dies gilt bereits bei den Novemberhilfen. Die Bundesregierung hatte die milliardenschweren Hilfen für Unternehmen etwa aus der Gastronomie beschlossen, die ihren Geschäftsbetrieb wegen des Teil-Lockdowns seit Anfang November dicht machen mussten. Erstattet werden über Zuschüsse Umsatzausfälle von bis zu 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wurden bei der Novemberhilfe bisher rund 1,2 Milliarden Euro an Abschlagszahlungen ausgezahlt. Bei der Dezemberhilfe seien es rund 250 Millionen Euro. Die Anträge für die Dezemberhilfe können seit 22. Dezember gestellt werden. Die Bearbeitung sei mit Hochdruck betrieben worden, sodass am Dienstag eine hohe Anzahl von Anträgen ausgezahlt werden konnte, so das Ministerium.

Bei der Überbrückungshilfe III, die Fördermonate ab Januar erfasst, werden betriebliche Fixkosten wie Mieten und Pachten erstattet. Der Bund hatte dies auch mit den immensen Kosten für die November- und Dezemberhilfen begründet. Der Höchstbetrag für die Überbrückungshilfe III wurde aber von 200.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht. Dieser maximale Zuschuss ist geplant für direkt und indirekt von Schließungen betroffene Unternehmen. Auch bei der Überbrückungshilfen III sind Abschlagszahlungen geplant. Nachbesserungen bei der Überbrückungshilfe III waren am Dienstag kein Thema bei den Beratungen von Bund und Ländern.

Der Chefvolkswirt des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Hans-Jürgen Völz, sagte zum Start der Abschlagszahlungen bei den Dezemberhilfen: „Sollte sich die Nachricht bestätigen, ist dies aus Sicht der von Insolvenz bedrohten Unternehmen ein erster Lichtblick. Er kritisierte, die Erstattung von Fixkosten bei der Überbrückungshilfe III sei in einer Phase des fast vollständigen Lockdowns „völlig unzureichend“. Auch der Handel hatte die Hilfen als ungenügend kritisiert und vor einer Pleitewelle gewarnt.

Der FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben warf der Bundesregierung vor, wertvolle Zeit zu vergeuden: „Während viele Menschen noch immer auf die Novemberhilfen warten, laufen die Dezemberhilfen nur langsam an.“ Wenn nun nicht zügig reagiert werde, werde die Existenz zahlreicher Unternehmen und Gastronomen aufs Spiel gesetzt.

Die Bundesregierung rechnet mit einem Finanzvolumen von jeweils rund 15 Milliarden Euro bei den November- sowie Dezemberhilfen. Ab wann die regulären Hilfen ausgezahlt werden, ist offen. Dabei wird zum Beispiel Kurzarbeitergeld abgezogen. Dabei kann es dauern, bis alle Informationen darüber vorliegen.

Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Ingrid Hartges, mahnte die Bundesregierung, dass die zugesicherte vollständige Auszahlung der Novemberhilfen „auch wirklich reibungslos funktioniert“. „Einige (Firmen) sind schon für immer weg vom Fenster, weitere werden wahrscheinlich folgen. Es müssen jetzt wirklich schnell die Hilfen folgen“, sagte Hartges „Bild live“. Die Auszahlung der Novemberhilfen sei „höchst-eilbedürftig“. „Die Umsatzeinbußen sind katastrophal, die Stimmung auch.“

Führende Ökonomen erwarten unterdessen bei einem längeren Lockdown bis Ende Januar, der sich bei den Bund-Länder-Beratungen abzeichnete, weniger Wachstum der Wirtschaftsleistung. So sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, das Institut habe seine Prognose für 2021 deutlich zurückgenommen, von 5,3 Prozent auf 3,5 Prozent.

Der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, sagte dem „Handelsblatt“: „Wenn wir im Februar oder März wieder zu leichten Lockerungen kommen können, dann ist im zweiten Quartal durchaus ein so starker Aufschwung möglich wie im Sommer 2020.“ Nach einem Einbruch der Wirtschaftsleistung im Frühjahr war die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend stark gewachsen.

Die Folgen eines verlängerten Lockdowns bis Ende Januar für die Wirtschaft schätzen weitere Ökonomen dagegen als eher gering ein. Dies sei für die betroffenen Branchen, vor allem Einzelhandel und Gastronomie, schmerzlich, sagte Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, der „Welt“. Aber man dürfe nicht übersehen, dass große Teile der Wirtschaft, vor allem die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, geöffnet blieben. Ähnlich sieht dies IW-Direktor Hüther. Entscheidend sei, dass die Industrie nicht in Mitleidenschaft gezogen werde. Darin sieht er den großen Unterschied zum Frühjahr, als Grenzen geschlossen und Lieferketten unterbrochen waren.

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