Bundestags-Verkleinerung: Neuer Vorschlag aus der Union

dpa Berlin. Die Diskussion über Schritte gegen den aufgeblähten Bundestag tritt auf der Stelle. Nun wollen Unionsabgeordnete erreichen, dass die CDU/CSU-Fraktion über einen neuen Vorschlag redet. Bei der Opposition kommt dieser überhaupt nicht gut an.

Bundestags-Verkleinerung: Neuer Vorschlag aus der Union

Derzeit hat der Bundestag durch Ausgleichs- und Überhangmandate 709 Mitglieder - vorgesehen sind eigentlich nur 598. Foto: Michael Kappeler/dpa

Eine Gruppe von mehr als 50 Unionsabgeordneten will Schwung in die festgefahrene Debatte zur Verkleinerung des Bundestags bringen.

In einem nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag der Fraktionsführung übermittelten Antrag plädieren die Parlamentarier dafür, den momentan 709 Sitze umfassenden Bundestag dauerhaft auf 598 Mandate zu verkleinern. Von der Opposition wurde der Vorschlag umgehend abgelehnt.

Es wurde erwartet, dass sich die CDU/CSU-Fraktion in ihrer nächsten Sitzung am 11. Februar mit dem Antrag befassen wird. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst darüber berichtet. Die Unionsabgeordneten schlagen vor, künftig 299 Abgeordnete direkt über die Erststimme nach Mehrheitswahlrecht in den Wahlkreisen zu wählen.

Die anderen 299 Abgeordneten sollten über die Zweitstimme nach Verhältniswahlrecht ermittelt werden, wie es in dem Papier der Gruppe um den Karlsruher CDU-Abgeordneten und Chef des Rechnungsprüfungsausschusses, Axel Fischer, heißt. Die Parlamentarier wollen das Wahlrecht so ändern, dass der Bundestag die eigentlich vorgesehene Größe von 598 Abgeordneten durch ein „Echtes Zweistimmenwahlrecht“ erreicht.

Beim Mehrheitswahlrecht ist die Mehrheit der für einen Kandidaten abgegebenen Stimmen für den Einzug in den Bundestag ausschlaggebend. Beim Verhältniswahlrecht erfolgt die Vergabe der Mandate auf die Parteien nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen.

Bisher werden Erst- und Zweitstimmenergebnis durch Überhang- und Ausgleichsmandate verrechnet. Erhält eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, darf sie diese als Überhangmandate behalten, die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate.

Das hat den Bundestag größer und teurer werden lassen. Es wird befürchtet, dass das Parlament ohne eine Reform bei der nächsten Wahl sogar bis auf 800 Sitze anwachsen könnte. Der beschriebene Ausgleichsmechanismus der Mandate würde durch den Vorschlag aus der Union aufgehoben.

Von der Opposition kam scharfe Kritik. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, nannte ihn „abwegig und dreist“. Der Vorschlag bedeute nichts anderes als die Einführung eines Mehrheitswahlrechts. „Bei aktuellen Umfragewerten von rund 28 Prozent würde sich die Union damit komfortabel per Wahlrechtsreform eine absolute Mehrheit sichern.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, sprach von einem „putschartigen Vorschlag“. Es sei nicht hinnehmbar, dass sich die Union eine absolute Mehrheit per Gesetz selbst beschaffen wolle.

Grüne, FDP und Linke hatten vorgeschlagen, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu reduzieren: Das wiederum wird von den Unionsabgeordneten abgelehnt. Denn dies würde mit einer Verringerung der Anzahl der direkt gewählten Abgeordneten und einem Verlust an Bürgernähe einhergehen, heißt es in ihrem Antrag.

Fischer sagte der dpa: „Unser Problem sind nicht zu viele Wahlkreisabgeordnete, sondern 111 Listenabgeordnete mehr als vorgesehen. Deshalb muss eine Wahlrechtsreform immer als Erstes bei den Listenmandaten ansetzen.“ Für CDU und CSU ist die Beibehaltung der Zahl der Wahlkreise besonders wichtig, weil sie im Jahr 2017 mit 231 von 299 Direktmandaten die weitaus größte Zahl der Wahlkreise direkt gewonnen hat. Die meisten Abgeordneten von SPD und Opposition zogen dagegen über die Listen in den Bundestag ein.

Der nun vorliegende Antrag der Unionsabgeordneten geht zurück auf ein Treffen der Parlamentarier mit dem Staatsrechtler Rupert Scholz in der vergangenen Woche. Scholz hatte einen Vorschlag zur Kappung von Direktmandaten nach Teilnehmerangaben als nicht verfassungsgemäß bezeichnet. Er hatte stattdessen ein „Echtes Zweistimmenwahlrecht“ vorgeschlagen. Dies stärke die Demokratie. Die CSU schlägt in einem eigenen Vorstoß eine Höchstgrenze von 650 Abgeordneten vor, wobei alle 299 Direktwahlkreise erhalten bleiben sollen.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hatte vergangene Woche gewarnt: „Das Thema Wahlrechtsänderung darf für diese Legislaturperiode nicht tot sein.“ Man könne es gegenüber den Wählern nicht vertreten, „dass wir hier mit 850 oder 900 Leuten sitzen“. Alle Seiten müssten sich bewegen.