Busfahrer wird beleidigt und angespuckt

Ein 19-Jähriger wurde vom Backnanger Amtsgericht wegen Körperverletzung und Beleidigung verurteilt. Er muss nun 30 Arbeitsstunden leisten.

Busfahrer wird beleidigt und angespuckt

Zum Zeitpunkt der Tat war der 19-Jährige Heranwachsender. Symbolfoto: Bilderbox/Erwin Wodicka

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Vor dem Backnanger Amtsgericht hat sich ein 19-Jähriger wegen Körperverletzung und Beleidigung eines Busfahrers verantworten müssen. Der zuständige Richter urteilte nach Jugendstrafrecht und brummte ihm einige Arbeitsstunden auf.

Der 19-jährige Angeklagte wollte im Frühjahr dieses Jahres mit seiner Familie mit dem Bus zum Klinikum Winnenden fahren, da seine kleine Schwester verletzt war und einen Arzt brauchte. Die Fahrt wollte er mit einem 50-Euro-Schein bezahlen, was der Busfahrer ablehnte, da er laut eigenen Angaben nicht genug Wechselgeld hatte und er außerdem nur bis 20 Euro herausgeben darf. Es kam zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte mit der Faust in Richtung des Busfahrers geschlagen, das Plexiglasfenster aufgerissen und ihm auf Gesicht und Arme gespuckt haben soll.

Der Fall wurde aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses im August 2022 wegen des Vorwurfs der Körperverletzung und Beleidigung zur Hauptverhandlung zugelassen. Zum Zeitpunkt der Tat war der 19-Jährige Heranwachsender. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, erklärte er, dass er seit 2017 in Deutschland und einige Zeit in NRW auf dem Gymnasium gewesen sei, welches er jedoch ohne Abschluss verlassen habe. Er lebt inzwischen in einer Umlandgemeinde und wohnt noch bei seinen Eltern. Alkohol und Drogen konsumiere er nicht, Schulden habe er auch keine.

Seinen Schulabschluss willder 19-Jährige noch nachholen

Er ist bereits in Kontakt mit der Jugendhilfe, die ihm einen Platz im Projekt „Chancen nutzen“ vermitteln möchte, damit er seinen Abschluss nachmachen kann. Dies habe er immer noch vor, möchte aber zuerst einmal als Aushilfe auf dem Bau arbeiten, um Geld für den Führerschein anzusparen. Zur Anklage äußerte er sich folgendermaßen: Die Vorgänge räume er teilweise ein, er habe den Geschädigten jedoch nicht berührt und nur gegen die Scheibe gespuckt.

Der Busfahrer sagte vor Gericht als Zeuge aus. Er ist 68 Jahre alt, eigentlich in Rente, hilft aber aufgrund des großen Fahrermangels weiterhin aus. An besagtem Tag im April wollten morgens gegen 7 Uhr der Angeklagte, eine Frau, ein Kind mit eingegipstem Arm sowie mehrere Männer mit dem Bus zum Klinikum Winnenden fahren. Da er den 50-Euro-Schein nicht wechseln konnte, eskalierte die Situation. Der junge Mann habe von Notfall gesprochen und gegen die Plexiglasscheibe gespuckt. Dann wollte er ihn wohl mit der Faust schlagen. Beim Ausweichen habe er sich eine Verletzung am Schienbein zugezogen. Schließlich habe ihm der Angeklagte bei geöffneter Fahrerkabinentür „voll ins Gesicht gespuckt“.

Eine eklige Angelegenheit

Er habe sich vor Ekel geschüttelt, die Polizei gerufen und sich erst mal desinfiziert. Die Linienfahrt war damit beendet. Zusammen mit der Polizei habe man die Familie aufgesucht. Die Mutter, die schon zuvor versucht hatte, die Scheibe im Bus sauber zu machen, habe kniend „Wiedergutmachung, Wiedergutmachung!“ gerufen. Er sei dann am nächsten Tag zum Arzt und zur Polizei gegangen, wo das Hämatom dokumentiert wurde. Über eine Woche habe er noch damit zu tun gehabt und fahre seither nur noch im Reiseverkehr.

Ein zweiter Zeuge, ein Polizeibeamter, bestätigte die Vernehmung des Busfahrers und eines weiteren Zeugen, eines Fahrgastes, sowie des Angeklagten. Im Bundeszentralregister hat der 19-Jährige einen Eintrag, jedoch keinen einschlägigen. Die Vertreterin der Jugendhilfe appellierte nochmals an den jungen Mann, das Angebot „Chancen nutzen“ anzunehmen, und sprach sich für die Anwendung des Jugendstrafrechts aus.

Keine Zweifel an der Aussage des Geschädigten

Dem schloss sich die Staatsanwältin an, erklärte jedoch, dass sich der Angeklagte der Körperverletzung und Beleidigung schuldig gemacht habe. Es gebe keinen Zweifel an der Darstellung des Busfahrers, der ohne „Belastungstendenz“ ausgesagt habe. Zwar habe sich der 19-Jährige in einer Ausnahmesituation befunden, die Folgen für den Geschädigten, auch die psychischen, seien jedoch erheblich gewesen. Sie plädierte für eine Arbeitsauflage von 30 Stunden.

Die Richterin sah dies genauso. Sie sprach den Angeklagten der vorsätzlichen Körperverletzung und Beleidigung schuldig. Er hat 30 Arbeitsstunden abzuleisten. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Gegen das Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden.