BVB-Joker Brandt leidet mit Götze

dpa Köln. Eine Stunde lang war die Leistung von Borussia Dortmund in Köln wenig meisterlich. Am Ende stand trotzdem ein 3:1-Sieg. Großen Anteil daran hatte einer, der zunächst gar nicht mitspielte.

BVB-Joker Brandt leidet mit Götze

Dortmunds Jadon Sancho (l-r), Marco Reus und Julian Brandt feiern das Tor zum 2:1. Foto: Federico Gambarini

Die Frage, ob er nicht lieber von Anfang an spielen wolle, erübrige sich ja wohl, sagte Julian Brandt nach seinem ersten großen Auftritt im Trikot von Borussia Dortmund. 

Doch dann dachte er augenscheinlich an Mario Götze und sagte: „Es gibt Spieler, die haben auch gute Namen auf dem Rücken, die haben heute gar nicht gespielt.“

Im Gegensatz zum 90 Minuten auf der Bank schmorenden WM-Goldjungen von Rio 2014 kam Brandt zumindest ins Spiel. In der 62. Minute. Der BVB lag zu diesem Zeitpunkt durch ein Tor von Dominick Drexler (29.) mit 0:1 beim starken Aufsteiger in Köln zurück und spielte wahrlich nicht wie ein Meisterschaftsanwärter. Doch dann kam eben Brandt, weckte sein Team mit seinem genialen Pass auf Marco Reus auf, riss es mit und führte es zum 3:1-Sieg durch Tore von Jadon Sancho (70.), Achraf Hakimi (86.) und Paco Alcácer (90.+4).

„Diese Auswechslungen haben uns sehr, sehr viel gebracht. Man hat sofort gesehen, dass vieles anders war“, sagte Trainer Lucien Favre nach dem Spiel über jenen Doppelwechsel, bei dem neben Brandt auch Hakimi kam. Für den Schweizer war das schon fast ein Euphorie-Ausbruch. Auch die Mitspieler wussten, wem sie den Sieg am ehesten zu verdanken hatten. „Mit seiner fußballerischen Qualität war er sehr belebend“, sagte Torhüter Roman Bürki über Brandt. Und Kapitän Reus erklärte: „Er hat andere Lösungen gefunden.“

Dem für 25 Millionen aus Leverkusen verpflichteten Nationalspieler war das Lob fast schon unangenehm. „Dafür sitzen wir ja auf der Bank, damit wir nachlegen und ein belebendes Element sein können“, sagte er nach der 28-Minuten-Gala in seinem alten Wohnort. Die gleichzeitig ein klares Empfehlungsschreiben für einen Platz in der Startelf war. Diesen brauche er aber nicht zwangsläufig in der Zentrale, wo er in der Rückrunde in Leverkusen bestach und auch am Freitag so herausragend agierte, versicherte Brandt. „Ich spiele gerne im Zentrum“, sagte der 23-Jährige. „Aber am wichtigsten ist: Ich will überhaupt spielen. Und ich will gewinnen.“

Der Sieg, der zweite am zweiten Bundesliga-Spieltag und der vierte im vierten Pflichtspiel, war für den BVB auch in Köln das Wichtigste. Er konnte aber nicht übertünchen, dass sich der Meisterschaftsanwärter eine Stunde lang von einem Aufsteiger den Schneid abkaufen ließ. „Wenn wir uns das am Dienstag nochmal ansehen, werden wir uns in den Arsch beißen“, sagte Reus mit bangem Blick auf das Videostudium der ersten Halbzeit: „Wir haben sechs Punkte, aber noch viel Luft nach oben. Wir sind noch lange nicht da, wo wir uns sehen und wo wir hinwollen.“

Dabei bewies der BVB zumindest wieder Comeback-Mentalität. Nachdem er in der vergangenen Saison fünf Spiele nach Rückstand gewann - so viele wie kein anderes Team - klappte es in dieser Spielzeit nun schon zum zweiten Mal. „Es ist ein gutes Gefühl, in der zweiten Halbzeit immer noch eine Schippe drauflegen zu können“, sagte Reus. Und kannte auch den Hauptgrund dafür, nämlich den, „Potenzial auf der Bank in der Hinterhand zu wissen“.

Der breite Kader und somit die Stärke der Bank könnte im erwarteten Titel-Zweikampf mit dem FC Bayern in der Tat der große Trumpf des BVB werden. Auch wenn am nächsten Samstag im nächsten Auswärtsspiel beim nächsten Aufsteiger Union Berlin statt Brandt vielleicht der am Freitag kaum sichtbare Thorgan Hazard dort sitzen wird. Und möglicherweise auch wieder Mario Götze.