Café Anker: Alkoholikern helfen und Trinkerszene auflösen

dpa/lsw Mannheim. Nach Beschwerden über Lärm und Sicherheitsbedenken wegen Alkoholkonsums auf Straßen und Plätzen reagiert die Stadt Mannheim. Sie will die Probleme mit einem Trinkerraum in den Griff bekommen.

Café Anker: Alkoholikern helfen und Trinkerszene auflösen

Zwei Personen stoßen in einer Kneipe mit Bier an. Foto: Angelika Warmuth/dpa/Symbolbild

Trinkerszenen auf Straßen und Plätzen erwecken Ängste bei Anwohnern und Passanten sowie Ärger bei Geschäftsleuten. Die Stadt Mannheim geht nun am Dienstag mit einem alternativen Aufenthaltsangebot an den Start, um diese Situation zu entspannen und den Alkoholabhängigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Suchthilfesystem zu eröffnen.

Im Café Anker, einem Containerbau auf städtischem Gelände, darf mitgebrachter Wein oder Bier getrunken werden. Hochprozentiges wie Schnaps sowie illegale Drogen sind tabu. Mit dem Café gelinge es, bedarfsorientierte Hilfsangebote zu machen sowie das Bedürfnis von Bürgern und Einzelhandel nach gutem Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum zu erfüllen, sagte Bildungsbürgermeister Dirk Grunert (Grüne).

Der Caritasverband und der Drogenverein Mannheim betreiben das Projekt. Sie hoffen, dass 50 bis 100 Menschen das Angebot regelmäßig wahrnehmen. Der erste von der Diakonie betriebene Alkoholkonsumraum entstand vor zwei Jahren in Karlsruhe.

Das Land unterstützt das Modellvorhaben mit 17 900 Euro pro Vollzeitstelle auf zwei Jahre. Fünf bis sechs hauptamtliche Mitarbeiter sind bis auf sonntags täglich im Einsatz. Die Stadt Mannheim steuert 414 000 Euro jährlich bei. Nach 18 Monaten wird geprüft, inwiefern das Cafe die gesundheits- und sozialpolitischen sowie die ordnungspolitischen Ziele erreicht. Der Gemeinderat soll dann entscheiden, ob der Trinkerraum länger als zwei Jahre fortgeführt wird.

Die Polizei begrüßt das Konzept. „Der öffentliche Raum sollte grundsätzlich allen Bürgern - unabhängig von ihrer sozialen Situation - gleichberechtigt zur Verfügung stehen“, sagte der Mannheimer Polizeipräsident Andreas Stenger. Befragungen zeigten aber, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinträchtigt wird, wenn Einzelpersonen oder Gruppen in der Öffentlichkeit übermäßig Alkohol konsumieren, erkennbar alkoholisiert sind oder durch Pöbeleien und Lärm auffällig werden. Das Café Anker könne dazu beitragen, dass klassische Konflikte im öffentlichen Raum entschärft werden oder gar nicht erst entstehen und Hilfeangebote die Betroffenen besser erreichen.

Die Idee geht auf das Jahr 2013 zurück, als die Drogenszene in Mannheim wuchs und Plätze und Spielplätze zunehmend von Betrunkenen okkupiert wurden. Nach langem Ringen und der Prüfung von 20 Standorten entschied sich der Gemeinderat 2019 für eine Containerlösung mit 125 Quadratmeter Innen- und 18 Quadratmeter Außenbereich im Stadtteil Jungbusch.

Alkoholkonsum kann tödlich sein. Ausschließlich auf extremes Trinken lassen sich im Südwesten nach Zahlen des Drogen- und Suchtberichts 2019 bei den Männern 20 Fälle und bei den Frauen 7,5 Fälle auf 100 000 Einwohner zurückführen. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol liegt in Deutschland bei elf Litern. Obwohl dieser Wert in den letzten 40 Jahren zurückgegangen ist, zählt Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin zu den Hochkonsumländern.