CDU-Basis will nicht spekulieren

Die meisten Mitglieder der Union im Rems-Murr-Kreis halten sich beim Thema Merkel-Nachfolge zurück

Angela Merkel gibt den Vorsitz der CDU auf – und die Partei entscheidet im Dezember über ihre Nachfolge. Mehrere Bewerber gibt es, doch wer die Union wieder auf den richtigen Weg führt, da ist sich die Basis nicht einig – auch die Parteimitglieder im Rems-Murr-Kreis nicht. Die meisten wollen sich dazu nicht äußern oder sich schon jetzt öffentlich auf eine Person festlegen.

CDU-Basis will nicht spekulieren

Abschied auf Raten: Angela Merkel kandidiert nicht mehr als CDU-Vorsitzende– und der Kampf um ihre Nachfolge hat begonnen. Foto: Imago

Von Silke Latzel

BACKNANG/WAIBLINGEN. Es brodelt in der Union. Und das nicht nur in Berlin, sondern im ganzen Land. Angela Merkel wird nicht erneut als CDU-Vorsitzende kandidieren. Doch wer wird ihr Nachfolger? Kandidaten gibt es einige, aber wer ist am geeignetsten, die Partei wieder auf den „richtigen Weg“ zu führen? Überhaupt: Was genau ist eigentlich der „richtige Weg“? Und wird die Große Koalition bis zum Ende von Merkels Amtszeit halten? Die BKZ hat sich an der CDU-Basis im Rems-Murr-Kreis zu diesen Themen umgehört und die Mitglieder nach ihrer Meinung gefragt.

Auch wenn er keine „Glaskugel“ im Schrank habe und nicht in die Zukunft blicken könne, sagt Norbert Barthle, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zum Thema GroKo: „Wir haben einen guten Koalitionsvertrag mit vielen ambitionierten Zielen, die noch nicht alle umgesetzt sind. Wenn es also nach mir geht: Ja! Die Große Koalition hält. Für Neuwahlen oder Ähnliches sehe ich auch weit und breit keinen Grund.“ Wer sich als Merkels Nachfolger eignet, möchte Barthle nicht bewerten: „Hier will und werde ich der aktuellen Diskussion innerhalb der Partei nicht vorgreifen. Diese Diskussion hat die CDU ‚wach geküsst‘ und neue Energien freigesetzt. Sicherlich haben viele Mitglieder bereits eine Präferenz, aber ich will gerade nicht nach altem Muster ‚von oben‘ eine Wahlempfehlung abgeben, sondern allen Kandidaten eine faire Chance lassen, sich und ihre Inhalte zu präsentieren.“ Grundsätzlich gehe die Partei bereits in die richtige Richtung, „das wird jeder bestätigen, der die Situation in Deutschland ehrlich und objektiv betrachtet. Es geht eher um das Gefühl des Gehört- und Mitgenommenwerdens in der CDU. Der oder die neue Vorsitzende muss dafür sorgen, dass sich alle Flügel der Partei, der konservative, der wirtschaftsliberale und der christlich-soziale, wertgeschätzt fühlen und sich in der aktuellen Politik wiederfinden.“

Auch in der Jungen Union spielt das Thema Merkel-Nachfolge natürlich eine Rolle. Andreas Schildknecht, Vorsitzender der Jungen Union Backnanger Raum, sagt: „Grundsätzlich freue ich mich über das breite Kandidatenfeld, da dies für eine lebendige und verantwortungsvolle Partei spricht. Als persönlichen Favoriten sehe ich derzeit Friedrich Merz. Ich freue mich aber auch auf die Gespräche mit den anderen Bewerbern. Insbesondere hat mir auch die Bedeutung Europas bei den verschiedenen Bewerbern sehr gut gefallen.“ Wichtig sei ihm vor allem, dass die Partei in Zukunft wieder die christlich-sozialen, aber auch konservativen Werte betont. In Sachen Große Koalition möchte er sich nicht klar festlegen, sagt aber: „Als CDU ist unser Interesse das Wohl von Deutschland. Eine Trennung von CDU-Vorsitz und Kanzlerschaft gab es bereits in der Geschichte und halte ich nicht für problematisch. Es bietet im Gegensatz sogar die Möglichkeit der Erneuerung innerhalb der Regierung, aber natürlich hängt viel von der Zuverlässigkeit unseres Koalitionspartners ab.“

Die Backnanger CDU-Stadträtin und -Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert ist der Meinung, dass die Große Koalition jetzt ihre „letzte Chance hat, die Aufgaben anzupacken und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik wieder herzustellen, denn viele fühlen sich derzeit mit ihrer Stimme nicht mehr wahrgenommen“. An der CDU solle eine schwarz-rote Zukunft nicht scheitern, aber „die Regierung muss zeigen, dass sie regieren kann und will und ihre Hausaufgaben zu den Problemen wie Wohnungen, Klima, Integration, Digitalisierung, Bildung, Rentenfinanzierung, Gesundheit und mehr macht, anstatt sich in internen Problemen zu verstricken“. Wer ihrer Meinung nach am besten in Merkels Fußstapfen treten und CDU-Chef werden soll, könne sie nicht sagen, aber „ich lese mit Spannung die verschiedenen Statements und der oder die Beste für diese Situation sollte die CDU vertreten. Ich finde es gut, wenn sich die Bewerber einer breiteren Basis zum Beispiel in Regionalkonferenzen vorstellen, immerhin repräsentieren die CDU-Mitglieder viele Bevölkerungsgruppen und wissen, welche Themen bei den Bürgern gerade wichtig sind. Dann können die geeigneten Bewerber vorgeschlagen werden.“ Ulfert glaubt, dass die Wähler sich „zunächst einmal klare Richtungen“ wünschen: „Sie wollen wissen, für was steht eine Partei, für was steht der Vorsitzende der CDU. Dabei ist Verlässlichkeit ebenso gefragt wie frische Impulse, es müssen wieder die Themen intensiv und ernsthaft bearbeitet werden.“

Reinhold Sczuka, CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzender, äußert sich in einigen Punkten eher zurückhaltend: „Die Erneuerung an der Spitze der CDU hat keine Auswirkungen auf die Große Koalition. Es ist gut, dass ein personeller Erneuerungsprozess parteiintern angegangen und damit auch auf die Stimmen der Basis gehört wird.“ Zur Frage, welcher der Bewerber sich am besten als Merkels Nachfolger eignet, möchte er sich allerdings nicht äußern und sagt: „Diese Diskussion wird in der CDU geführt werden bis zum Bundesparteitag, im Dialog mit den Parteimitgliedern, und nicht über die Presse. Jede genannte Person hat Stärken und Schwächen und wir stehen am Beginn einer wichtigen Personalentscheidung.“

Manuel Häußer, Vorsitzender der CDU Backnang, geht davon aus, dass die Große Koalition bis zum Ende von Angela Merkels Amtszeit bestehen wird: „Die CDU steht weiterhin zum Koalitionsvertrag. Es ist nun wichtig, die Personalquerelen zu beenden und zur Sachpolitik zurückzukehren.“ Häußer ist neben Schildknecht der Einzige, der sich zur Merkel-Nachfolge äußert: „Ich persönlich unterstütze die Kandidatur von Friedrich Merz. Und ich begrüße die Entscheidung von Angela Merkel, auf dem Parteitag im Dezember nicht wieder zu kandidieren. Nicht nur wegen des Ausgangs der Hessenwahl, sondern wegen der Entwicklungen der letzten Jahre. Sehr gut finde ich, dass es verschiedene Kandidaten gibt und diese sich auf Regionalkonferenzen der CDU-Basis vorstellen werden.“ Wohin die Reise der CDU in der Zukunft gehen soll, glaubt er zu wissen: „Als Ehrenamtlicher vor Ort habe ich in den letzten Jahren viel Frust erfahren. Die Menschen fühlten sich oft unverstanden. Das muss sich ändern. Wir brauchen eine klare Positionierung der Partei und eine klare Ansprache, keine unverständlichen Schachtelsätze und Entscheidungen, die der Bürger nicht nachvollziehen kann. Der Wähler muss klar erkennen, für was die CDU steht.“

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