Continental schließt Standort Oppenweiler

„Keine Zukunftsperspektive mehr“ – 340 Contitech-Beschäftigte betroffen – Unternehmen strebt sozialverträgliche Lösungen an

Continental will seine Aktivitäten am Standort Oppenweiler einstellen. Als Grund gibt das Unternehmen mangelnde Zukunftsperspektiven an. Wann genau die Schließung wirksam werden soll, ist noch unklar. Mit dem Betriebsrat sollen nun zunächst sozialverträgliche Lösungen für die rund 340 Contitech-Beschäftigten vereinbart werden.

Continental schließt Standort Oppenweiler

Continental will den Standort Oppenweiler aufgeben. 340 Mitarbeiter sind dort bei Contitech beschäftigt. Ein Termin für die Schließung wird aber noch nicht genannt. Foto: J. Fiedler

Von Armin Fechter

OPPENWEILER. Die Contitech Kühner GmbH&Cie. KG in Oppenweiler ist ein Zulieferbetrieb für die Automobilindustrie. Das Werk, das 1975 von der Firma Kühner gegründet und 2000 von Continental übernommen wurde, entwickelt und produziert Kältemittelleitungen. Die Schläuche kommen in Personenwagen ebenso wie in Nutzfahrzeugen zum Einsatz. Die Rahmenbedingungen sind allerdings nach Darstellung des Unternehmens in den zurückliegenden Jahren zunehmend schwieriger geworden.

Wie der am Standort verantwortliche kaufmännische Geschäftsführer Christian Pfistner erklärt, ist der Umsatz in Oppenweiler in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Damit nicht genug: „Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. In den kommenden Jahren erwarten wir einen weiteren signifikanten Rückgang unseres Umsatzes.“

In den vergangenen zehn Jahren hat das Unternehmen in Oppenweiler nach Angaben von Pressesprecherin Antje Lewe zwar rund 13 Millionen Euro investiert. Ziel war es, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Standort profitabel aufzustellen. Die Teilautomatisierung wurde vorangetrieben, Produktionsprozesse wurden verschlankt, an einer optimierten Nutzung der Ressourcen wurde gearbeitet. „Das hat aber nicht gereicht“, sagt Lewe. Denn trotz der diversen Maßnahmen schreibt das Unternehmen in Oppenweiler laut Geschäftsführer Pfistner seit vielen Jahren Verluste. Und: „Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“ Weiter verschärft habe sich die Situation, wie das Unternehmen mitteilt, weil ein Kundenprojekt nicht im bisherigen Maße weitergeführt werden kann. Ein großer Auftrag sei weggefallen, erläutert Lewe. Pfistner: „Dies hat zur Folge, dass der Umsatz am Standort kurzfristig noch stärker zurückgeht als ursprünglich absehbar.“

Pfistner resümiert: „Zu unserem großen Bedauern sehen wir leider keine dauerhafte Zukunftsperspektive mehr.“ Continental will daher seine Aktivitäten in Oppenweiler einstellen. Die standortübergreifenden Funktionen sollen an andere Standorte verlagert werden. Pfistner unterstreicht dabei die Dringlichkeit der Entscheidung. Eine Trendumkehr war auch mithilfe verschiedener Flexibilisierungsinstrumente nicht geglückt, mit denen die Firma bis zuletzt auf das herausfordernde Wettbewerbsumfeld zu reagieren versuchte. Pfistner: „Die Optimierung aus eigener Kraft war jedoch nur bis zu einer bestimmten Grenze möglich. Parallel dazu haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verbessert, im Gegenteil. Wir sind trotz all unseres großen Engagements, wofür ich mich bei allen Kollegen bedanke, jetzt nicht mehr in der Lage, noch länger erfolgreich gegen den Strom zu schwimmen.“ Die Hintergründe für die wachsenden Schwierigkeiten werden in dem Wandel gesehen, der die Automobilindustrie erfasst hat. Laut Lewe geht es dabei hauptsächlich um einen Technologiewandel. Hinzu kommen aber auch die verstärkten Anstrengungen im Bereich der E-Mobilität: Die Hersteller richten ihre Fahrzeugflotten neu aus, es werden andere Fahrzeuge gebaut und folglich andere Zulieferteile benötigt. Parallel erwartet die Industrie, dass die Zulieferer ihnen auch aufs internationale Parkett folgen – was einen wachsenden Wettbewerbsdruck nach sich zieht.

Die Contitech-Belegschaft wurde am Donnerstag anlässlich einer Betriebsversammlung über die Lage unterrichtet, ebenso wurde die Spätschicht informiert. Das Unternehmen will nun „schnellstmöglich“ Gespräche mit dem Betriebsrat über einen Interessensausgleich und einen Sozialplan für die rund 340 betroffenen Beschäftigten aufnehmen. Wann die Schließung wirksam werden soll, ist noch unklar. Es gebe noch keinen Zeithorizont, erklärt Lewe und spricht von einem Prozess, der jetzt anlaufe. Es werde einen intensiven Austausch geben; die Verhandlungen würden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Betriebsratsvorsitzender Schwarz: Verärgert über das Vorgehen

Die Beschäftigten und voran der Betriebsratsvorsitzende Jörg Schwarz waren „äußerst überrascht“ von der Entscheidung der Unternehmensleitung: „Das trifft uns echt hart.“ Die schwierige wirtschaftliche Situation sei bekannt gewesen, ebenso habe man gewusst, dass ein Großauftrag auf der Kippe stand. Es habe aber trotz wiederholter Nachfragen, sagt er verärgert, vorher keine Informationen gegeben, welche Auswirkungen ein Verlust dieses Auftrags haben und was das für die Beschäftigten bedeuten könnte. Schwarz weist darauf hin, dass die Mitarbeiter ihren Teil zur Sicherung des Unternehmens beigetragen hätten: Seit zehn Jahren habe man insgesamt drei Ergänzungstarifverträge mit entsprechenden Einschnitten mitgetragen und damit auch die Investitionen mit angestoßen, um die neuen CO2-Kühlungstechniken voranzubringen.

Man habe gehofft, nach einem Wegbrechen des Großauftrags mit einer Teilstilllegung wegzukommen, sagt Schwarz: „Wir haben Aufträge, auch neue und auch für Elektrofahrzeuge.“ Er hat deshalb die Flinte noch nicht ins Korn geworfen, was den Fortbestand betrifft – die Umstellung auf E-Mobilität bedeutet in seinen Augen eine Chance. Aber: „Uns fehlen Zahlen.“ Das bezieht Schwarz nicht nur auf die Auftragslage, sondern auch auf den anvisierten Sozialplan. Contitech habe, gibt er zu bedenken, viele langjährige Mitarbeiter, die am Ort und in der Umgebung verwurzelt sind und eine Familie zu ernähren haben. Für sie sei ein Wechsel an eine andere Stelle andernorts nicht leicht, selbst wenn Continental dies anbieten würde. Für die anstehenden Verhandlungen werde man externen Sachverstand hinzuziehen.

Betroffen zeigt sich auch Oppenweilers Bürgermeister Bernhard Bühler. „Ich bedauere die Entscheidung der Geschäftsleitung“, sagt er und verweist zugleich auf den Kostendruck in der Automobilindustrie und den harten Wettbewerb, der letztlich dazu geführt habe. Es sei zu hoffen, dass es für die Mitarbeiter sozialverträgliche Lösungen und für die vorhandene Infrastruktur in Oppenweiler eine Zukunftsperspektive gibt. Immerhin werde das Unternehmen, das in seinen besten Zeiten 600 Mitarbeiter hatte, jetzt nicht Hals über Kopf geschlossen.