„Für die Oma“: Start landesweiter Corona-Schnelltest-Aktion

Von Von Hennig Otte und Martin Oversohl, dpa

dpa/lsw Stuttgart. Vor der Bescherung soll für Zehntausende Menschen die Gewissheit stehen. Mit einer landesweiten Schnelltest-Aktion sollen Infektionen am Weihnachtsbaum möglichst verhindert werden. Das ist dringend nötig. Denn die Zahlen steigen auch im Südwesten rasant weiter.

„Für die Oma“: Start landesweiter Corona-Schnelltest-Aktion

Ein Schnelltest zur Erkennung des Coronavirus liegt in einem Altenwohnzentrum an einer Teststation. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild

Das Stäbchen dringt bis in den Nasen-Rachen-Raum vor, immer tiefer. Dann nimmt der maskierte Helfer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) die Probe. Unangenehm ist das, aber wichtig. Das Ergebnis des Schnelltests soll schließlich aussagekräftig sein, damit das Weihnachtsfest so sicher und gesund wie möglich gefeiert werden kann.

In Stuttgart und zahlreichen anderen Orten in Baden-Württemberg haben Mediziner am Mittwoch die ersten von rund 80 000 Schnelltests abgenommen, um das Infektionsrisiko bei der Bescherung so weit wie möglich zu reduzieren. Mit dem Auftakt am Morgen zeigte sich das Deutsche Rote Kreuz zufrieden. „Es läuft vorbildlich, die Regeln werden eingehalten“, sagte DRK-Sprecher Udo Bangerter.

Auch für Melanie Brinkmann, die am Tag vor Heiligabend zur Teststation in Stuttgart-Degerloch joggt, läuft es wie geschmiert. Vor der umfunktionierten Garage, in der sonst die DRK-Autos stehen, gibt es fast keine Schlange. „Ich mache den Test, weil ich Weihnachten kein Risiko für die Familie sein will“, sagt die 34-Jährige. Noch am selben Tag wolle sie - wenn möglich - losfahren in Richtung Kassel. Beim Fest sei auch eine 98 Jahre alte Dame dabei, die wolle sie auf keinen Fall gefährden. Und daheim bleiben sei auch keine Option. „Die Familie hat darauf bestanden, dass ich komme.“ Nach einer Viertelstunde bekommt Brinkmann im mobilen DRK-Büro in einem Einsatzfahrzeug das Ergebnis.

Die landesweite Schnelltest-Aktion am Mittwoch und an Heiligabend richtet sich vor allem an Menschen, die gefährdete Angehörige besuchen wollen und dafür mehr Sicherheit suchen. Das gilt auch für das Stuttgarter Paar mit zwei Jungs im Teenager-Alter, das als nächstes an die Reihe kommt. „Wir haben zwei demente Omas“, erzählt die Frau. Eine sei im Heim, die andere lebe bei ihrem Bruder. „Wir sind jetzt schon eine Weile quasi in freiwilliger Quarantäne.“ Was tut man nicht alles, um an Weihnachten zusammen sein zu können.

Nicht ganz leicht ist es dagegen, wenn kleine Kinder getestet werden. Da macht auch die kleine Sophie keine Ausnahme. Ihr Vater nimmt sie auf den Schoß, damit der DRK-Helfer das Stäbchen in die Nase schieben kann. „Ich habe hier einen kleinen Besen, damit putze ich Dir die Nase“, versucht er die Kleine zu beruhigen. Doch Sophie mag nicht, es tut ihr weh. Ihr Vater probiert es mit einer kleinen Gummibärchen-Tüte und: „Bitte Sophie, für die Oma.“ Die Familie will über Weihnachten nach Heidelberg. Am Ende hat es nur halbwegs geklappt, der Test wird nur mittelmäßig aussagekräftig sein. „Aber es ist ja bekannt, dass Kinder keine Superspreader sind“, beruhigt eine DRK-Helferin.

Melanie, die Jungs und auch Sophie haben es hinter sich. Kurzentschlossene dagegen dürften es schwer haben, an den rund 140 Standorten noch einen Test zu ergattern. Laut DRK und Johannitern waren fast alle Termine vorab bereits vergeben. Nur an einzelnen Test-Stationen ist keine Voranmeldung nötig. Dort kann es aber laut DRK zu langen Wartezeiten kommen.

Die Tests geben innerhalb von 15 bis 30 Minuten Auskunft darüber, ob jemand ansteckend ist. Sie liefern jedoch keine absolute Sicherheit: Auch bei einem negativen Testergebnis müssen die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. Ein flächendeckendes Angebot an Test-Stationen gibt es nicht. In Karlsruhe etwa wurde die Aktion wegen Bedenken des Gesundheitsamts wieder abgesagt. Andernorts fehlen bei den Hilfsorganisationen nach eigenen Angaben die Kapazitäten.

Die Landesregierung will vor allem weitere Infektionen rund um das Weihnachtsfest und die Feiertage so weit wie möglich verhindern. Das scheint auch dringend nötig zu sein: Nach Angaben von Dienstagabend ist die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Baden-Württemberg innerhalb eines Tages um 3000 Fälle gestiegen. Das Landesgesundheitsamt verzeichnete zudem 166 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus (Stand 16.00 Uhr) - ein weiterer Höchstwert. Die Zahl der bisher nachgewiesenen Fälle im Land stieg damit auf aktuell 217 454. Mehr als 4200 Menschen starben bisher mit einer Corona-Infektion. Die ersten Impfungen gegen das Virus sind für diesen Sonntag (27. Dezember) geplant.