Das Aus für reine Herrenklubs?

Finanzminister Olaf Scholz möchte auch Frauen die Aufnahme in Männervereine ermöglichen, stößt damit aber auf Kritik

Von Kristin Doberer

BACKNANG. Finanzminister Olaf Scholz will reine Männervereine steuerlich benachteiligen, indem er ihnen die Gemeinnützigkeit entzieht. Werden diese Pläne umgesetzt, könnte das auch für Backnanger Vereine Auswirkungen haben.

In Deutschland gibt es noch immer zahlreiche Vereine, die ausschließlich für Männer zugänglich sind, darunter Schützenvereine, Sportvereine und Burschenschaften. Scholz hat nun angekündigt, gegen diese Vereine steuerlich vorgehen zu wollen. Er plant, das Gemeinnützigkeitsrecht so zu verändern, dass Vereine, die auch heute noch nur Männer aufnehmen, keine Steuererleichterungen mehr bekommen. „Vereine, die grundsätzlich keine Frauen aufnehmen, sind aus meiner Sicht nicht gemeinnützig“, begründet er seine Pläne.

Seine Pläne betreffen auch die Vereine aus der Region, so zum Beispiel den Gesangverein Harmonie Waldrems-Heiningen. Er besteht seit 114 Jahren ausschließlich aus Männern. „Wir sind sprachlos und schockiert, was sich da gerade tut“, sagt Walter Sammet, der Vorstand des Gesangvereins. „Das heißt nicht, dass wir den Verein am nächsten Tag auflösen müssten, aber für uns hätte das schon ganz, ganz harte Auswirkungen.“

„Wir sind sprachlos und schockiert, was da gerade passiert“

Denn wird einem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen, fallen alle steuerlichen Vorteile weg. Dazu gehören Befreiungen von der Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie der Grundsteuer, Erbschafts-, Schenkungs- und Kapitalverkehrssteuer. Diese Befreiung gilt insbesondere für Einnahmen wie Mitgliedsbeiträge, Spenden, Erbschaften oder Zuschüsse. Außerdem wird ein gemeinnütziger Verein von bestimmten staatlichen Gebühren und Kosten befreit. „Finanziell könnten wir das ohne die Steuererleichterungen kaum stemmen“, erklärt Sammet.

Damit ein Verein als gemeinnützig gilt, muss er verschiedene Voraussetzungen erfüllen, unter anderem muss er auch ausschließlich der selbstlosen Förderung der Allgemeinheit dienen. Diese Voraussetzung sieht Finanzminister Scholz bei Männervereinen als nicht erfüllt an.

Sammet widerspricht diesem Vorwurf. Seit 32 Jahren ist er Vorstand des Männervereins. Dass sie einen gemeinnützigen Zweck erfüllen, steht für ihn außer Frage. Seit Jahren schon seien sie als Verein ehrenamtlich tätig. Außerdem stünden Männergesangvereine ohnehin schon vor dem Aussterben, sagt er. Noch besteht der Verein nämlich aus 31 Sängern und ist damit einer der größten in der Region, aber auch sie haben Nachwuchssorgen, da die aktiven Mitglieder immer älter werden und kaum junge Sänger Interesse an Gesangvereinen hätten. „Da braucht der Scholz es uns nicht auch noch extra schwer machen“, sagt Sammet. Außerdem sehe er das Problem nicht, zumindest nicht beim Thema Gesangvereine, da es bereits gemischte Gesangsgruppen gibt: „In denen sind übrigens oft etwa doppelt so viele Frauen wie Männer vertreten.“

Obwohl Scholz nur von reinen Männervereinen spricht, gibt es natürlich auch reine Frauenverbände. Auch hier würde eine Änderung der Gemeinnützigkeit wohl greifen. Bei den Landfrauen Baden-Württemberg ist das seit einigen Jahren kein Thema mehr. Hier können grundsätzlich auch Männer Mitglied werden, allerdings ohne ein aktives Stimmrecht zu bekommen. So wurde beispielsweise Backnangs Bürgermeister Nopper Fördermitglied der örtlichen Landfrauen.

Wie genau Scholz die Kürzungen umsetzen will, ist noch unklar. Denn wen ein Verein aufnimmt oder eben nicht, steht für gewöhnlich nur in der Satzung. Diese steht zwar manchmal auch online, aber generell liegt sie den Ämtern nicht vor. Deshalb wird es wohl nur schwer herauszufinden sein, welche Vereine ein Geschlecht ausschließen. Außerdem gilt es noch zu klären, ob und welche Ausnahmen es geben muss. Müssen zum Beispiel auch Frauenhilfsgruppen für Gewaltopfer Männer aufnehmen? Und kann nicht die Freiheit der Kunst ein gültiges Argument für das Bestehen von Männerchören sein?