„Das kann ein Einzelner nicht“

Maschinenring Rems-Murr/Neckar/Enz blickt auf 50-jährige Geschichte zurück – Organisation zur Selbsthilfe für Landwirtschaft

Die Liste liest sich wie ein Verzeichnis aller nur denkbaren Gerätschaften und Anlagen, die in irgendeiner Weise in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen können: 20 Seiten mit Schleppern aller Art, Radladern, Baggern, Volldrehpflügen und Kreiseleggen, Tiefenlockerern, Ackerwalzen und vielem mehr. Die Auswahl, mit der der Maschinenring im 50.Jahr seines Bestehens aufwartet, scheint schier unerschöpflich.

„Das kann ein Einzelner nicht“

Moderne, bodennahe Gülleausbringung: Die Düngemittelverordnung fordert die Landwirtschaft heraus. Der Maschinenring muss daher up to date sein. Fotos: Maschinenring (3), J. Fiedler (1)

Von Armin Fechter

LEUTENBACH. Die Selbsthilfeeinrichtung der Landwirte mit ihrer Geschäftsstelle in Leutenbach-Nellmersbach hat heute über 1700 Mitglieder. Ihr Tätigkeitsgebiet erstreckt sich nicht nur auf den Rems-Murr-Kreis, sondern auch aufs Gebiet Neckar-Enz und darüber hinaus. So nimmt der Maschinenring beispielsweise die Zuckerrübenrodeplanung für den gesamten mittleren Neckarraum wahr.

Die Anfänge des Maschinenringwesens liegen in den späten 60er-Jahren. Wie der Vorstandsvorsitzende Martin Kugler aus Steinbach und Geschäftsführer Friedrich Müller erläutern, ging die Bewegung einher mit der zunehmenden Mechanisierung in der Landwirtschaft. Für die einzelnen Höfe wurde es zu teuer, alle nötigen Maschinen selbst anzuschaffen. Daher kam der Gedanke auf, die Geräte gemeinsam zu kaufen und sie gegenseitig auszuleihen. Die Maschinenringe brachten dann mit der Idee von Maschinenbanken Struktur in den Austausch.

Die meisten Maschinenringe entstanden Ende der 60er-Jahre

Vom Landwirtschaftsamt unterstützt und vom Staat gefördert, entstanden die meisten Maschinenringe um 1968 und 1969. Vorreiter im Gebiet des heutigen Rems-Murr-Kreises waren 1968 die Ortsmaschinenringe Backnang-Strümpfelbach und Schwäbisch Gmünd Nordwest (für den Welzheimer Wald). Im Januar 1969 wurde dann der Maschinenring Backnang gegründet, der für seine 127 Mitglieder bereits überörtlich Aufgaben wahrnahm, wie der Gründungsort Murrhardt zeigt. Zwei Jahre später folgte die Gründung des Maschinenrings Welzheim, dessen Geschäftsbereich bereits den ganzen Kreis Waiblingen umfasste. Nach der Kreisreform folgte die nächste Etappe: Die beiden Organisationen schlossen sich 1975 zum Maschinenring Rems-Murr zusammen, nun mit 448 Mitgliedern.

Während die staatliche Förderung, die in der Anfangsphase große Bedeutung hatte, bis Mitte der 90er-Jahre sukzessive zurückgefahren wurde, griff der Maschinenring zusätzliche Tätigkeitsfelder auf und wurde unternehmerisch tätig. 1989 wurde beispielsweise der erste Landschaftspflegeeinsatz gefahren, 1995 übernahm man die Betreuung von Grüngutsammelplätzen. Ein Jahr später gründete der Maschinenring eine Tochtergesellschaft, die sich fortan verstärkt in den Bereichen Winterdienst und Landschaftspflege engagieren sollte. 2001 nahm der Maschinenring ein weiteres Aufgabengebiet in Angriff: die erneuerbaren Energien. Stichwörter: Holzhackschnitzel, Fotovoltaik, Miscanthus als Energiepflanze und Rapsöl. Darüber hinaus ergaben sich auch immer mehr landkreisübergreifende Kooperationen, sodass die Organisation schließlich ihren Namen in Maschinenring Rems-Murr/ Neckar/Enz änderte. 2018 wurde er dann sogar Kompetenzzentrum für Strom.

So hat sich die Tätigkeit des Maschinenrings, wie Kugler und Müller erklären, in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt: Die ursprüngliche Idee, dass die Einrichtung kein Geld verdienen sollte, wurde aufgegeben, sie hatte sich als Hemmschuh für die Entwicklung erwiesen. Inzwischen kann man zwischen einem ideellen und einem wirtschaftlichen Bereich unterscheiden. Letzterer ist als Dienstleistungssparte darauf ausgerichtet, Aufträge zu holen und Gewinne zu erzielen. So ist der Maschinenring in Steinbach bei der Bepflanzung des Deponie-Altteils im Einsatz, „das kann ein Einzelner nicht“. Auf der anderen Seite unterstützt er die Landwirte zum Selbstkostenpreis und bietet beispielsweise Maschinenvorführungen und Kurse an. In Zukunft werde man aber wohl nicht darum herumkommen, selbst in Maschinen und Roboter zu investieren. Dafür sei ein Grundkapital nötig. Bisher gehören die Maschinen den Landwirten; für den Einsatz bei Kollegen gibt es fixe Verrechnungssätze. Der Maschinenring fungiert dabei quasi als Drehscheibe zwischen Nachfrage und Angebot.

Neue rechtliche Grundlagen erfordern neue Maschinen

Bei alledem muss sich der Maschinenring immer auch an den neuesten gesetzlichen Grundlagen orientieren. Beispiel Gülleausbringung. Da gab es schon 1974 in Althütte-Lutzenberg eine große Maschinenvorführung. Heute verlangt die Düngemittelverordnung, dass Gülle bodennah ausgebracht wird. Dazu braucht es ganz neue Maschinen. Oder das Thema Alternativen zu Glyphosat: Statt das umstrittene Herbizid anzuwenden, kann Unkraut auch mechanisch bekämpft werden – mit modernen Maschinen eben.

Mit Stolz verweisen die Verantwortlichen des Maschinenrings auch darauf, dass die Landwirtschaft beim Auf- und Ausbau von Fotovoltaik ganz vorne dran war. Zudem kann die Gemeinschaftsorganisation bei der Beschaffung von Diesel, Pflanzenschutzmitteln oder Reifen günstigere Konditionen herausholen.

Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld ist die Betriebshilfe, „eine Herausforderung für uns, aber auch unsere Stärke“, wie die Verantwortlichen feststellen. Mit rund 35 fest angestellten Helfern steht der Maschinenring bereit, um Notlagen und schwierige Situationen in landwirtschaftlichen Betrieben zu überbrücken – wenn beispielsweise ein Todesfall oder eine schwere Erkrankung eine Familie getroffen hat. Da gilt es dann, schnell und kompetent zur Stelle zu sein und sowohl im Betrieb nach dem Rechten zu sehen als auch der Familie zu helfen.

„Das kann ein Einzelner nicht“

Vorstand des Maschinenrings (von links): Martin Kugler, Matthias Heid, Boris Bässler, Stefan Wieland, Christian Schwerdtle und Rainer Oexle sowie Geschäftsführer Friedrich Müller. Foto: J.Fiedler