ME/CFS weit verbreitet

Das macht das Chronische Erschöpfungssyndrom mit Menschen

Menschen mit ME/CFS sind häufig so schwer krank, dass sie noch nicht mal ihr Bett verlassen können. Seit der Pandemie hat die Zahl der Betroffenen deutlich zugenommen.

Das macht das Chronische Erschöpfungssyndrom mit Menschen

Die bisher nicht heilbare Erkrankung Chronisches Erschöpfungssyndrom ist durch die Corona-Pandemie und die Diskussion über Langzeitfolgen von Covid-19 etwas bekannter geworden, da sie teilweise mit einer viralen Infektion beginnt.

Von Markus Brauer/dpa

Die Zahl der Menschen, die an der schweren Krankheit ME/CFS leiden, hat Experten zufolge seit der Pandemie deutlich zugenommen. Deutschlandweit sind den Krankenkassen und Fachgesellschaften zufolge rund 600.000 Menschen am Myalgischem Enzephalomyelitis/Chronischen Fatigue-Syndrom – kurz ME/CFS – erkrankt.

Man gehe davon aus, dass die Zahlen sich in der Pandemie verdoppelt haben, erklärt Carmen Scheibenbogen, Direktorin des Charité Fatigue Centrums in Berlin. Die schwere chronische Erkrankung betreffe überwiegend jüngere Menschen.

Erschöpfung, Konzentrations- und Schlafstörungen

Konferenz widmet sich Stand der Forschung

Wie können Menschen mit ME/CFS besser versorgt werden? Welche Therapien gibt es und wie weit ist die Forschung? Darüber wollen sich am Montag (12. Mai) und Dienstag (13. Mai) internationale Expertinnen und Experten bei einer Fachkonferenz in Berlin austauschen. Anlass ist der internationale ME/CFS-Tag am 12. Mai.

200 internationale Ärzte und Wissenschaftler nehmen an dem Austausch teil. Die wissenschaftliche Leitung haben Scheibenbogen und Uta Behrends, Leiterin des Chronischen Fatigue Centrums für junge Menschen am Klinikum der TU München und der München Klinik Schwabing. Die Themen Versorgung und Medikamentenstudien werden schwerpunktmäßig behandelt.

Versorgungslage weiter unzureichend

Es sei wichtig, auf die unzureichende Versorgung und das Fehlen von Medikamenten für ME/CFS und Long Covid aufmerksam zu machen, sagt Scheibenbogen, auch wenn es zuletzt eine Reihe wichtiger Maßnahmen gegeben habe.

Die Behandlungsmöglichkeiten seien bislang eingeschränkt, so die Expertin. Im Medizinstudium sei ME/CFS bisher kaum vermittelt worden, entsprechend groß sei das Interesse an Fortbildungen.

Was versteht man unter Long Covid?

Eine SARS-CoV-2-Infektion kann anhaltende Gesundheitsprobleme nach sich ziehen, für die sich der Begriff Long Covid eingebürgert hat. Symptome sind etwa Erschöpfung, Schwindelgefühle und Konzentrations- und Herzprobleme. Wer auch Monate oder gar Jahre nach einer Corona-Infektion noch unter Spätfolgen leidet, braucht Hilfe.

Aber auch die akuten und chronischen Folgen der Virenerkrankung sind noch lange nicht vollständig geklärt. So scheinen genetische und epigenetische Faktoren Spätfolgen in Form eines Long-Covid oder Neuro-Covid zu begünstigen. Aber auch die Immunreaktion auf die akute Infektion spielt offenbar eine wichtige Rolle.

Was sind die häufigsten Symptome?

Long Covid bezieht sich auf anhaltende gesundheitliche Probleme, die mindestens vier Wochen nach einer COVID-19-Infektion fortbestehen. Zu den häufigsten Symptomen zählen extreme Müdigkeit und Erschöpfung – ein Gefühl, alltägliche Dinge nicht mehr schaffen zu können, etwa drei Treppenstufen zu steigen oder sich einen Kaffee zu machen, so die Stiftung. Der Fachbegriff dafür lautet Fatigue. Dazu kommen Atembeschwerden, Muskelschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme.

Ist der Terminus klar definiert?

Nein. Der Begriff Long Covid ist nicht eindeutig definiert. Er beschreibe laut Weltgesundheitsorganisation WHO gesundheitliche Beschwerden, die länger als vier Wochen nach einer Corona-Infektion andauern und nicht durch eine andere Erkrankung zu erklären sind. Wer nach einer COVID-Erkrankung merkt, dass Beschwerden nicht weggehen, zurückkommen oder neu auftreten, sollte ärztlichen Rat einholen, so die Stiftung Gesundheitswissen.

Info: Hilfsangebote für Long-Covid-Patienten

Long-Covid-Ambulanzen und -Sprechstunden Wer befürchtet, Long Covid zu haben, kann sich an spezialisierte Ärzte wenden. So haben viele Kliniken Long-Covid-Sprechstunden oder -Ambulanzen eingerichtet. Auch einige Arztpraxen bieten entsprechende Angebote. Die Ärzte bemühen sich bei diesen Stellen um eine sichere Diagnose der oft diffusen Symptome und erstellen ein Therapiekonzept.

Reha Betroffene können eine spezialisierte stationäre oder ambulante Rehabilitation (Reha) machen. Es gibt symptomspezifische Angebote für Behandlungen von zum Beispiel Lungenbeschwerden oder Störungen des Nervensystems, bei denen der Gesundheitszustand verbessert werden soll. Menschen mit Belastungsintoleranz können während einer Reha lernen, in einem neuen Alltag zurechtzukommen. Etwa durch das sogenannte Pacing: Man lernt, das Tempo des Alltags unter Kontrolle zu haben und auf die Bremse zu treten, wenn die Anstrengung zu groß wird.

Antrag stellen Den Antrag stellen die Betroffenen selbst, Hausarzt und Hausärztin können beraten. Alle Versicherten gesetzlicher Kassen haben ein Recht auf Reha - auch Rentner, mitversicherte Partner und Kinder. Aber die Krankenkassen zahlen die Maßnahmen nur dann, wenn keine anderen Kostenträger zuständig sind. Betroffene, deren Erwerbsfähigkeit aufgrund der Erkrankung gefährdet ist, wenden sich daher am besten an die Rentenversicherung. Dabei ist es egal, ob man berufstätig oder gerade arbeitssuchend ist, erläutert die Deutsche Rentenversicherung. In bestimmten Fällen kann Long Covid als Berufkrankheit oder Arbeitsunfall anerkannt werden, etwa bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Labor. Dann ist die Unfallversicherung zuständig.

Rentenversicherung Für Menschen in Rente sowie Mütter und Väter, die sich hauptberuflich zu Hause um die Kinder kümmern, ist die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner. Für Kinder und Jugendliche besteht der Deutschen Rentenversicherung zufolge grundsätzlich eine gleichrangige Zuständigkeit der Renten- und Krankenversicherung. Für alle Betroffenen können aber auch Sozialhilfe, Eingliederungshilfe und Bundesagentur für Arbeit Kostenträger sein.