Das Schöffengericht hält ihn doch für den Täter

In der Fortsetzungsverhandlung zum Spielcasinoüberfall in Murrhardt schweigt der nach einer Beteiligung befragte Angeklagte.

Das Schöffengericht hält ihn doch für den Täter

Symbolfoto: BilderBox - Erwin Wodicka

Von Hans-Christoph Werner

Waiblingen/Murrhardt. Vor mehr als einer Woche wurde in einer ersten Runde der Überfall auf eine Spielhalle in Murrhardt vor dem Jugendschöffengericht verhandelt (wir berichteten). Mit vorgehaltener Pistole forderten im November 2019 zwei junge Männer die Herausgabe des Kasseninhalts. In der Sprache des Strafrechts: schwere räuberische Erpressung. Ende Juni dieses Jahres hatte der eine der beiden Täter vor Gericht Rede und Antwort gestanden. Und die Tat eingeräumt.

Jetzt also sein Kompagnon. Aber war er’s? Vor einer Woche hüllte sich der 22-jährige Familienvater in Schweigen. Das heißt: Der angebliche Überfall ist nicht das Einzige, was die Staatsanwaltschaft dem jungen Mann zum Vorwurf macht. Da sind noch diverse Drogengeschäfte. Insgesamt elf Fälle hatte die Staatsanwältin aufgezählt. Der zweite Verhandlungstag sollte in dieser Sache Klarheit schaffen.

Aus dieser Erwartung wurde leider nichts. Ein 25-jähriger Feinwerkmechaniker soll Käufer gewesen sein. Aber als Zeuge muss er sich nicht selbst belasten, kann die Beantwortung von Fragen ablehnen. Der Zeuge macht davon umfassend Gebrauch und sagt gar nichts. Die andere Zeugin ist eine 21-Jährige. Ihre kargen und zum Teil unverständlich dahingemurmelten Antworten machen deutlich, dass sie im Grunde auch nichts sagen will. Kleinlaut gibt sie dann doch zu, bei drei oder vier Gelegenheiten Marihuana jeweils im Wert von zehn Euro beim Angeklagten gekauft zu haben.

Das Vorstrafenregister des Angeklagten macht deutlich, dass er in drei von fünf Einträgen Drogendelikte vorzuweisen hat. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe plädiert, den schwierigen Lebenslauf des Angeklagten nochmals kurz erwähnend, für die Anwendung des Jugendstrafrechts.

Der gewerbsmäßige Handel mit Marihuana ist laut Staatsanwältin belegt

Für die Staatsanwältin hat sich die Anklage bestätigt. Beim Überfall auf das Spielcasino, so sagt sie, war der Angeklagte dabei. Und beruft sich dabei auf andeutende Aussagen in einem Telefonchat. Auch das gewerbsmäßige Handeltreiben mit Marihuana sei belegt. In acht von elf Fällen. Das Jugendstrafrecht zugrunde legend kommt die Staatsanwältin auf eine Strafforderung von drei Jahren. Eine Aussetzung zur Bewährung bleibt bei diesem Strafmaß ausgeschlossen.

Der Verteidiger des Angeklagten führt zum Spielcasinoüberfall an, dass es keine seinen Mandanten belastenden Zeugenaussagen gibt. Und was die Marihuanageschäfte angeht, so habe sein Schützling sechs Fälle eingeräumt. Alles Weitere sei wiederum nicht nachweisbar. Auf die schwierige Kindheit und Jugend des Angeklagten verweisend, zudem die frühere Drogenabhängigkeit berücksichtigend fordert der Rechtsanwalt eine Strafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Konkrete Zeitangaben nennt er nicht. Und was diverse Bewährungsauflagen angeht, so hält der Verteidiger die Bestellung eines Bewährungshelfers und eine Arbeitsauflage für vertretbar.

Nach 40-minütiger Beratungszeit verkündet der Vorsitzende Richter das Urteil. Der Angeklagte ist schuldig des gemeinschaftlichen schweren Raubs und des Handeltreibens mit Marihuana. Mit zwei Jahren ahndet das Gericht diese Taten. Und die Bewährung wird in der Weise gehandhabt, dass dem 22-Jährigen zunächst sechs Monate Vorbewährung auferlegt werden. Er hat Gespräche mit einer Suchtberatungsstelle zu führen und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Erfüllt der Verurteilte diese Auflagen in der angegebenen Frist, wird die Strafe durch Richterentscheid in eine Bewährungsstrafe gewandelt.

Angeklagter hat sich seit seiner letzten Verurteilung 2018 straffrei gehalten

Was den Überfall auf das Spielcasino angeht, ist das Schöffengericht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt. Der andere Beteiligte hatte den 22-Jährigen belastet. Es sei kein Grund ersichtlich, so der Richter, warum dieser das zu Unrecht getan haben sollte. Was die Drogengeschäfte angeht, so stützt das Schöffengericht die Verurteilung nur auf sechs Fälle, die der Angeklagte auch eingeräumt habe. Von allen weiteren Fällen sei der junge Mann freigesprochen. Das Richtergremium hielt dem Angeklagten zugute, dass er sich seit seiner letzten Verurteilung im Jahr 2018 straffrei gehalten habe und Ansätze zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung zeige. Das Gerichtsurteil ist noch nicht rechtskräftig.