Der Sprung ins kalte Nass verspricht an heißen Tagen Abkühlung. Damit das Baden nicht böse endet, gilt es, Gefahren im Blick zu haben. Am besten vermeidet man sie ganz.
Was vielen Betroffenen zum Verhängnis wird: In Freigewässern wie See, Meer, Fluss oder Kanal sind die Bedingungen weniger „laborartig“ als im Hallenbad, wo viele von uns Schwimmen gelernt haben.
Von Ricarda Dieckmann (dpa)/Markus Brauer
An warmen Tagen draußen in der Natur schwimmen, das beruhigende Plätschern des Wassers im Ohr. Leider nicht immer läuft es so idyllisch und friedlich ab: Jedes Jahr gibt es Badeunfälle. Mindestens 411 Menschen sind im Jahr 2024 in Deutschland ertrunken. Das zeigen Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).
Wer nun glaubt, dass es vor allem Kinder trifft, die noch nicht schwimmen gelernt haben, irrt. „Wir sehen in der Statistik immer wieder, dass Ertrinken ein junges, männliches Problem ist“, sagt Alexander Paffrath, Leiter Einsatz der DLRG.
Warum beim Baden riskante Situationen entstehen
Was vielen Betroffenen zum Verhängnis wird: In Freigewässern wie See, Meer, Fluss oder Kanal sind die Bedingungen weniger „laborartig“ als im Hallenbad, wo viele von uns Schwimmen gelernt haben. Andreas Paatz vom Deutschen Roten Kreuz: „Dort herrschen Strömungen, es gibt Wellengang und Temperaturunterschiede“, erklärt der Bundesleiter der DRK-Wasserwacht.
Gefahr 1: Aufgeheizter Körper, kühles Wasser
Vor folgenden Szenarien beim Baden warnen die Experten:
Gefahr 2: „Ach, das ist doch nicht weit“
Ein Muster, das Experten in vielen Badeunfällen wiedererkennen: Menschen überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten und Kräfte und schwimmen zum Beispiel zu weit raus. Immer dann, wenn es zu einem „Missverhältnis zwischen der eigenen Kondition und der Schwimmstrecke, die bewältigt werden muss“, kommt, kann es Andreas Paatz zufolge kritisch werden.
Alexander Paffrath erklärt das am Beispiel einer Talsperre. „Da denkt man schnell ‚Ach, das andere Ufer erreiche ich locker‘. Und hat dann doch eine Schwimmstrecke von 1000 oder sogar 2000 Metern vor sich, weil alles so nah aussieht.“
Eine Entfernung, die Untrainierte an ihre Grenzen bringen kann. Kommt dann aufgrund von Kälte noch ein Krampf dazu, wird es schnell gefährlich. Eine gute Portion Vorsicht kann vor solchen Notlagen bewahren.
Gefahr 3: Alkohol und Drogen
Rausch enthemmt und lässt einen auf Ideen kommen, die nüchtern betrachtet alles andere als vernünftig sind. Alkohol und Drogen vertragen sich daher mit dem Baden nicht, warnt Andreas Paatz. Zumal Rauschmittel oft Gruppendynamiken verstärken, die auf gegenseitiges Aufstacheln und riskante Mutproben hinauslaufen.
Gefahr 4: Strömungen und Schiffsverkehr unterschätzen
Auch in Flüssen wird im Sommer gern gebadet. Davon rät Alexander Paffrath allerdings ab – zumindest außerhalb gesicherter Flussbäder. „Flüsse können von heute auf morgen total unterschiedlich sein, was etwa Strömungsgeschwindigkeit oder Uferbeschaffenheit angeht.“
Bei großen Flüssen wie Rhein, Elbe oder Mosel kommt der Schiffsverkehr als weitere Gefahr dazu. Die Schiffe verdrängen das Wasser, ein Sog kann entstehen. Wer dann nicht fest mit den Füßen auf dem Boden steht, kann in die Mitte des Flusses gezogen werden. Gerade Kinder sind gefährdet.
Wer in Not gerät, sollte auf sich aufmerksam machen – etwa mit den Armen winken und rufen. Dagegen ist es aussichtslos, gegen die Strömung ankommen zu wollen. „Das ist zum Scheitern verurteilt, wenn man sich mal überlegt, was für Strömungsgeschwindigkeiten ein Fluss hat“, erklärt Alexander Paffrath. Selbst bei einem Kanal, der mit drei Kilometern pro Stunde in eine Richtung fließe. Hinzu komme möglicherweise noch die Panik.
Was also tun? Andreas Paatz rät: „Auf den Rücken legen, den Blick in Richtung Land und dann versuchen, sich mit der Strömung mittragen zu lassen.“ Weil die zum Teil auch parallel zum Land gehe, lasse sich vielleicht eine günstige Austrittsmöglichkeit finden.
Gefahr 5: Kopfsprünge ins Wasser
Kopfüber ins kühle Nass: So fühlt sich für viele der Sommer an. Wer in ein Gewässer springen möchte, sollte das aber nur tun, wenn das auch erlaubt ist. Und vor allem: Wenn das Wasser tief genug ist. Bei etwas trüben Seen lässt sich das allerdings oft nicht so gut erkennen.
Wer es doch riskiert und zu schnell den Grund erreicht, kommt im besten Fall mit dem Schrecken davon. Im schlimmsten Fall drohen schwere Verletzungen. Durch die Wucht des Aufpralls kann die Halswirbelsäule gestaucht oder verrenkt werden, warnt die Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
Schäden am Rückenmark können zu einer Querschnittslähmung führen. Und: Trifft man mit dem Kopf auf, droht Bewusstlosigkeit, die dann zum Ertrinken führen kann, warnt Paatz.
Gefahr 6: Gewitter und Starkregen
In der Ferne grummelt es? Nun ist es an der Zeit, das Gewässer zu verlassen, auch wenn das Gewitter noch entfernt scheint.
Denn schlägt ein Blitz in Wasser ein, verteilt sich sein Strom über eine große Fläche, wie der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) warnt. Sogar mehr als 100 Meter vom Einschlagsort können noch Ströme fließen, die bei Schwimmern einen Schock auslösen können. Dann besteht das Risiko des Ertrinkens.
Auch vom Baden bei starkem Regen rät Andreas Paatz ab. Der Grund: Treffen die Tropfen auf die Wasseroberfläche, bildet sich dort ein Wasser-Luft-Gemisch. Das erschwert die Atmung, kann zum Verschlucken und damit zu gefährlichen Situationen führen.
Ich bin Zeuge oder Zeugin eines Notfalls. Und nun?
Darauf kommt es an:
„So eine Situation im Wasser kann von außen auch schnell anders interpretiert werden, etwa als Spiel im Wasser“, sagt Alexander Paffrath.