Das Ziel: Klimaneutral bis 2035

Die Gruppe „Klimaentscheid Backnang“ will sich dafür einsetzen, dass die Stadt Backnang ein Klimaschutzkonzept erarbeitet und anstrebt, in 15 Jahren Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Ein erstes Treffen hat online stattgefunden.

Das Ziel: Klimaneutral bis 2035

Tobias Rehrl (links) und Bertram Ribbeck wollen vor Ort etwas in Sachen Klimaschutz bewegen. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. „Über die Klimakrise ist schon unendlich viel geredet worden, aber nur wenig ist dabei herausgekommen“ – so fasst Bertram Ribbeck die Gefühlslage vieler seiner Mitstreiter zusammen. Damit das nicht so bleibt, sondern sich vor Ort etwas tut, haben sich etwa 20 Bürger zusammengefunden und die Gruppe „Klimaentscheid Backnang“ ins Leben gerufen. Das Ziel ist es, als Gemeinschaft einen Weg zu finden, um die Stadt Backnang bis 2035 klimaneutral zu gestalten. „Eine enkeltaugliche Zukunft und eine jetzt nutzbare Erde“ sei das Ziel, so Ribbeck. In der Vorgehensweise orientieren sich die Backnanger an dem Verein Germanzero, der dieses Ziel bundesweit anstrebt.

Schon seit Jahren haben sich Bertram Ribbeck und Tobias Rehrl mit dem Klimawandel und seinen Folgen auseinandergesetzt. Vor etwa einem Jahr seien sie auf den Verein Germanzero gestoßen. „Das ist etwas, wohinter ich stehe“, sagt Ribbeck. Über den Sommer habe er sich daher genauer damit auseinandergesetzt, wie dieser das Ziel der Klimaneutralität angeht. Tobias Rehrl war bereits in Schorndorf engagiert, wo sich eine entsprechende Gruppe schon vor etwa drei Monaten gebildet hat. Warum soll dieses Vorgehen nicht auch in Backnang funktionieren? Die beiden Männer sind es angegangen. Allerdings war von Anfang an klar: So ein Vorhaben kann nur gelingen, wenn die Mehrheit der Backnanger bereit ist, es mitzutragen. „Wir wollten uns breit aufstellen und haben zum Beispiel alle Fraktionen im Gemeinderat angeschrieben“, erzählt Rehrl. Auch seien diverse Vereine kontaktiert worden. Bertram Ribbeck nimmt Bezug auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaiers Vorschlag eines 20-Punkte-Plans unter dem Titel „Klima schützen und Wirtschaft stärken“. Auch dieser sei partei- und fraktionsübergreifend konzipiert.

Die Initiative sieht sich nicht als Konkurrenz für politische Organe.

Was aber genau strebt die Gruppe an? Der Fahrplan von Germanzero sieht vor, dass die einzelnen Gruppen in ihren Kommunen Bürgerbegehren beziehungsweise einen Bürgerentscheid auf den Weg bringen. Die Frage könnte dann beispielsweise lauten: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Backnang unverzüglich ein Planungsbüro beauftragt, das innerhalb von sechs bis zwölf Monaten einen Klimaaktionsplan zur Klimaneutralität bis 2035 erstellt?“ Es gebe allerdings auch Alternativen zu diesem Vorgehen, sagt Ribbeck. Vorstellbar sei auch ein Bürgerrat, in dem per Los ausgewählte Bürger sich mit Experten austauschen und Handlungsempfehlungen erarbeiten. Dabei ist es ihm wichtig, klarzustellen, dass sich die Initiative nicht als Konkurrenz zum Gemeinderat oder anderen politischen Organen ansieht, sondern diesen vielmehr als Unterstützung zur Seite stehen will. „Es geht uns darum, einen möglichst großen Konsens dafür zu finden, wie wir den Klimawandel angehen wollen“, erklärt Rehrl. Denn nicht alle werden davon profitieren und daher müsse man auch Überlegungen anstellen, wie etwaige Verlierer der städtischen Konzepte zum Klimamanagement aufgefangen werden. Folglich, so Ribbeck, werde es die größte Herausforderung für die Gruppe sein, die Breite der Bevölkerung auf diesem Weg mitzunehmen. Das gelinge nur, wenn man den Diskurs positiv gestalte: „Wir wollen durch wiederholte öffentliche Aktionen die Herzen der Bürger gewinnen.“ Denn die Rahmenbedingungen werden zwar politisch gesetzt, aber „die Veränderungen im Verhalten müssen von jedem von uns kommen“.

Wie die Aktionen der Gruppe aussehen sollen, wird in den kommenden Wochen und Monaten ausgearbeitet. Das erste Online-Treffen war zunächst einmal auf das Kennenlernen ausgelegt. Die Teilnehmer bieten auch Außenstehenden an, sich im Rahmen von Zwei-Personen-Spaziergängen zu den Vorhaben der Gruppe auszutauschen. Allerdings, fügt Rehrl an, geht es in diesem Stadium noch nicht um Maßnahmen, um die Klimabilanz der Stadt zu verbessern. „Einige haben schon ganz konkrete Ideen – ich selbst hätte auch viele“, räumt der energiewirtschaftliche Berater ein. „Aber jetzt sind wir noch an einem Punkt, wo wir uns nicht in inhaltlichen Details verzetteln dürfen.“ Der Input sei dann bei der Erstellung eines Klimakonzepts gefragt. Momentan versuche man, klimarelevante Daten über die Stadt Backnang zusammenzutragen. Hierfür sei auch die Stadtverwaltung schon kontaktiert worden. Nur auf deren Grundlage könne ein Konzept erarbeitet werden. Rehrl regt ebenso an, die Stelle eines Klimaschutzmanagers zu schaffen. „Dafür gibt es Fördergelder vom Bund“, weiß er.

Bezüglich eines Klimaschutzkonzeptes für die Stadt habe es im Gemeinderat schon eine Anfrage gegeben, berichtet Baudezernent Stefan Setzer. Das sei allerdings mitten in der ersten Welle der Coronapandemie gewesen. „Wir sind mit dem Thema befasst, es steht auf unserer Agenda für 2021“, versichert Setzer. Man sei auch schon mit diversen Institutionen im Gespräch, die die Stadt Backnang diesbezüglich beraten sollen. „Unsere Botschaft lautet folglich: Wir sind dran und führen auch gerne Gespräche hierzu“, so der Baudezernent. Partizipation und eine breite Verankerung des Klimaschutzes in der Bevölkerung seien auch ein Anliegen der Stadtverwaltung. Insofern sei man auf dem gleichen Weg wie die Gruppe Klimaentscheid Backnang.

Das nächste Online-Treffen der Gruppe „Klimaentscheid Backnang“ findet am Mittwoch, 25. November, um 19.30 Uhr statt. Interessierte können sich per E-Mail bei Bertram Ribbeck, bertramribbeck@web.de, melden.

Initiative in Schorndorf ist Vorreiter im Kreis

Vor etwa drei Monaten hat sich die Initiative „Klimaentscheid Schorndorf“ gegründet. Sie war die erste derartige Gruppe im Landkreis. Im Oktober luden die Initiatoren zu zwei Infoveranstaltungen mit Vortrag in die Künkelin-Halle ein. Zudem wurden zwölf Ziele und dazugehörende Forderungen vorgestellt.

Um, wie sie sagen, nicht in Konfrontation mit dem Gemeinderat, sondern in Kooperation zu kommen, ist man dort vom ursprünglich beabsichtigten Bürgerbegehren abgerückt und möchte nun einen sogenannten „Einwohnerantrag“ stellen. Für Ersteres hätte man über 2000 Unterschriften gebraucht, beim Einwohnerantrag genügt es, wenn ihn 522 Bürger unterzeichnet haben. Ziel des Antrags ist es, dass Schorndorf klimaneutral wird und dass sich der Gemeinderat mit folgender Forderung der Unterzeichnenden befasst: „Die Stadt Schorndorf erarbeitet einen Klima-Aktionsplan, um bis 2035 die Klimaneutralität von Schorndorf zu erreichen.“ Sollten genug Unterzeichner zusammenkommen und wenn der Gemeinderat der Zulässigkeit des Bürgerentscheids zustimmt, muss er sich innerhalb von drei Monaten nach Eingang mit der Angelegenheit befassen und die Vertrauenspersonen des Einwohnerantrags anhören.

OB Matthias Klopfer äußerte sich bereits dahingehend, dass er das Ziel einer Klimaneutralität in der Daimlerstadt bis 2030 für „völlig utopisch“ halte.

www.klimaentscheid-schorndorf.de/