„Den Gemeinderäten den Spiegel vorhalten“

Kommunalwahl 2019: Die AfD will nun auch die Backnanger Lokalpolitik aufmischen  –  Kreisoberschützenmeister kandidiert

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Bei der Landtagswahl 2016 und der Bundestagswahl 2017 hat die AfD in Backnang jeweils mehr als
15 Prozent der Stimmen geholt, auf lokaler Ebene ist die Partei bisher allerdings kaum in Erscheinung getreten. Das soll sich jetzt ändern: Vor einem Jahr wurde der Ortsverband Backnanger Bucht neu gegründet, nun tritt die Partei mit einer vollständigen Liste mit 26 Kandidaten zur Gemeinderatswahl an.

Insgesamt habe die AfD im Raum Backnang rund 30 Mitglieder, sagt der 28-jährige Spitzenkandidat Steffen Degler. Viele seien aus Angst vor Übergriffen und persönlichen Nachteilen allerdings nicht zu einer Kandidatur bereit gewesen. Um die Liste dennoch voll zu bekommen, habe man sie deshalb mit Familienangehörigen aufgefüllt. Der bekannteste Name steht auf Listenplatz 2: Michael Malcher (59) ist als Kreisoberschützenmeister und Vizepräsident des Sportkreises Rems-Murr in der Region kein Unbekannter.

Durch politisches Engagement sind Degler und Malcher in der Vergangenheit noch nicht aufgefallen. Dafür kennt man beide als fleißige Kommentatoren in den sozialen Netzwerken, vor allem, wenn es um Themen rund um Migration und Flüchtlinge geht. Von Malcher findet man bei Facebook etwa Aussagen wie diese: „Ja, Afrikaner sind per se als kriminell zu betrachten, zumindest der überwiegende Teil derer, die sich hierher nach Deutschland betrogen haben.“

Im Gespräch mit der Presse fallen solche Sätze nicht. Hier betonen Malcher und Degler ihre Weltoffenheit. Seine Schwiegertochter stamme aus der Türkei, sagt Malcher, auch unter den Kandidaten seien mehrere mit Migrationshintergrund. „Auch sie wollen das Deutschland erhalten, in das sie hineingeboren wurden“, erklärt Degler. Auf der Backnanger Liste stünden weder Rassisten noch Rechtsextreme. Michael Malcher, räumt allerdings ein, dass es in seiner Partei „auch ein paar schräge Vögel gibt“.

Mit härteren Strafen gegen Müllsünder

Das Migrationsthema will die AfD im Kommunalwahlkampf eher auf kleiner Flamme kochen. „Was wollen Sie auf kommunaler Ebene an der Flüchtlingspolitik ändern?“, fragt Malcher. Stattdessen will die AfD in Backnang mit Themen wie Sicherheit und Sauberkeit punkten: „Wir wollen die Ortspolizei stärken“, sagt Steffen Degler. Statt Falschparker aufzuschreiben, sollten die Mitarbeiter des Ordnungsamtes lieber häufiger Streife laufen, denn viele Backnanger fühlten sich in ihrer Stadt abends nicht mehr sicher.

Härtere Maßnahmen fordert der AfD-Spitzenkandidat gegen Müllsünder: „Wenn eine weggeworfene Zigarettenkippe 100 Euro kostet, trägt sich die Stelle des Kontrolleurs von selbst.“ Wenn sie in den Gemeinderat gewählt werden, wollen Degler und Malcher die Bürger stärker einbinden, etwa durch regelmäßige Bürgerbefragungen. Außerdem wollen sie auf Sparsamkeit achten: Eine hohe Neuverschuldung lehne man ab, erklärt Degler, einen Neubau der Karl-Euerle-Halle hält er für „überzogen“.

Wie im baden-württembergischen Landtag könnte auch im Backnanger Gemeinderat mit der AfD ein rauerer Ton einziehen. „Wir sind keine Brüllaffen, aber wir werden unsere Standpunkte energisch vertreten“, kündigt Michael Malcher an. Denn die Kandidaten sind davon überzeugt, dass es im jetzigen Gremium „Vetterleswirtschaft“ und keine richtige Opposition gibt. Deshalb wolle man den Gemeinderäten „den Spiegel vorhalten“ und „den Finger in die Wunde legen.“ Die AfD will zudem beantragen, dass Gemeinderatssitzungen künftig live ins Internet übertragen werden, damit sich die Bürger selbst ein Bild davon machen können, wie Entscheidungen im Stadtparlament getroffen werden.

Bei ihren Wahlprognosen sind sich die beiden Spitzenkandidaten uneinig: Michael Malcher rechnet mit 8 bis 10 Prozent, denn das Bürgerforum Backnang (BfB) spreche eine ähnliche Wählerschaft an. Steffen Degler glaubt hingegen, dass wieder 15 Prozent möglich sind. Das BfB sieht er nicht mehr als Konkurrenz, seit es sich mit der FDP zusammengetan hat: „Die haben sich an die FDP verraten.“

Die Kandidaten: Steffen Degler, Michael Malcher, Daniele Cotugno, Jörn Jacobs, Betty Malcher, Peter Winkler, Gerhard Förg, Francesco Cotugno, Alexander Bürkle, Sven Frühauf, Christof Wenz, Hussein Khanafer, Kiriaki Dimitriadou, Uwe Müller, Jennifer Jägle, Brigitte Schirmer, Sergej Bem, Sonja Degler, Michael Gall, Hannelore Förg, Silke Förg, Helen Degler, Robert Dose, Gina Bialas, Joachim Beyer und Patrick Spötta.