Denkzettel für Salvini in der Regierungskrise in Italien

dpa Rom. Matteo Salvini hat seit der Aufkündigung des Regierungsbündnisses in Italien aufs Tempo gedrückt. Doch es hat sich Widerstand dagegen formiert, dass der Vizepremier den Zeitplan auf dem Weg zu einer möglichen Neuwahl diktieren will.

Denkzettel für Salvini in der Regierungskrise in Italien

Matteo Salvini, Innenminister von Italien, während seiner Rede im Senat. Foto: Roberto Monaldo/LaPresse/Zuma Press

Rechtspopulist Matteo Salvini muss im Kampf um die Regierungsmacht in Italien einen Rückschlag hinnehmen. Ministerpräsident Giuseppe Conte wird sich nicht, wie von ihm verlangt, noch diese Woche im Senat einem Misstrauensvotum stellen.

Stattdessen legte der Senat fest, dass Conte am kommenden Dienstag um 15.00 Uhr über die Regierungskrise Bericht erstatten muss. Anschließend könne alles passieren, sagte eine Sprecherin des Senats auf Anfrage.

Eigentlich war erwartet worden, dass es dann ein Misstrauensvotum - wie es von Salvinis Lega eingereicht worden war - gegen den Ministerpräsidenten gibt. Dies geht aus der Agenda aber nicht hervor.

Innenminister Salvini hatte vergangene Woche das Bündnis seiner Partei mit der Fünf-Sterne-Bewegung in die Krise gestürzt. Er pocht auf eine rasche Neuwahl. Die Weichen dafür können aber erst gestellt werden, wenn der Regierungschef seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella einreicht.

Der Antrag seiner Partei, an diesem Mittwoch ein Misstrauensvotum gegen den Premier abzuhalten, fiel im Senat durch. Gegen das Vorpreschen Salvinis in den vergangenen Tagen hatte sich Widerstand formiert. An einem Strang mit den Fünf Sternen zogen nun die Sozialdemokraten und eine Gruppe kleiner Linksparteien.

Wie es jetzt genau weitergeht, ist unklar. „Es gibt keine einfachen politischen Krisen in Italien“, brachte Wolfgango Piccoli von der Denkfabrik Teneo es auf den Punkt. Sicher ist: Der Staatspräsident kommt erst ins Spiel, sobald der Regierungschef zurückgetreten ist. Dann dürfte zunächst sondiert werden, ob es eine alternative Mehrheit im Parlament gibt. Ist das nicht der Fall, löst Mattarella die beiden Parlamentskammern auf - den Senat und das Abgeordnetenhaus. 60 Tage später könnte eine Neuwahl angesetzt werden. So viel Zeit braucht es mindestens, um die Wahl zu organisieren.

Salvini muss sich also in Geduld üben - doch der Lega-Chef lässt jeden Tag aufs Neue wissen, dass er keine Zeit verlieren will. „Erhobenen Hauptes bitten wir die Italiener, uns die Möglichkeit zu geben, dieses Land für fünf Jahre in die Hand zu nehmen“, sagte Salvini im Senat und wurde immer wieder von aufgeregten Zwischenrufen aus dem Plenum unterbrochen.

Seit Tagen demonstriert er Tatendrang: Unlängst erklärte er, dass die Lega schon einen Haushalt für das kommende Jahr entworfen habe. Außerdem arbeitet er daran, die Wahlkampf-Allianz von vergangenem Jahr wiederzubeleben - mit der Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi und den rechtsnationalen Fratelli d'Italia (Brüder Italiens). Nach derzeitigen Umfrageergebnissen hätte Salvini bei einer Wahl mit diesem Bündnis eine satte Mehrheit im Parlament sicher und würde fast alle Wahlkreise im Land gewinnen.

Die Zustimmung zu Salvini ist in den letzten Monaten rasant gestiegen. Ein Votum der Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein von der Lega unterstütztes Bahnprojekt nahm der Parteichef am Donnerstag zum Anlass, die Koalition aufzukündigen.

Am Dienstag war spekuliert worden, dass Salvini die Minister aus der Regierung abziehen könnte, um den Druck auf Regierungschef Conte weiter zu erhöhen. Doch einen solchen Plan dementierte er schließlich. Stattdessen zeigte er sich offen für die von den Fünf Sternen geforderte Verkleinerung des Parlaments, über die die Abgeordnetenkammer noch abstimmen muss. Im Gegenzug verlangte er, dass es danach „sofort zur Wahl“ gehen müsse.

Salvini verdächtigt seine bisherigen Verbündeten, gemeinsame Sache mit den verhassten Sozialdemokraten der PD machen zu wollen, um eine Neuwahl zu verhindern. Der frühere Ministerpräsident und Ex-Chef der PD, Matteo Renzi, spricht sich für eine Übergangsregierung aus, die im Herbst den Haushalt verabschieden müsste und später zu einer Wahl führt. Der heutige Chef der Sozialdemokraten, Nicola Zingaretti, warnte jedoch, dass dies den Rechten in die Hände spielen könnte.