Der ADFC fordert mehr Fahrradboxen

Pendler im Bottwartal nutzen oft hochwertige Drahtesel, um zur S-Bahn zu kommen. Doch diebstahlsichere Boxen sind Mangelware.

Der ADFC fordert mehr Fahrradboxen

Eine Lösung aus einem Guss strebt der Benninger Bürgermeister für Radboxen an, indem er ein neues Parkhaus am S-Bahnhof bauen will. Foto: W. Kuhnle

Von Oliver von Schaewen

MARBACH AM NECKAR. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Marbach am Neckar kritisiert die Verwaltungen der drei S-Bahn-Kommunen Marbach, Benningen und Erdmannhausen. Stein des Anstoßes sind die blauen Fahrradboxen, in denen Pendler ihre hochwertigen Räder sicher abstellen können, wenn sie morgens in die S-Bahn umsteigen. In Marbach gebe es eine lange Warteliste für die bereits vor Jahren installierten 21 Boxen, in Benningen und Erdmannhausen habe man bisher versäumt, solche Behälter überhaupt zu errichten.

Aus Sicht des ADFC sei es „unverständlich“, dass alle drei Verwaltungen dieses Thema nicht weiter forcieren. „Wenn die Mobilitätswende jetzt zu Coronazeiten nicht kommt, wann dann?“, heißt es in dem Pressetext der Marbacher Ortsgruppe, die einen Bedarf an Boxen hauptsächlich an der ausgelasteten Marbacher Anlage festmacht. Dort habe man ein Angebot geschaffen – und darauf hätten Radfahrer bei einer Jahresmiete von 50 Euro immer stärker reagiert. Inzwischen warten nach Angaben der Marbacher Stadtverwaltung 20 Interessenten auf einen freien Platz.

In Marbach sind weitere Fahrradboxen angedacht.

Einer eigenen Umfrage vom März mag der ADFC nicht trauen. Nur eine Handvoll Radler meldete sich – Corona habe alles überlagert, der Fahrrad-Club sei nicht in den sozialen Medien präsent und die Radfahrer seien womöglich verdrossen, weil sie sowieso nicht daran glaubten, dass die Kommunen Geld dafür investierten.

Einer solchen Annahme widerspricht der Marbacher Bürgermeister Jan Trost. „Das Radfahren ist ein wichtiger Teil unseres Mobilitätsmixes“, sagt er und nennt zahlreiche Projekte – von den Halteringen an den Ampeln bis zum neuen Radweg von Kirchberg an der Murr nach Marbach. Dass es nicht mehr Radboxen am Bahnhof gebe, liege daran, dass Marbach sie als eine der ersten Städte errichten ließ und inzwischen die Nachfrage stark angestiegen sei. Auf Antrag der Grünen im Gemeinderat sei ein weiterer Ausbau der Fahrradboxen in diesem Jahr angedacht. „Sinnvoll wäre eine zweite Anlage auf der Nordseite des Bahnhofs, da dort in der Regel das Abfahrtsgleis der S4 Richtung Stuttgart ist“, sagt Trost. Außerdem gebe es dort noch freie Flächen. Entsprechende Haushaltsmittel habe die Stadt bereitgestellt. Die Kommune brauche aber die Zustimmung der Deutschen Bahn als Eigentümerin des Grundstücks. Das Projekt habe die Stadt noch nicht angehen können, weil die Coronapandemie, Einnahmeausfälle und eine starke Inanspruchnahme des Bürger- und Ordnungsamts dem entgegenwirkten: „Es konnten deshalb auch keine Fördermittel beantragt werden.“

Besonders kritisch sieht der ADFC die Situation am Erdmannhauser S-Bahnhof. Die Gemeinde habe es 2012 bei der Sanierung unterlassen, fünf bis zehn Boxen aufzustellen, weil an einer gemeindeinternen Umfrage niemand teilnahm. Stattdessen seien nur sechs Abstellbügel errichtet worden. Erkennt der neue Bürgermeister Marcus Kohler Nachholbedarf? Prinzipiell fände er eine Verwahrmöglichkeit am Bahnhof gut, so Kohler. Es könnte sich in acht Jahren durchaus etwas verändert haben. Der tatsächliche Bedarf sollte aber zunächst durch eine neue Umfrage geklärt werden. Grobe Schätzungen reichten nicht aus. Er lade den ADFC gerne zu einem Gespräch ein, „auf der Grundlage von verlässlichen Nutzerzahlen“.

Ein Gespräch – und keinen Pressetext– hätte sich der Benninger Bürgermeister Klaus Warthon vom ADFC gewünscht. „Ich finde das ein Stück weit traurig.“ In der Sache sei er offen: „Das Radfahren erlebt einen Boom – viele Händler sind ausgekauft.“ Die Räder sollte man sicher unterbringen können. Eine ortsinterne Umfrage bringe aber nichts, denn die meisten Radfahrer kämen aus anderen Wohnorten zur S-Bahn gefahren – das verhalte sich bei den Autos im Benninger Parkhaus ähnlich. Warthon strebt wegen des Platzmangels und der Baufälligkeit des Parkhauses eine Lösung aus einem Guss an. „Die Fahrradboxen könnten in einem neuen Parkhaus integriert werden.“ Das Gebäude weise große Mängel auf, sodass er am liebsten einen Neubau für 2,8 Millionen Euro verwirklichen würde – entsprechende Pläne habe die Gemeinde seit zwei bis drei Jahren in den Schubladen. „Es ist in den Auffahrten kein Begegnungsverkehr möglich“, berichtet der Bürgermeister. Schräg angelegte Parkplätze provozierten Schäden durch aufklappende Autotüren, die gegen Nachbarfahrzeuge prallten. Dass der Weg zu einem Neubau – auch wegen Verhandlungen mit der Deutschen Bahn als Immobilieninhaberin – weit ist, erkennt auch Klaus Warthon. Vorher jedoch Geld für Fahrradboxen am Bahnhof ausgeben möchte er nicht.