Der ausgefallene Winter und die Folgen

Trocken-heißer Sommer, milder Winter: Wie der Klimawandel sich auf dem Welzheimer Wald auswirkt

Einst waren die Winter auf dem Welzheimer Wald hart, lang und schneereich. Die letzten Monate waren hingegen mild, schneearm und vergleichsweise trocken und der Rekordsommer zuvor trocken-heiß. Das hat Auswirkungen auf Wintersport, Wald und Landwirtschaft. Eine Spurensuche.

Der ausgefallene Winter und die Folgen

Ein seltener Anblick in diesem Winter: Schnee am Ebnisee, hier in einer Aufnahme Anfang Januar. Foto: R. Stütz

Von Matthias Ellwanger

WELZHEIM/KAISERSBACH. Seit 1969 betreibt Werner Brennenstuhl in Kaisersbach einen Skilift. Immer im Winter, wenn seine Sommerrodelbahn schließt, baut er den Lift am Nordhang auf. In früheren Jahrzehnten war das ein durchaus einträgliches Geschäft. Und Anfang März Schneehöhen von 60 bis 80 Zentimetern keine Seltenheit. Doch seit etwa zehn Jahren werden die Bedingungen immer schlechter. In dieser Saison waren sie besonders, ja sogar dramatisch schlecht. Gerade mal an drei Wochenenden konnte der Lift in den Betrieb gehen. Und dass in diesem Winter noch einmal Ski gefahren wird in Kaisersbach, glaubt Brennenstuhl nicht.

Skiliftbetrieb in Kaisersbach

steht vor dem Aus

Der 79-Jährige, der die Leitung der Rodelbahn und des Skilifts an seinen Sohn Uwe übergeben hat, sieht im Grunde keine Zukunft mehr für den Skibetrieb im Welzheimer Wald. Unter solchen Bedingungen sei es unmöglich, kostendeckend zu arbeiten. Der Lift muss jedes Jahr neu aufgebaut werden, der Tüv kommen, um ihn abzunehmen und es ist eine nicht gerade geringe Versicherungssumme fällig. Mit drei Wochenenden holt der Familienbetrieb nicht einmal diese Kosten herein. „Seit fünf Jahren arbeiten wir im Minus“, sagt Brennenstuhl. Angesichts des Klimawandels und seiner Folgen für den Welzheimer Wald geht er davon aus, dass der Skibetrieb in absehbarer Zeit eingestellt werden muss. Vielleicht sogar schon in diesem Jahr.

Zum Glück hat die Familie noch das andere Standbein, die Rodelbahn. Doch auch hier machte ihnen das Wetter im vergangenen Jahr einen gehörigen Strich durch die Rechnung. „Der Sommer war okay“, sagt Brennenstuhl, „aber viel zu heiß.“ Bei 37 Grad im Schatten gingen die Leute lieber baden, anstatt zu rodeln. Erst der trocken-heiße Sommer und dann der milde Winter: Die Bedingungen waren zuletzt nicht gerade ideal für den Betrieb, der stark von der jeweiligen Wetterlage abhängig ist.

Aufgeben wollen aber weder er noch sein Sohn. Vielleicht haben sie ja doch noch Glück und es schneit, bevor der Frühling beginnt. „Wir lassen uns mal überraschen“. Spätestens an Karfreitag wird der Lift dann aber wieder abgebaut sein und die Sommerrodelbahn in Betrieb gehen.

Ähnlich wie den Kaisersbachern geht es auch der Arbeitsgemeinschaft Loipe in Welzheim. „Dieser Winter war gar nichts“, sagt Paul Döz. Er gehört zur achtköpfigen AG, die sich ehrenamtlich um die Ausschilderung kümmert, den Maschinenpark pflegt und spurt. Während der Lift immerhin drei Wochenenden im Einsatz war, wurden die Loipen in diesem Winter nur ein einziges Mal im Testbetrieb um den Aichstrutsee gespurt. Doch Langlauf konnte dort nicht wirklich betrieben werden. Der Boden war, bevor es schneite, noch feucht vom Regen. Und für einen ordentlichen Betrieb wäre eigentlich Bodenfrost notwendig. Schon im Winter davor war Langlauf auf dem Welzheimer Wald kaum möglich. Der letzte ordentliche Schnee ist nun bereits drei Jahre her. „Wir können nur hoffen, dass es bald wieder schneit“, sagt Döz, der sich um die Zukunft der Loipen durchaus Sorgen macht.

Zukunft der Nadelbäume im Welzheimer Wald ist in Gefahr

Selbst das Schlittschuhfahren fiel in diesem milden Winter quasi aus. Zwar war die Natureisbahn am Aichstrutsee zeitweise gefroren, doch zum Fahren viel zu flach. Durch den trocken-heißen Sommer hatte sie zu wenig Wasserzulauf erhalten. Mit Problemen ganz anderer Art hat es Andreas Kitschmer im Moment zu tun. Viel Schad- und Käferholz fällt in seinem rund 1000 Hektar großen Revier rund um den Ebnisee an. Schuld daran ist der Sommer 2018. Vor allem Tannen und Fichten leiden deshalb unter Trockenstress. Dadurch haben Schädlinge wie der Borkenkäfer oder der Tannenrüsselkäfer leichtes Spiel. Viele Nadelbäume sind dürr und müssen gefällt werden. Nun hätte ein verschneiter Winter den Bäumen sicher gutgetan. Doch einen solchen gab es nicht. Und selbst der andauernde Regen zwischen den Jahren konnte die Defizite nicht ausgleichen. Nach wie vor sind die Wasserspeicher nicht voll. Und die letzten drei bis vier Wochen war es wieder viel zu trocken.

Dabei wäre ein Winter ohne eisige Temperaturen gar nicht das Problem. Zumindest was das Borkenkäferproblem anbelangt: Der Schädling mag es nicht, wenn das Wetter um den Gefrierpunkt schwankt, es also immer wieder taut und gefriert, kommt mit längeren Frostperioden aber gut zurecht. Viel schlimmer sind lang anhaltende Hitze und Trockenheit, was der Borkenkäfer mag, weil er sich dann leichter und schneller vermehren kann. Der Revierförster blickt deshalb mit einer gewissen Skepsis in die Zukunft, zumindest für den Fall, dass sich der Klimawandel so fortschreiben sollte: „Wenn das so weitergeht, haben wir im Welzheimer Wald in 50 bis 100 Jahren nur noch Laubwald“, befürchtet Kitschmer. Auch Peter Linckh aus Alfdorf-Enderbach hat die Auswirkungen des Klimawandels in seinem landwirtschaftlichen Betrieb deutlich gespürt. Im Wald fiel diesen Winter viel Käfer- und Schadholz an. Vor allem um die Fichten sorgt er sich, zumal sie die „Brotbäume“ für die Forstwirte im Welzheimer Wald sind. Als Flachwurzler hatten diese unter der Trockenheit besonders zu leiden. Weniger schlimm waren indes die Auswirkungen im landwirtschaftlichen Bereich. Bei Getreide, Körnerraps, Kartoffeln und Zwiebeln habe er trotz Trockenheit fast eine ordentliche Ernte erwirtschaftet. Was aber nur möglich gewesen sei, weil er die Felder künstlich gewässert habe.

Insgesamt, so Linckh, sei der Welzheimer Wald 2018 aber vergleichsweise glimpflich davongekommen. Es habe ja, trotz allem, ab und an geregnet. Der Enderbacher kennt Landwirte in anderen Bundesländern, die Ernteausfälle von bis zu 70 Prozent zu verzeichnen hatten. Weniger gut erging es aber den viehhaltenden Futterbaubetrieben. Die hätten wegen der Trockenheit ein- bis zweimal weniger ernten und daher zu wenig Silage und Heu machen können. Der Sicherheitspuffer beim Futter sei bei vielen bedenklich geschrumpft. Eines sei deshalb sicher: „Da darf nicht noch mal so ein Sommer kommen.“