Was geschah am . . . 20. Mai 1927?

Der Entdecker Sven Hedin bricht zu seiner vierten Asien-Expedition aus

Eine chinesisch-schwedische Expedition Expedition bricht unter Leitung des Forschungsreisenden Sven Hedin von Peking nach Westen auf. Ziel sind die Mongolei und Wüste Gobi.

Der Entdecker Sven Hedin bricht zu seiner vierten Asien-Expedition aus

Sven Hedin war der erste Europäer, der in den Jahren 1905 bis 1908 in die tibetische Kailash-Region gelangte, zum heiligen See Manasarovar und zum heiligen Berg Kailash, dem Mittelpunkt der Welt nach der buddhistischen und hinduistischen Mythologie.

Von Markus Brauer/dpa

Keiner der Asienforscher wurde in der Welt berühmter als Sven Hedin. Auf vier Entdeckungsfahrten tilgte der am 19. Februar 1865 geborene Schwede die weißen Flecke unerforschter Gebiete auf der Landkarte Innerasiens. Im Wüstensand versunkene Ruinenstädte entriss er der Vergangenheit.

Er erforschte den Pamir, durchzog die Wüste Gobi und spürte das Quellgebiet des Indus und des Brahmaputras auf. Er widerstand der flimmernden Hitze der Sandstürme wie der eisigen Kälte des Transhimalaya, einem Gebirgszug, der später seinen Namen trug. Bei dem Versuch, als Pilger verkleidet in die „verbotene Stadt“ Lhasa vorzudringen, dem Sitz des Dalai Lama, scheiterte er.

65 Bücher in 22 Sprachen übersetzt

Hedin war begabt mit schöpferischer Fantasie, erzählerischer Kraft und zeichnerischem Talent. Seine Erfahrungen legte er in 65 Büchern – wissenschaftliche Werke und populäre Erzählungen – nieder, die in 22 Sprachen übersetzt wurden. Der literarische Nachlass des 1952 gestorbenen Entdeckungsreisenden wird im Sven-Hedin-Archiv in Stockholm, seine Zeichnungen und Fotos, vor allem aber seine umfassende Materialsammlung von seinen Expeditionen, im Ethnografischen Museum verwahrt.

Die umjubelte Heimkehr des schwedischen Polarforschers Adolf Erik Nordenskjöld am 24. April 1880 auf der „Vega“ nach der Entdeckung der Nordost-Passage wurde zum Schlüsselerlebnis des damals 15-jährigen Gymnasiasten Hedin. Seit diesem Tag in Stockholm stand für ihn, den Sohn eines Stadtarchitekten, fest, er wollte ebenso auf Entdeckungsreisen gehen und wie Nordenskjöld empfangen werden.

Politische Nähe zur NS-Diktatur

Sein Jugendtraum erfüllte sich. Seine waghalsigen Expeditionen trugen ihm Weltruhm ein. Auch wenn ihm seine Stellungnahmen zugunsten Deutschlands während der beiden Weltkriege Feindschaft einbrachten. Nach seinem Tod zeigte sich jedoch, dass der Vorwurf mangelnden politischen Urteilsvermögens und der Nähe zur NS-Diktatur die Achtung der Mitwelt vor seinen schöpferischen Leistungen nicht hatte mindern können.

Kaiser und Könige begegneten ihm auf seinem langen Weg. Präsidenten, Dichter, Nobelpreisträger wie Fritjof Nansen und Selma Lagerlöf und Diplomaten waren seine Freunde. Seine Lehrer an den Hochschulen förderten ihn. 1902 wurde Hedin in den Adelsstand erhoben. In vielen Ländern der Welt erhielt er akademische Würden, und er wurde ausgezeichnet mit dem Gold zahlreicher wissenschaftlicher Institute.

Sitzenbleiber in der zweiten Schulklasse

Als zweitem von sieben Kindern galt Hedins Interesse während der Schulzeit mehr dem Zeichnen. So blieb er in der zweiten Klasse sitzen. Auch sein Reifezeugnis war eher mittelmäßig. Aber bereits als 20-Jähriger reiste Hedin durch den Kaukasus, durch Persien und Mesopotamien.

Der junge Abenteurer schrieb sein erstes Buch über seine Erlebnisse im Land der „Märchen aus tausend und einer Nacht“. An das Persien-Buch Hedins erinnerte man sich, als der schwedische König Oskar II. dem Schah von Persien den Seraphim-Orden überreichen lassen wollte und zu diesem Zweck einen Dolmetscher brauchte. Die Wahl war dabei auf Hedin gefallen.

Dieser nutzte die Zeit bis zur Abreise für Studien bei dem berühmten Erdkundler und Asienforscher Professor Ferdinand Freiherr von Richthofen in Berlin. Während der kurzen Reise als schwedischer Vizekonsul und Dolmetscher nach Teheran bestieg der 25-Jährige Persiens höchsten Berg, den Demavend, der auch 1892 zum Thema seiner Doktorarbeit werden sollte.

Vier Expedition ins unbekannte Asien

Zwischen 1893 und 1935 unternahm Hedin noch vier Expeditionen auf zum größten Teil unbekannten Wegen in das Innere Zentralasiens. Er befuhr den 2000 Kilometer langen Tamir, entdeckte den „Wandersee“ Lop-nor und die verwehte Ruinenstadt Loulan. Mit einer List gelangte er in das Fremden verschlossene Tibet, das „Dach der Welt“, obwohl ihn die Briten daran hindern wollten.

Achtmal überschritt er das gewaltige unbekannte Gebirgsmassiv, dem er den Namen „Transhimalaya“ gab. Über Japan, Korea und die Mandschurei kehrte er von seiner dritten Expedition 1909 in die schwedische Hauptstadt zurück.

Unterwegs mit der „wandernden Universität“

Seine letzte Entdeckungsreise begann 1926. Zunächst erkundete Hedin im Auftrag der Deutschen Lufthansa die Flugmöglichkeiten nach Fernost, ehe er die „wandernde Universität“ leitete, eine internationale Forschergruppe auf einer Expedition in die Wüste Gobi und nach Chinesisch Turkestan.

Für die Pekinger Regierung prüfte der damals bereits 61-Jährige die Trassenführung zweier Straßen nach Sinkiang, bevor er 1935 wieder die Heimreise antrat. Dort schrieb er bis zuletzt an seinen Erinnerungen. Er glaubte sein Ziel erreicht, die „weißen Flecken auf der Landkarte Zentralasiens“ beseitigt zu haben.

Hedin starb im Alter von fast 88 Jahren. In der Adolf-Fredriks-Kirche in Stockholm wurde im Jahr 1959 ein Stein enthüllt mit der Inschrift: „Asiens unbekannte Weiten waren seine Welt – Schweden blieb sein Zuhause.“