Der Ex-Freundin nachgestellt

Konstruktionsmechaniker verwand nicht das Ende seiner Liebe - Verfahren vor dem Amtsgericht eingestellt

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Und das so kurz vor Weihnachten. Dem Fest der Liebe. Vor dem Amtsgericht hat sich ein Konstruktionsmechaniker zu verantworten. Seine Liebe ging zu Ende. Er aber hatte Mühe, das anzunehmen. Weil er immer wieder bat und bettelte, ging seine Ex-Freundin schließlich zur Polizei. Jetzt musste er vor dem Amtsrichter wegen seiner Nachstellungen Rede und Antwort stehen.

Gut drei Jahre währte die Beziehung des Angeklagten mit einer 26-jährigen Auszubildenden. Sie haben sich geliebt. Als sie dann schwanger wurde, hat das, so gibt die Betroffene an, etwas mit ihrer Beziehung gemacht. Sie konnte sich ihn nicht als Vater vorstellen, hatte Zweifel an einer gemeinsamen Zukunft. Seine „Bettelhaltung“, wie sie’s nennt, missfiel ihr. Sie ließ das Kind abtreiben. Eine Beziehungs-Achterbahn-Fahrt begann. Eine On-Off-Beziehung nennt es der Angeklagte. Mal waren sie zusammen, dann wieder auseinander. Wenn sie getrennt waren, nahm sie das offenbar ernster. Der 28-Jährige konnte sich weniger damit abfinden. So schrieb er ihr. Mails. Oder WhatsApp-Nachrichten übers Handy. Oder er rief an. Zwischenzeitlich änderte sie ihre Telefonnummer. Aber bei anderer Gelegenheit verriet sie ihm die wieder. Er erschien vor ihrem Haus, klingelte endlos. Daraufhin stellte sie die Türglocke ab. So klopfte er eben. Am Küchenfenster. Aus einer anderen Beziehung hat sie eine Tochter. Mit dieser verstand er sich gut. Und die Tochter fragte nach ihm. So wurde die junge Mutter weich und ließ ihn wieder rein. Oder die Hunde. Er hat einen Großen, sie einen Kleinen. Als sie in den Urlaub fliegen wollte und den Hund nicht mitnehmen konnte, bat sie ihn, auf ihn aufzupassen. Und händigte ihm bei dieser Gelegenheit die Schlüssel zu ihrer Wohnung aus. Später waren sie beide wieder „off“. Er habe gute Charaktereigenschaften, sagt die junge Frau. Aber oft habe er versagt. Was da genau gewesen ist, sagt die Betroffene nicht. Aus einer kurzen Bemerkung muss man schließen, dass er’s mitunter nicht so genau mit der Wahrheit nahm. Sein Vorstelligwerden an ihrer Tür spielt der 28-Jährige herunter. Er habe noch Dinge holen wollen. Oder nur reden wollen. Ja, er habe in Mails und über WhatsApp auch Böses geschrieben. Aber dann habe sie ihn wieder bei der Arbeit abgeholt. Wenn sie ihn in der Folgezeit erneut abwies, sprach er davon, sich umzubringen. Daraufhin fühlte sie sich für ihn verantwortlich, wollte nicht, dass es ihm schlecht ginge, ließ ihn wieder in ihre Wohnung.

Der Richter bittet die Beteiligten zum Augenschein. Gemeinsam sehen Staatsanwältin, Angeklagter und dessen Verteidiger Listen von Anrufen an. Von Whats-
App-Nachrichten. Von Mails. Er ließ da nicht locker und schrieb ihr. Mehrmals am Tag. Im September dieses Jahres wollte sie endgültig nicht mehr. Es ging ihr, wie sie sagt, darum, sich selbst zu schützen. Bei der Polizei erstattete sie Anzeige und stellte einen Gewaltschutzantrag. Daraufhin bekam er einen Strafbefehl. Weil er diesem mithilfe seines Rechtsanwalts widersprach, begegnet man sich nun vor dem Amtsgericht. Durchaus bewegt sagt die Betroffene aus. Als der Richter sie dann entlässt, hat sie’s eilig und bricht noch an der Tür in lautes Schluchzen aus. Auch ihm ging’s nahe. Seine feuchten Augen sind das Zeichen.

Weil seit dem Gewaltschutzantrag von ihr nichts mehr war, bringt der Richter die Einstellung des Verfahrens ins Gespräch. Der Rechtsanwalt bespricht sich kurz mit seinem Mandanten. Die Staatsanwältin zögert: Es dürfe in der Sache nichts mehr vorkommen. Sonst würde sie höchstpersönlich die Sache weiterverfolgen. Der Angeklagte nickt. Er hat verstanden. Der Richter diktiert die Einstellung des Verfahrens.