Der Filmplakate-Macher

Von Star Wars bis James Bond: Siegfried Groß (81) aus Kleinheppach hat rund 200 Kinofilmplakate gestaltet

Grafiker und Illustrator Siegfried Groß hat zwischen den 60er- und 70er-Jahren rund 200 Kinofilmplakate gestaltet. Seine Werke warben für große Hollywoodfilme und deutsche Produktionen, er lernte Filmstars und Regisseure kennen. Nun stellt er in der Alten Kelter aus.

Der Filmplakate-Macher

Siegfried Groß stellt in der Alten Kelter in Korb Filmplakate aus, die er über drei Jahrzehnte hinweg gestaltet hat. Foto: Habermann

Von Sebastian Striebich

KORB. Mitte der 70er-Jahre, bei den Filmfestspielen in Berlin, hat Siegfried Groß so mancher Berühmtheit die Hand geschüttelt. Schauspieler Walter Gross habe ihn damals für einen Regisseur gehalten, erzählt der heute 81-Jährige und lacht: „Ich hab ihm nicht verraten, dass ich nur die Filmplakate mache.“

Ein andermal luchste der Grafiker dem italienischen Skandalregisseur Pier Paolo Pasolini eine Unterschrift ab. Der dachte, er habe einem Fan ein Autogramm gegeben. Doch die Signatur fand sich kurz darauf in Übergröße auf den anzüglichen Plakaten für Pasolinis letzten Film „Die 120 Tage von Sodom“ wieder. Lange hing die Werbung mit den nackten Frauen allerdings nicht: Der Streifen wurde in Deutschland nach wenigen Tagen wegen seiner expliziten Sex- und Gewaltdarstellungen verboten – und Pasolini noch im selben Jahr ermordet.

Vergangenen Samstag wurde in der Alten Kelter in Kleinheppach die Ausstellung „Siegfried Groß – Filmplakate von 1964 bis 1991“ eröffnet. Der Kleinheppacher hat über Jahrzehnte hinweg rund 200 Filmplakate entworfen: von Star Wars bis James Bond, von Rocky bis zum rosaroten Panther, vom Dschungelbuch bis Schneewittchen. Siegfried Groß wirkte in einer Zeit, lange bevor Computerprogramme wie Photoshop die Arbeit digitalisierten – und deutlich vereinfachten. Er malte mit Ölfarbe und Kreide, zeichnete, illustrierte, klebte und schnitt, setzte Hollywoodstars und deutsche Sternchen in Szene.

Sein Chef beim Stuttgarter Werbeatelier Degen sei noch mit den Plakatentwürfen im Kofferraum zu den Kunden gefahren, zu großen Filmverleihfirmen in Frankfurt, erinnert sich Groß, „heute schickt man halt ein PDF.“ Groß’ Plakate hingen zwischen Mitte der 60er- und Anfang der 90er-Jahre an den Litfasssäulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, seine Aufsteller machten vor Kinosälen Lust aufs Filmeschauen. Siegfried Groß kam 1938 in Stuttgart zur Welt, ließ sich in jungen Jahren zum Maler und Lackierer ausbilden. Schon damals bahnte sich seine Kreativität ihren Weg: „Wenn’s mir möglich war, habe ich vor dem Tapezieren noch schnell was an die Wand gezeichnet. Das war einfach in mir drin“, sagt der 81-Jährige.

Groß arbeitete im Messebau, dann als Siebdrucker. Schließlich rang er sich doch zu einem Kunststudium durch, lernte drei Semester lang an der Freien Kunstschule Stuttgart, lernte nebenher Mode- und freies Zeichnen. Anfang der 60er-Jahre landete er über einen Bekannten beim Werbeatelier Degen in Stuttgart. Sein erster Job: die Gestaltung eines Bauzauns. Sein erstes Filmplakat: Die Göttinnen der Liebe (1964) – ein Zusammenschnitt aus Filmsexszenen, FSK 18. Die großen Blockbuster folgten erst später.

Nach London für einen Star-Wars-Film

Seine Stärke sei es gewesen, nicht nur einen Stil zu beherrschen. Ob Horror, Science-Fiction, Komödie oder Trickfilm – der Kleinheppacher lieferte Plakate für alle Genres. Im Atelier wurde er zum Chefgrafiker, besuchte große Veranstaltungen und flog sogar einmal nach London, um sich einen Star-Wars-Film vorab anzuschauen, den er illustrieren sollte.

Ende der 60er-Jahre zog er nach Kleinheppach, Mitte der 70er machte er sich mit einem weiteren Grafikdesigner selbstständig und gründete Ende der 80er-Jahre sein Studio Groß Art für Illustration und Grafik. Sein Geld verdiente er in den letzten Jahren seiner beruflichen Laufbahn nicht mehr mit Filmplakaten, sondern mit Auftragsarbeiten für einen US-amerikanischen Software-Hersteller.

Die Liebe zur Kunst und insbesondere zu kunstvoll gestalteten Filmplakaten hat sich der 81-Jährige erhalten. Rund 1000 Plakate umfasst seine Sammlung. In seiner Wohnung in Kleinheppach lagern lichtgeschützt die Originale alter Aufträge. An den Wänden hängen eigene Kunstwerke: Noch immer ist Groß am Zeichnen, Pinseln, Illustrieren. Und mittlerweile sitzt der 81-Jährige dafür auch mal am Computer.