Der Funke fliegt

Die Katholische Kinderstiftung Rems-Murr hat zu einer beseelten Gründungsfeier in den Waiblinger Antoniussaal geladen

Der Funke fliegt

Vertreter der Caritas, des katholischen Dekanats und von 25 Kirchengemeinden feiern die Gründung ihrer Kinderstiftung. Foto: A. Palmizi

Von Peter Schwarz

WAIBLINGEN. Lebensfroh, witzig, ermutigend: Wenn die katholische Kinderstiftung Funke so fulminant arbeitet, wie am Dienstagabend im Waiblinger Antoniussaal die Gründungsfeier gelungen ist, dann darf sich der Rems-Murr-Kreis auf ein neues soziales Glanzlicht freuen.

Was macht glücklich? „Wenn meine Eltern bei mir sind.“ – „Keine Schule!“ – „Wenn andere Kinder über Sachen lachen, wo ich auch drüber lachen muss.“ – „Ein cooles T-Shirt.“ – „Wenn ich nicht alleine bin.“ „Jetzt red ich!“ Unter diesem Motto haben sich Kinder aus dem katholischen Kindergarten Sankt Markus in Schorndorf und aus der Stauferschule in Waiblingen vor die Kamera gesetzt und unverstellt erzählt – der dabei entstandene Kurzfilm ist der emotionale Glutkern dieser Gründungsfeier.

Solche Festakte können zäh sein: nicht enden wollende Grußworte, zum Gähnen. Dieser Abend ist anders, das fängt schon bei den Stühlen an. Nicht in Reih und Glied stehen sie, sondern bunt durcheinander. Moderator Uli Häufele, Geschäftsführer des katholischen Dekanats Rems-Murr, eilt mit Mikrofon von Stehtisch zu Stehtisch, holt Kurz-Statements von Kuratoriumsmitgliedern und Würdenträgern ein, dazwischen spielt die Band 2R2B Soulkracher. Was ist dein größter Traum? „Fußballer sein und einen Pokal kriegen.“ – „Ich würde gerne Kindern sehr viele Sachen geben zum Essen oder zum Spielen, dass die auch fröhlich sind.“ – „Bessere Noten schreiben, zum Beispiel Zwei bis Drei oder so.“ – „Dass meine Eltern sehr lange leben.“

Anja Keller, die Geschäftsführerin der neuen Stiftung, lässt alle Gäste unter ihre Stühle greifen. Unten an den Sitzflächen kleben Glückskekse – jeder fünfte Stuhl aber ist unbestückt. Wer so einen erwischt hat, muss aufstehen. Jedes fünfte Kind in Baden-Württemberg ist armutsgefährdet. „Das ist ein sozialpolitischer Skandal, den wir so nicht hinnehmen wollen“, sagt Oliver Merkelbach, Direktor des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Und Uli Häufele: Wenn’s Stiftungen gibt, die helfen müssen, „stimmt was nicht.“ Aber Nichtstun ist auch keine Alternative, also haben Caritas, Dekanat und 25 Kirchengemeinden im Kreis 130 000 Euro Stiftungs-Startkapital aufgebracht: Nachhilfe, Musikunterricht, Freizeitenzuschüsse und vieles mehr lässt sich so finanzieren.

Was ist ungerecht? „Wenn man einen nach dem Aussehen bewertet.“ – „Wenn Eltern manchmal gar nicht zuhören.“ – „Dass jemand beleidigt wird wegen seiner Hautfarbe.“ – „Zu sehen, wenn Menschen leiden.“ Es geht nicht um Almosen. Es geht, sagt Hendrik Rook, Leiter der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz, um „Entwicklungsmöglichkeiten“: Dass Kinder, auch wenn in den Familien Geldmangel herrscht, ihre Talente entdecken und ausleben können. Und nun: Bühne frei für sieben Kinder aus einer Waiblinger Asylunterkunft. In einem Kunstprojekt haben sie Lieblingstiere geformt, Wesen, die stark machen. Und siehe, sie schufen keine Löwen und Tiger, sondern Katzen und Hasen; Kinder macht stark, was sich streicheln lässt und Wärme gibt.

Was willst du mal werden? „Polizistin.“ – „Bei der Diakonie will ich arbeiten.“ – „Polizist.“ – „Ingenieur und eine Achterbahn bauen.“ – „Polizistin.“ Spenden gehen auch ein: Die Rotarier Stuttgart-Remstal geben 3000 Euro, und der Backnanger Wolfgang Vogt hat sich zum 80. Geburtstag von den Gästen keine Geschenke gewünscht, sondern Geld für den guten Zweck; 3150 Euro.

Letzte Klippe: Unterzeichnung der Satzungen. Rund dreißig Leute müssen in dreifacher Ausfertigung ihren Servus kritzeln. Doch sogar der Papierkram swingt: Zur Begleitung schwelgt die Band durch „Sunny“ und „Wonderful Tonight“. Über die Musik hinweg, ruft Häufele ins Mikro: „Zwanzigster Elfter Zweitausendachtzehn, neunzehn Uhr zweiunddreißig, die Stiftung Funke ist gegründet!“ Schlussakkord, Ovationen, Wunderkerzen. Was soll keinem Kind fehlen? „Eine gute Familie, Essen, Trinken und Spaß.“ – „Glücklichkeit. Und ein bisschen Traurigkeit gehört auch zum Leben. Aber nicht zu viel Traurigkeit.“