„Der Kontakt nach Aspach bleibt sicher“

Das Interview: Hauptamtsleiter Rolf Kirschbaum verabschiedet sich nach 42 Jahren im Rathaus in den Ruhestand

Rolf Kirschbaum war 25 Jahre alt, als er in der Verwaltung der Gemeinde Aspach als Hauptamtsleiter anfing. Am 31. März geht er in den Ruhestand. Im Interview lässt er die 42 Jahre im Dienst der Gemeinde Revue passieren, erinnert sich an viele Anekdoten und erzählt unter anderem, wie er einen Imbiss im Gebäude des Rathauses verhindert hat.

„Der Kontakt nach Aspach bleibt sicher“

42 Jahre hat Rolf Kirschbaum im Aspacher Rathaus gearbeitet. In dieser Zeit hat er mehr als 600 Paare getraut und an 1260 Gemeinderatssitzungen teilgenommen. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

Können Sie sich noch erinnern, wie es war, als Sie in Aspach angefangen haben? Sind Sie sofort als Hauptamtsleiter eingestiegen?

Ja, bin ich. Und zwar im Herbst 1978. Ich war 25 Jahre alt und Diplom-Verwaltungswirt FH, so hieß das damals. Die Sitzungen des Gemeinderats haben im Feuerwehrgerätehaus in Großaspach, die Ausschusssitzungen immer abwechselnd in den ehemaligen Rathäusern in Allmersbach am Weinberg, Kleinaspach und in Rietenau stattgefunden. Wo jetzt das neue Rathaus steht, war damals noch ein ehemaliges Wohnstallhaus, das nach dem Gemeindezusammenschluss, neben dem alten Rathaus vis-à-vis, als Verwaltungsgebäude genutzt worden ist. Wie ist es, wenn man mit 25 Jahren eine so wichtige Position innehat?

Ich habe mich in das umfangreiche Aufgabengebiet schnell eingearbeitet und rasch Fuß gefasst. Von Anfang an konnte und durfte ich bei der Entwicklung der Gemeinde und der Verwaltung organisatorisch und konzeptionell mitwirken. Auch mit Bürgermeister und Gemeinderat sowie den Kollegen habe ich gut und konstruktiv zusammengearbeitet. Außerdem habe ich immer versucht, für die Anliegen aller Mitarbeiter ein offenes Ohr zu haben. Wir hatten damals viel zu tun, aber waren auch jung, dynamisch und zupackend.

Was war in Ihrer Zeit die wichtigste Herausforderung in der Gemeinde?

Im Oktober 1978 hatte die Gemeinde 6382 Einwohner. In den 90er-Jahren, also zwölf Jahre später, haben wir die 8000er-Grenze überschritten, das war eine recht stürmische Aufwärtsentwicklung. In allen Ortsteilen wurden Baugebiete ausgewiesen. Die ersten 13 Jahre war ich neben dem Haupt- und Personalamt auch für die Flächennutzungs- und Bauleitplanung zuständig. Es wurde viel erschlossen und gebaut – was heutzutage aufgrund der Anforderungen an Umwelt- und Naturschutz langsamer geht als damals und viel mehr Aufwand verursacht. Auch öffentliche Einrichtungen, Kindergärten, Schulen, Hallen, Jugendtreff, Feuerwehrgebäude mussten gebaut oder erweitert werden.

Welche Erinnerungen sind die schönsten?

Da gibt es natürlich viele. Zum Beispiel meine Arbeit als Standesbeamter. Ich habe über 600 Trauungen übernommen, da hat es immer mal lustige und auch überraschende Momente gegeben. Und es war mir immer eine besondere Freude, glückliche Paare beim Jawort in die Ehe zu begleiten. Grundsätzlich hat es laufend schöne, interessante Pläne und Projekte gegeben, die umgesetzt werden mussten, beispielsweise das neue Rathaus. Das war schon im Gespräch, als ich angefangen habe. Das alte Gebäude war ja ein Provisorium. Da durfte ich die Planung und den städtebaulichen Wettbewerb, die technische Ausstattung, Raumplanung und Belegung begleiten. Das ist ja ein ziemlich großes Projekt gewesen.

Gibt es spontan eine Anekdote, die Ihnen dazu einfällt und die noch nicht jeder kennt?

Man wollte ein bisschen Geld verdienen im neuen Rathaus. Im Untergeschoss, dort, wo jetzt die Bücherei ist, sollten Räume gewerblich genutzt und vermietet werden. Da hat sich dann jemand dafür interessiert, der dort einen Imbiss betreiben wollte. Das wäre natürlich mal was ganz anderes gewesen. In der Zeit war ich mit meiner Frau dann einmal in Stuttgart einkaufen und hab in einem Geschäft neue Kleidung anprobiert, und dort war das Fenster offen. Unter dem Bekleidungsgeschäft war ein Imbiss. Und meine Frau hat dann gesagt: „Riech mal, so riecht es später bei dir im Büro.“ Ich bin dann am Montag direkt zum Bürgermeister gegangen und habe gesagt, dass das mit dem Imbiss keine gute Option ist. Also haben wir die Räume, nach ausgiebiger Erörterung mit dem Gemeinderat, für die Bücherei hergerichtet. Das war eigentlich auch nur als Übergangslösung gedacht. Aber zumindest hat es uns den Imbiss im Rathaus erspart.

Wie haben Sie Konflikte gelöst?

Ich bin jetzt nicht derjenige, der ständig mit dem Gesetzbuch unterm Arm herumläuft. Zuerst habe ich versucht, im Gespräch miteinander die Dinge zu klären und zu regeln. Wenn das alles nichts nutzt, muss man natürlich das Gesetz zurate ziehen. Grundvoraussetzung ist dafür, dass man die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen beherrscht und sich auskennt, zum Beispiel wenn sich Bürger auf dem Rathaus beschweren. Da gab es zwar manchmal auch keine befriedigende Lösung, aber es hat ihnen oft geholfen, wenn sie mit jemandem sprechen und ihr Problem vortragen konnten. Das war auch so ein bisschen mein Credo: Einfach mal miteinander sprechen. Nur in seltenen Einzelfällen ging das nicht – zum Glück.

Ich sehe, Sie haben, ganz Beamter, ein paar Zahlen für unser Gespräch vorbereitet...

Ja. Ich war bei fast jeder Gemeinderatssitzung dabei. Das sind insgesamt 1260 Gemeinderatssitzungen in 42 Jahren. Bei durchschnittlich drei Stunden sind das ungefähr 3800 Stunden, die ich nur in Sitzungen verbracht habe.

Eine stolze Summe. Gibt es, was den Gemeinderat betrifft, denn im Vergleich zu früher große Unterschiede?

Als ich angefangen habe, gab es zum Beispiel noch Ausschusssitzungen, die hat man immer abwechselnd in den Rathäusern der Teilorte gemacht, anschließend gab es eine „Nachsitzung“ in einer benachbarten Gaststätte. Wenn die Kommunikation mit den Amtsdienern nicht richtig funktioniert hatte, war der Raum schon mal nicht geheizt. Da hat man dann geschaut, dass die Sitzungen immer recht schnell vorbei sind, damit man sich danach noch gemütlich aufwärmen konnte. Und im Großaspacher Feuerwehrgerätehaus durfte während der Sitzung noch geraucht werden.

Sie haben mit drei verschiedenen Bürgermeistern gearbeitet. Ist das eine große Umstellung für den Hauptamtsleiter oder macht man seine Arbeit wie vorher auch?

Nein, der Chef gibt an, wie es laufen muss. Ich habe mich darauf eingestellt. Jeder hat seinen eigenen, persönlichen Stil und das ist gut so.

Können Sie kurz anreißen, welcher Bürgermeister welchen Stil hatte beziehungsweise hat?

Heinz Layer hat präzise Vorgaben gemacht und er war sehr an Details interessiert. Bei Hans-Jörg Weinbrenner waren die Gestaltungsspielräume größer, dafür musste nachher trotzdem alles passen. Und Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff sucht neue Wege. Sie hinterfragt die bisherigen Abläufe, möchte Neues ausprobieren und die eingefahrenen Pfade verlassen, zum Beispiel beim Volkstrauertag, Bürgerempfang, der Bürgerbeteiligung, Betriebsveranstaltungen, bei der Mitarbeiterführung und dem Kontakt zu den Bürgern.

Sie wohnen nicht in Aspach, sondern in Kirchenkirnberg. Haben Sie vor, weiter Verbindungen hierher zu pflegen, oder brauchen Sie jetzt erst mal Abstand zu Aspach?

Abstand und Abschied fällt mir sicherlich schwer. Man hat mich schon gefragt, ob ich nicht noch eine Idee für den nächsten Betriebsausflug habe. Ich werde natürlich auch der Gemeindepartnerschaft treu bleiben und mithelfen, wenn Besucher kommen. Mit vielen Aspachern haben sich gute Bekanntschaften entwickelt, da bleibt der Kontakt nach Aspach sicher.

Wie sehen Ihre Pläne für den Ruhestand aus?

Ich bin ja schon jetzt in vielen Bereichen engagiert, seit sechs Jahren sitze ich im Murrhardter Gemeinderat, bin im Partnerschaftsausschuss aktiv, singe im Kirchenchor und bin seit 14 Jahren Vorstand der Sportvereinigung. Hinzu kommen Aufgaben in der Familie, ein großer Garten und ein Stück Wald. Da muss ich jetzt erst mal einen Motorsägekurs machen, bevor ich mich als Waldarbeiter probiere. Demnächst helfe ich Tochter und Schwiegersohn bei der Renovierung des elterlichen Hauses. Es gibt also genügend zu tun und mir wird sicherlich nicht langweilig.