Artenschutz in Baden-Württemberg

Der lange Weg zu weniger Pestiziden

Seit zwei Jahren kämpft das Land mit einem eigenen Gesetz für mehr Biodiversität im Südwesten. Doch wie gut man vorangekommen ist, weiß niemand wirklich.

Der lange Weg zu weniger Pestiziden

Das Land will die ausgebrachte Menge an Pestiziden drastisch reduzieren.

Von Thomas Faltin

Es war vor zwei Jahren ein Befreiungsschlag gewesen: Naturschützer hatten das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ auf den Weg gebracht, doch Bauern sahen sich an den Pranger gestellt; das im Juli 2020 verabschiedete „Biodiversitätsstärkungsgesetz“ sollte die Fronten beruhigen und zugleich den Artenschutz verbessern. Jetzt hat die SPD-Fraktion im Landtag in einer Anfrage vom Agrarministerium wissen wollen, wie weit man sich den Zielen angenähert habe.

Fortschritte seien auf jeden Fall zu erkennen, ließ Minister Peter Hauk (CDU) die Genossen wissen. So seien die landwirtschaftlichen Flächen, auf denen ganz oder teilweise auf Pflanzenschutzmittel verzichtet wird, seit 2015 um 29 Prozent gewachsen. Mittlerweile wird damit, so zeigt ein Blick in die Zahlen des Statistischen Landesamtes, auf einem Viertel der landwirtschaftlichen Fläche auf die Menge der Spritzmittel geachtet.

Die Ziele sind hoch gesteckt

Auch der Anteil des ökologischen Landbaus ist deutlich gewachsen auf rund 14 Prozent der Fläche. Zudem ist ein Netz an Demo-Höfen aufgebaut worden, wo Landwirte lernen können, wie man weniger Pestizide ausbringt oder wie man ökologisch wirtschaftet. Mittlerweile existieren auch 14 Bio-Musterregionen in Baden-Württemberg.

Allerdings bleiben in der Rückmeldung auf die SPD-Anfrage viele Fragen offen, weil kein Bezug hergestellt wird zu den Zielen im Biodiversitätsstärkungsgesetz. So will man bis 2030 bis zu 50 Prozent weniger Pestizide ausbringen als heute – wie weit man aber schon gekommen ist, bleibt unbeantwortet. Und auch vom Ziel, bis 2030 rund 30 bis 40 Prozent der Fläche ökologisch zu bewirtschaften, ist man noch weit entfernt.

SPD kritisiert, dass vieles im Dunkeln bleibe

In vielen Bereichen lieferte das Ministerium gar keine Zahlen, etwa zu den einzurichtenden Refugialflächen in der Landwirtschaft oder zum Biotopverbund. Offen blieb auch, bis wann das im Aufbau befindliche Netz an Bauernhöfen, die Daten zu Pestizidmengen abgeben, erste Ergebnisse liefern können. 80 Prozent der vorgesehenen Betriebe stünden aber bereits fest, heißt es.

Gabi Rolland, die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, ist deshalb mit den Antworten nicht zufrieden. Sie begrüße zwar die Richtung des Gesetzes, sagt sie, doch „fraglich erscheinen die tatsächliche Umsetzung und die Geschwindigkeit.“ Auch der genauere Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bleibe im Dunkeln.

Nabu mahnt versprochene Pestizid-Strategie an

Ähnlich äußert sich der Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle: „Das Programm ist gut gestartet, droht jetzt aber festzustecken.“ Es fehle zum Beispiel noch immer die versprochene konkrete Strategie, wie man die Menge an Pestiziden reduzieren wolle. Massiv ärgere ihn, dass es mit den geplanten zehn Prozent an Refugialflächen in der Landwirtschaft gar nicht vorangehe.