Der Schwarzstorch ist zurück im Landkreis – nach über 100 Jahren

Im Schwäbischen Wald brütet seit diesem Jahr wieder ein Schwarzstorchenpaar – Die erste Brut, drei Jungtiere, hat leider nicht überlebt

Der Schwarzstorch ist zurück im Landkreis – nach über 100 Jahren

Wieder heimisch: Schwarzstorch. Foto: Pixabay

WAIBLINGEN (lra). Der Schwarzstorch ist wieder im Rems-Murr-Kreis heimisch: Diesen Sommer hat er hier erstmals wieder gebrütet. Inzwischen brüten rund 50 Paare im Land. Im Rems-Murr-Kreis wurden die Tiere in den letzten Jahren zwar regelmäßig gesichtet, jedoch handelte es sich dabei immer um Exemplare, die hier durchgezogen sind oder übersommert haben. Eine Brut konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Erst in letzter Zeit haben sich Beobachtungen zur Brutzeit im nördlichen und östlichen Teil des Landkreises gehäuft. Die beiden Ornithologen Julian Lenz und Arnold Sombrutzki von der ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Rems-Murr vermuteten bereits Bruten, konnten bisher jedoch keine nachweisen.

Doch dieses Jahr haben sich ein Männchen und ein Weibchen verraten: Zu auffällig waren ihre Balzflüge und ihr revierverteidigendes Verhalten. Die Suche nach dem Horst glich einer Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen – immerhin beträgt der Aktionsradius der Tiere bei der Nahrungssuche bis zu zehn Kilometer. In einer Tanne in rund zehn Metern Höhe wurden die beiden Ornithologen schließlich fündig: Im Horst fanden sie drei Jungtiere – die erste Brut im Rems-Murr-Kreis seit 100 Jahren.

Die Jungtiere haben leider nicht überlebt. Offenbar wurden sie in den Folgetagen von einem Waschbären erbeutet. Darauf deuten Spuren am Baum hin. Im nächsten Jahr werden die beiden Ornithologen den Baum mit einer Manschette vor unerwünschten Gästen schützen. Sie sind zuversichtlich, dass das Schwarzstorchpaar den Horst trotz der misslungenen diesjährigen Brut wieder aufsucht. Das Landratsamt hat den Grundstückseigentümer und den Jagdpächter für die geschützten Tiere sensibilisiert: Zum Schutz der Brut im kommenden Jahr ist es wichtig, dass im größeren Umkreis um den Horst keine Forstarbeiten während der Brutdauer durchgeführt werden.

Hintergrund
Heute gibt es nur noch rund 18000 Brutpaare weltweit

100 Jahre lang war der Schwarzstorch im Rems-Murr-Kreis ausgestorben: Der heimlich lebende Schwarzstorch wurde bejagt, seine Eier gesammelt. Die Veränderungen in den Wäldern und die Verschmutzung der Gewässer taten ein Übriges. 1918 gab es die letzte Brut im Landkreis – am Goldboden bei Winterbach. 1925 war dann in ganz Baden-Württemberg Schluss. Heute gibt es nur noch rund 18000 Brutpaare weltweit.

Der scheue Waldvogel, dessen Brut- und Nahrungsgebiete störungsfrei sein müssen, findet heute im Schwäbischen Wald ideale Lebensbedingungen: Altholzbestände und naturnahe, gewässerreiche Bruch- und Auenwälder sowie Feucht- und Nasswiesen. Um deren Erhalt kümmern sich die Naturschutzexperten im Landratsamt seit Jahrzehnten intensiv. Hier kann der heimliche Jäger seinen Lieblingsspeisen nachstellen: Frösche, Molche und Insekten.

Ende Mai legt das Weibchen zwei bis sechs Eier. Die Brutzeit beträgt 35 Tage, nach weiteren 65 Tagen sind die jungen Störche flügge. Den Winter verbringen die Tiere südlich der Sahara. Bereits im August und September machen sich die meisten Schwarzstörche auf den langen Weg.