„Der Turm steht nur durch Gottes Gnade“ - Baustopp in Oppenweiler

Nachdem das Kirchturmdach der Jakobuskirche in Oppenweiler für die Sanierung von Dachschindeln und der Verkleidung befreit wurde, tat sich ungeahnter Schaden auf: durchgerostete Stahlträger, morsche und von Insekten zerfressene Balken. Nun herrscht erst mal Baustopp.

„Der Turm steht nur durch Gottes Gnade“ - Baustopp in Oppenweiler

Unter dem Gerüst, das den Kirchturm der Jakobuskirche einschließt, verbirgt sich ein ungeahnter Schaden. Foto: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Oppenweiler. Im Frühjahr war die Freude noch groß bei den Mitgliedern der evangelischen Kirchengemeinde in Oppenweiler: Die lange ersehnte und vor allem dringend notwendige Sanierung der Jakobuskirche konnte nach Jahren der Planung und der Spendensammlung endlich beginnen. Und die Renovierung der denkmalgeschützten Kirche ging zunächst auch gut voran. Doch dann kam Ende Oktober die etwas unangenehme Überraschung, oder der „Schock“, wie es Manfred Krupkat, Vorsitzender des Kirchbauausschusses, nennt: Das Dach des Kirchturms ist deutlich stärker beschädigt als zunächst angenommen. So sehr, dass es statisch zu richtigen Problemen hätte führen können. „Der Turm steht eigentlich nur durch Gottes Gnade“, meint Architekt Steffen Sauter. Laut den Berechnungen des Statikers nämlich hätte das Dach des Kirchturms ebenso gut schon fallen können, berichtet der Architekt nun. Die schlimmen Schäden wurden Ende Oktober entdeckt, als die Dachschindeln und die Verkleidung vom Dach des Kirchturms entfernt wurden. „Dabei kam den Arbeitern ein Querbalken schon entgegen“, berichtet Sabine Hoffmann, Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Auch die anderen Balken machten sofort einen schlechten Eindruck; sie wurden zunächst notdürftig gesichert, indem Spanngurte einmal um den Turm gespannt wurden. Der Architekt verhängte Baustopp am Turmdach, später brachten die Arbeiter provisorische Balken für mehr Stabilität an.

Wie konnte der schlimme Schaden überhaupt entstehen?

Entstanden ist der Schaden dadurch, dass jahrelang Wasser in das Dach eindringen konnte. Sowohl fehlende als auch falsch verlegte Schindeln von minderer Qualität sorgten dafür, dass das Wasser die Balken schädigte und dann zu einem Paradies für Käfer und Insekten machte, die sich reichlich an dem Holz bedienten. Das Ergebnis: Balken, die fast komplett zerfressen sind, schon zerbröseln und noch dazu auf fast schon durchgerosteten Stahlträgern stehen, die an der Belastbarkeitsgrenze sind. Das ist aber nicht alles: Auch fehlen einige Querbalken, die zumindest nach den Berechnungen des Statikers eigentlich gebraucht werden. Für die Mitglieder des Kirchengemeinderats und des Kirchbauausschusses hat die Entwicklung eine positive und eine negative Seite. Einerseits sei da die nun zu erwartende extreme Kostensteigerung, andererseits „sind wir auch einfach froh, dass wir das Ausmaß des Schadens entdeckt haben, bevor etwas Schlimmeres passiert ist“, meint Hoffmann. Denn ursprünglich sollte in dem Kirchturm gar nicht so viel saniert werden. Lediglich einzelne Schindeln sowie der eine oder andere Sparren sollten getauscht werden.

Zwar wurde auch das Dach des Kirchturms mit untersucht, bevor die Sanierungsarbeiten überhaupt losgingen, doch viele Schäden waren damals nicht erkennbar. Denn zum einen konnte der Zustand von außen nur mit einer Drohne und dadurch nur schwer eingeschätzt werden, zum anderen zeigte auch die Untersuchung von innen kein vollständiges Bild. Denn der schlimmste Schaden war erst zu sehen, als tatsächlich das Gerüst stand.

Schnell war klar, dass es mehr Arbeit gibt, als nur einzelne Schindeln zu tauschen. Einerseits war die Qualität der Schindeln schlecht, andererseits waren sie grundsätzlich falsch angebracht – nämlich so, dass das Wasser leicht in das Dach eindringen konnte. „Da war klar, dass wir die Schindeln ganz tauschen müssen“, berichtet Sauter. Damals hat er dafür rund 60000 Euro mehr eingeplant. Dabei wird es nun aber wohl nicht bleiben.

Denn sowohl die morschen Balken als auch das durchgerostete Tragwerk, auf dem diese stehen, müssen nun getauscht werden. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Bei einer Variante würde ein Kran das komplette Dach des Turms herunterheben, sodass die Arbeiten am Boden verrichtet werden können. Bei der anderen Variante würden die Reparaturarbeiten oben stattfinden. Auch hierzu wäre ein Kran nötig, um das Dach zu halten, während erst die Stahlkonstruktion getauscht wird und danach die kaputten Balken ersetzt werden. In beiden Varianten ist es außerdem unwahrscheinlich, dass die Sendeanlage im Kirchturmdach wie ursprünglich geplant gar nicht ausgebaut werden muss.

Der Zeitplan für die ohnehin schon teure und aufwendige Renovierung des denkmalgeschützten Gebäudes wird nun noch deutlich verzögert. Statt die Außensanierung in diesem Jahr noch zu beenden – das war der ursprüngliche Plan – hofft der Architekt, die planerische Arbeit für das Kirchturmdach noch im Jahr 2022 zu schaffen. „Die Ausschreibung schaffen wir erst im Frühjahr“, meint er. Denn so einiges ist auch noch unsicher. Zum einen ist die Erstellung einer ausführlichen Schadenskartierung noch im Gang, zum anderen muss sich erst noch für eine der beiden Varianten entschieden werden. Dafür laufen demnächst dann Gespräche mit Unternehmen, die solche Arbeiten durchführen können. „Und dann wird es darum gehen, welche Variante die kostengünstigere ist“, sagt Sauter.

Wie viel teurer wird die Sanierung? Und wie will die Kirche das zahlen?

Solange er noch keine Angebote habe, will der Architekt auch keine Kostenschätzung abgeben. Klar ist aber, es wird deutlich teurer. Schließlich waren zunächst kaum Arbeiten am Dach des Turms geplant; auch für die Neueindeckung der Schindeln rechnete man mit nur etwa 60000 Euro. „Und schon allein das Gerüst, das nun viel länger stehen muss, wird uns wohl um die 10000 Euro mehr kosten“, meint Hoffmann. Von dem Kran, den zusätzlichen Materialien und natürlich den zusätzlichen und komplizierten Arbeiten noch gar nicht zu sprechen. Zum einen hoffen die Beteiligten nun, dass sich die Fördermittel an die gestiegenen Kosten anpassen werden. Und sie hoffen weiter auf Spenden für die Kirche. „Der Kirchbauverein ist dabei nicht untätig“, meint Hoffmann. Zum Beispiel gestalten Ehrenamtliche und lokale Künstler gerade Schindeln vom Kirchturm, um diese am Weihnachtsmarkt am 4. Dezember zu verkaufen. Zumindest Letzteres ist aber wohl ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Aber mit der Außensanierung ist es ja noch nicht getan. Eigentlich wollte die evangelische Kirchengemeinde die Innensanierung gleich im Anschluss starten. „Das haben wir auch immer noch vor. Auch da muss einiges gemacht werden“, sagt Pfarrerin Franziska Beller-Preuschoft.