Studie: Umstieg auf E-Autos wirft deutsche Zulieferer zurück

dpa München. Die Autozulieferer haben sich längst auf das Ende des Verbrenners eingestellt und investieren kräftig in neue Antriebsformen. Doch Experten fürchten, dass sie die Kosten aus den Augen verlieren.

Studie: Umstieg auf E-Autos wirft deutsche Zulieferer zurück

Bei einem Autozulieferer wird an einem Brennstoffzellenmodul gearbeitet. Foto: Tom Weller/dpa

Der Wandel im Automobilsektor zu Elektrofahrzeugen hat auch die Zulieferbranche fest im Griff - aus Sicht mancher Experten muss die deutsche Industrie indes aufpassen, auf dem Weltmarkt nicht abgehängt zu werden.

So haben laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC asiatische Autozulieferer ihren Weltmarktanteil im vergangenen Jahr deutlich auf 43 Prozent ausbauen können. Das waren vier Prozentpunkte mehr als 2015. Umsatzrückgänge hätten bei deutschen Zulieferern wichtige Eigenkapitalreserven aufgezehrt, die für die Transformation dringend nötig wären, sagte Branchenexperte Henning Rennert.

Die Umsätze der 80 weltweit größten Autozulieferer fielen nach Angaben von PwC Strategy& im Krisenjahr 2020 um zwölf Prozent auf 783 Milliarden Euro, die der deutschen um elf Prozent auf 199 Milliarden. Der Weltmarktanteil von Robert Bosch, Continental, ZF Friedrichshafen und Co. sei mit 26 Prozent zwar weiterhin hoch, der Wettbewerb mit den Konkurrenten in Asien werde aber härter. Diese hätten in der Krise mit 4,4 Prozent Betriebsgewinn vom Umsatz die höchste Rentabilität erzielt und ihre Eigenkapitalquote bei 48 Prozent gehalten. Bei den deutschen Zulieferern sank sie auf 21 Prozent.

Hohe Investitionen in Forschung

Dabei ist das Thema Transformation bei den Konzernen längst angekommen. Vor allem die Zulieferer für den Antriebsstrang hätten kräftig in neue Produkte investiert. Im Durchschnitt investierten deutsche Zulieferer 6,1 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung (FuE) - weit mehr als ihre Wettbewerber im übrigen Europa (4,8 Prozent), Amerika (3,6 Prozent) und Asien (3,8 Prozent).

Bei einer Branchenumfrage des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sowie der Wirtschaftsberatung Deloitte gaben die befragten Konzerne an, sogar 15 Prozent ihres Gesamtumsatzes in Innovationen im Bereich Elektromobilität zu investieren. Ein Großteil der im Frühjahr dieses Jahres befragten Unternehmen geht demnach davon aus, dass zwischen 2023 und 2040 der Verbrenner vollständig von der Straße verdrängt sein wird. Bereits bis 2030 rechnen sie damit, dass Batteriefahrzeuge sich als neuer Technologiestandard durchgesetzt haben werden.

Doch andere Experten befürchten, dass europäische und deutsche Zulieferer ihre konkurrenzfähige Kostenstruktur schon seit einem Jahrzehnt aus dem Blick verloren hätten. Das könnte „zu einer teuren Hypothek im globalen Wettbewerb werden“, sagte Studienautor Rennert.

Neue französisch-deutsche Übernahme

Erst am Wochenende war die jüngste Übernahme auf dem Zulieferermarkt bekannt geworden: Die seit einigen Monaten zum Verkauf stehende Hella mit Sitz in Lippstadt geht an den französischen Konkurrenten Faurecia. Das neue Unternehmen werde global der siebtgrößte Automobilzulieferer sein (Top 5 in Europa und jeweils Top 10 in Amerika und Asien) und das Profil mit Blick auf Geschäftsaktivitäten und Kundenzugang erheblich stärken, teilte der neue Eigentümer mit.

Größe ist im Geschäft der Zulieferer sehr wichtig, da die Verhandlungsposition mit den Autoherstellern gestärkt wird. Die deutschen Konzerne Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen zählen zu den größten Autozulieferern weltweit.

Der Abschluss der Übernahme von Hella wird Anfang 2022 erwartet. Eine Arbeitsplatzgarantie will die Faurecia nicht geben - allerdings gebe es auch keine konkreten Pläne für einen Stellenabbau, so das Unternehmen. „Wir wachsen ganz stark. Wir werden Leute einstellen müssen“, sagte Faurecia-Chef Patrick Koller.

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