DGB-Chef fordert „Social Deal“ beim Klimaschutz

dpa Berlin. Für mehr Klimaschutz sind grundlegende Veränderungen nötig. Wie aber sollen die Menschen mitgenommen werden?

DGB-Chef fordert „Social Deal“ beim Klimaschutz

„Wir brauchen Alternativen zum Verbrenner, die für die Menschen auch bezahlbar sind“: Reiner Hoffmann. Foto: Britta Pedersen/dpa/Archiv

DGB-Chef Reiner Hoffmann hat mehr sozialen Ausgleich beim Klimaschutz gefordert. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Damit die Transformation ein sozialer Erfolg werden kann, muss aus dem Green Deal auch ein Social Deal werden. Das wäre ein Aufbruch, den wir brauchen.“

Hoffmann sagte: „Heute sind die einkommensschwächsten Haushalte am stärksten von den klimapolitischen Weichenstellungen betroffen - egal ob man die Kosten für die Heizung oder den Verkehr nimmt. Wir brauchen Alternativen zum Verbrenner, die für die Menschen auch bezahlbar sind.“ Es sei eine energetische Gebäudesanierung nötig, bei der die Kosten für emissionsärmere Gebäude nicht allein auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden. „Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum auch in Innenstadtlagen, so dass die Pendelzeiten zur Arbeit endlich auch einmal kürzer und nicht immer nur länger werden.“

Die EU-Kommission hatte vor kurzem ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgelegt, damit verschärfte Klimaziele erreicht werden können - die EU spricht auch von einem „Green Deal“. In der EU sollen bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden.

Die neue Bundesregierung müsse schnell an die Arbeit und wichtige Weichenstellungen vornehmen, sagte Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). „Wenn wir wirklich Dekarbonisierung und Digitalisierung zum wirtschaftlichen Erfolg machen wollen, dann muss Politik mutig sein und investieren, damit sich die Lebensbedingungen der Menschen deutlich verbessern.“

Dabei gehe es auch darum, die Kommunen zu stärken, denn ein Großteil der Investitionen liefe über sie. „Die Menschen müssen vor Ort erfahren, dass der Wandel sich für sie positiv auswirkt. Wenn die Kommunen durch Schuldenbremsen zum Sparen verdonnert sind, dann gibt es weniger öffentliche Schwimmbäder und Bibliotheken, dann steigen kommunale Gebühren. Dann wird weniger investiert in moderne Infrastruktur, in moderne Schulen. Dann geht letztlich Akzeptanz für Politik flöten.“

Enorme Investitionen des Staates würden nötig sein, um diesen Wandel zu gestalten. „Die Schuldenbremse muss ausgesetzt bleiben, wir sollten sie grundlegend reformieren - alles andere würde Investitionen ausbremsen“, forderte Hoffmann erneut. „Denn ohne einen Schub bei den öffentlichen und privaten Investitionen können wir die Weichen nicht umstellen. Ein Mangel an Investitionen würde die flächendeckende Anbindung der Haushalte ans schnelle Internet ebenso gefährden wie den Ausbau der erneuerbaren Energien, der den Ausstieg aus der Kohle erst möglich macht.“

Der Bund hatte die Schuldenbremse infolge der immensen Kosten der Corona-Krise ausgesetzt, nach dem Regierungsentwurf für den Haushalt soll sie aber ab 2023 wieder eingehalten werden. Die Schuldenbremse macht nur eine geringe Nettokreditaufnahme möglich.

Die EU-Kommission hatte etwa ein separates Emissionshandelssystem für den Straßenverkehr und den Gebäudesektor vorgeschlagen. In Deutschland gilt für diese Bereiche bereits ein CO2-Preis, der Sprit und Heizen teurer macht. Die SPD hatte sich gegen eine zu schnelle und starke Erhöhung dieses Preises ausgesprochen.

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