DGB flirtet mit den Grünen

Nach einem Treffen in Berlin stellen die Spitzen beider Seiten das Verbindende heraus

Von Thorsten Knuf

Berlin Ganz am Anfang will der DGB-Chef etwas klarstellen. „Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterhält regelmäßig Gespräche mit den demokratischen Parteien dieses Landes“, sagt Reiner Hoffmann am Dienstag in Berlin. Das soll nach Routine klingen. Und tatsächlich wäre es ja nicht nur merkwürdig, sondern auch bedenklich, wenn sich die Parteien und die Gewerkschaften mit Schweigen begegnen würden.

Neben Hoffmann steht im Foyer des DGB-Hauses der Grünen-Chef Robert Habeck. Die beiden Bundesvorstände haben gerade ein längeres Treffen absolviert. Es ist nun die Aufgabe Hoffmanns und Habecks, über die Ergebnisse und Atmosphäre zu informieren.

Schnell wird klar: Das sind zwei, die sich verstehen. Und das gilt nicht nur für die beiden Frontmänner – sondern auch für die beiden Organisationen, die sie repräsentieren. Es gebe „eine ganze Reihe an Gemeinsamkeiten“, sagt Hoffmann. Habeck spricht seinerseits von „einer inzwischen Normalität gewordenen Arbeitsroutine“, die beide Seiten verbinde. Man habe an diesem Tag über die ökologische Transformation der Industriegesellschaft gesprochen, über soziale Fragen „von Rente bis Hartz IV“ und über die Zukunft der Europäischen Union.

Gespräche zwischen Parteien und Gewerkschaften mögen normal sein in einem Land wie Deutschland. Aber politisch sind die Zeiten alles andere als normal. Niemand weiß, wie lange die Koalition von Union und SPD noch hält und welche Rolle die Grünen spielen würden, wenn sie zerbräche. Da liegt es nahe, für den Fall der Fälle vorzusorgen und mögliche Allianzen zu sondieren.

Aber natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Die Grünen wollen einen möglichst schnellen Umbau der Wirtschaft hin zu mehr Ökologie und Klimaschutz. Die Gewerkschaften teilen das Ziel zwar grundsätzlich. Sie wollen die Unternehmen und Belegschaften aber auch nicht überfordern. Ein anderes Beispiel: Die Grünen wollen mehr Wettbewerb auf der Schiene und die Trennung von Netz und Betrieb bei der Bahn. Bei Gewerkschaftern machen sie sich damit nur wenig Freunde. Traditionell stehen die Gewerkschaften ohnehin der SPD nahe.

Dennoch: Am Dienstag stellen Hoffmann und Habeck das Verbindende heraus. Hoffmann sagt, man habe sich in den vergangenen Jahren „sehr stark aufeinander zubewegt“. Der DGB nimmt der Partei offenbar nicht mehr übel, dass sie einst mithalf, die Agenda 2010 durchzusetzen.

Am Montag tut Hoffmann seinen Gästen den Gefallen, ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Klimaschutz zu formulieren. Die Grünen revanchieren sich mit einem Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft und fordern eine Stärkung der Tarifbindung. Habeck hat dabei auch die eigene Klientel im Blick – etwa Bioläden, die Ökostrombranche oder moderne Verkehrsdienstleister. Er sagt: „Super, wenn die auf dem Weg sind, die Welt ökologisch zu machen. Aber nicht auf Kosten der Sozialpartnerschaft in Deutschland.“