Die ältesteKrippe aus Papier

Täglich neu: Landestypisches für Einheimische und Reigschmeckte

Der Historiker Michael J. H. Zimmermann widmet sich einer besonderen Krippe – die Schweizersche Jahreskrippe in Schramberg:

„Derweil Engel mehr oder minder geneigten Hörern dieser Welt die Frohbotschaft von der Geburt des Erlösers verkünden, schmücken kunstvolle Krippen Kapellen, Kirchen, Klöster, Häuser – und Museen. Besonderes Aufsehen erregt durch ihre Schönheit in Schrambergs Schloss die Schweizersche Jahreskrippe: Das Museum der ,Krippenhauptstadt des Schwarzwaldes‘ zeigt (bis Lichtmess, 2. Februar 2019) die älteste in Baden-Württemberg bekannte Papierkrippe, die – erst 2016 im Hause der Schramberger Schweizer-Familie wiederentdeckt – mit ihren 296 Figuren von hoher kunsthandwerklicher Güte zu den ältesten süddeutschen ihrer Art überhaupt zählt.

Das spätbarocke Meisterwerk ist aus kunstgeschichtlicher Sicht in das späte 18. Jahrhundert zu datieren. Die Schweizersche Krippe entfaltet die Motive des Weihnachtsfestkreises in pracht- und stilvollen Figuren vor einer orientalischen Umgebung. Hinter dem namenlosen Künstler dürfte sich ein Zeichenlehrer aus Augsburg, der ,Krippenhauptstadt Schwabens‘ verbergen, wie der Papierabfall verrät, der ihm als Material diente: gedruckte Formulare aus dem Zeichenunterricht in (vorder)österreichisch Schwaben und Schnipsel einer Landkarte des Augsburger Umlandes. Neben der Weihnachtsgeschichte gehören zu dem Bestand auch eine Jahreskrippe zur Passio Christi und eine großformatige Darstellung der Geschichte Jakobs.

In der einst bikonfessionellen Reichsstadt wurde das Krippenbrauchtum von den Jesuiten mit großer Leidenschaft gefördert. Erhalten blieb von dieser einstmals so stolzen „rippenpracht allerdings wenig, was die Schweizersche Jahreskrippe noch wertvoller erscheinen lässt. Im Zeitalter der Aufklärung sagte die römisch-katholische Kirche dem beliebten Krippenbrauch sogar zeitweise den Kampf an. Durch diese ,Kulturrevolution‘ gingen unzählige Krippen aller Art verloren. Auch die Säkularisation forderte ihre Opfer. Konservative Katholiken, welche der alten Tradition treu blieben, begannen, den amtlicherseits nicht mehr erwünschten Krippen in ihren Privathäusern eine Zuflucht zu geben – so auch der Schweizerschen Krippe, die früh ihren Weg nach Schramberg fand. An sie reicht lediglich eine unvollständig überlieferte Papierkrippe des Malers Johann Hermann (1749–1807) aus dem Jahr 1801 in Rottenburg heran. Als eine der bedeutendsten Papierkrippen des 19. Jahrhunderts gilt die 1826 von dem Maler Konrad Huber angefertigte Weihnachtskrippe in der Sankt-Jakob-Kapelle in Waldstetten im Ostalbkreis. Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind zudem Papierkrippen von Gregor Moosmann (1801–1872) in Schramberg, von Bartholomäus (,Barthle‘) Neu in Rottenburg (1774–1854), von Josef Moser (1783–1865) in Wolfach und der Familie Thoma in Haslach überliefert.

Ein Jahrhundert lang blieb die Schweizersche Krippe, eingewickelt in Ausgaben des ,Familienblattes‘ der ,Düsseldorfer Nachrichten‘ vom 7. März 1906 und des ,Stuttgarter Neuen Tageblattes‘ vom 9. November 1920, in einer alten Schachtel verborgen. Der Vergessenheit ist sie glücklicherweise entrissen.“ Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Inge Gwiasda aus Aichtal: Wenn meine Mutter in der Vorweihnachtszeit nähte oder strickte und ich sie fragte: ,Was wird das‘?, bekam ich zur Antwort: ,En Omhang om en Essigkruag.‘ An Weihnachten sah ich dann, dass der ,Essigkrug‘ etwas zum Anziehen für meine Puppe war. (jan)