Die Backnanger Altstadt im Spiegel der Zeiten

Beim 223. Altstadtstammtisch zeigt Referent und Chronist Peter Wolf historische Ansichten des Bereichs rund um Adenauerplatz, Burgplatz und Marktstraße, garniert mit passenden Geschichten dazu. Seine Recherche, wird deutlich, gleicht oft einer Detektivarbeit.

Die Backnanger Altstadt im Spiegel der Zeiten

Ansichten wie die des Adenauerplatzes aus dem Jahr 1976 wurden den Besuchern präsentiert. Repro: Peter Wolf

Von Carmen Warstat

BACKNANG. Wie hieß noch der HNO-Arzt, der am Adenauerplatz praktizierte, und wann wurde das Café dort umgebaut? Ach ja, die Puppenklinik! Und da das Schillerstüble! War da unten nicht ein Hosengeschäft? – Genau, da ist es ja! So und ähnlich schwelgten die Zuhörer angesichts der vielen Aufnahmen in ihren Erinnerungen. Denn beim 223. Altstadtstammtisch standen historische Bilder, Dokumente und vielerlei Geschichten rund um der Bereich Adenauer- und Burgplatz sowie die untere Marktstraße im Fokus.

Im Helferhaus begrüßte Ernst Hövelborn die Gäste „wieder analog“ und freute sich, denn: „Die Nähe ist angenehm.“ Der langjährige Vorsitzende und jetzige Schriftführer des Heimat- und Kunstvereins erinnerte an den letzten Altstadtstammtisch vor der Pandemie, der zweieinhalb Jahre zurückliegt und anlässlich dessen Baudezernent Stefan Setzer sich mit Backnanger Fassaden befasst hatte. Der Referent, Fotograf und Chronist Peter Wolf, wurde vorgestellt als „kein Unbekannter“, der laufend Ausstellungen im Helferhaus besorgt und ein „versierter Kenner der Backnanger Altstadt ist“, zusammen mit Claudia Ackermann ein Backnang-Buch veröffentlicht hat und aktuell für die Reihe „Backnang im Zeitspiegel“ verantwortlich zeichnet. Ebenfalls dankte Hövelborn Horst Schildknecht für die inhaltliche Vorbereitung und Organisation der Altstadtstammtische.

Zuhörer tauschen Erinnerungen aus

Auch Peter Wolf empfand es als „eine Wohltat“, wieder hier im Helferhaus zusammen zu sein“, denn dieser Ort sei mit den Altstadtstammtischen verwachsen und durch nichts zu ersetzen. Gegenstand seines Vortrags waren der Adenauer- und Burgplatz sowie die untere Marktstraße im Wandel der Zeiten, „ein schwieriges Thema für mich“, wie der Referent einräumte, bevor er mit einer Urkarte des Adenauerplatzes von 1831/32 begann. Es folgten Pläne von 1910 und 1929, als aufgrund von Straßenumbenennungen auch die Hausnummern verändert worden waren. Im Laufe des Abends sollten die Zuhörer zahlreiche Dokumente, Fotos, Postkarten und sonstige Darstellungen der thematisierten Altstadtgebiete zu sehen bekommen und Gelegenheit haben, ihre Erinnerungen an frühere Backnanger Zeiten auszutauschen. An die verschiedenen Pächter der Wirtshäuser wurde erinnert, an das alte Stellwerk und die Feuerwehr, die 1965 vom heutigen Adenauerplatz wegzog an die Bleichwiese, an Zirkuselefanten, die man früher durch die Stadt führte, an unzählige Baustellen, an den Bleile-Imbiss, der Zeitzeugen zufolge nicht immer auf der Bleichwiese gestanden haben kann, sondern anfangs am Adenauerplatz zu finden war, und an vieles mehr.

Intensive Recherchearbeiten

Ein Foto von 1930 zeigte den Burgplatz mit einem Friseur im heutigen Apothekengebäude, ein anderes die Untere Marktstraße im Jahre 1949. Das Restaurant Rössle (um 1895) wurde ebenso präsentiert wie der Adenauerplatz 1976. Peter Wolfs Recherchen führen ihn in Zeitungs- und Stadtarchive, er stöbert seit Jahrzehnten gezielt in Adressbüchern und nimmt Kontakt zu Institutionen wie etwa der Friseurinnung auf, um Informationen zu den gesammelten Materialien einzuholen – nicht immer erfolgreich, aber unermüdlich. Nicht zuletzt sind es Backnanger Bürger, die ihn wieder und wieder mit Fotos, Hintergrundinformationen, Geschichten und Anekdoten versorgen, einer von ihnen: Friedrich Stroh. Der verlas zur Ergänzung von Wolfs Referat ein paar kleine amüsante Schnurren um den Hotelier Wintermantel, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die „Post“ führte.

Besonders beeindruckt zeigten sich die Besucher auch von einigen Innenaufnahmen, die Peter Wolf präsentierte. Unter anderem gab ein Blick in das Café Rückert der (vermutlich) 60er-Jahre einen anschaulichen Eindruck vom gesellschaftlichen Leben dieser Zeit. „Elegant, he“, rief jemand. Aufschlussreich war auch eine Speisekarte aus dem Restaurant „Sonne“, das von 1887 bis 1941 von einer Familie geführt worden ist. Auf dem Menü fanden sich Speisen von Hirnsuppe bis hin zu Merinken (einem Schaumgebäck aus Baisermasse).

Nicht zuletzt berichtete Peter Wolf von manchen Hürden seiner Recherchearbeit, wenn ihm beispielsweise ein seitenverkehrtes Foto gezeigt wurde, sodass er habe „hirnen müssen“, um zu ermitteln, „was eigentlich wo war“. Er habe auch „sehr verrückte Perspektiven“ entdeckt und ausgewertet. Ernst Hövelborn nannte dies in seinen Dankesworten wahre Detektivarbeit, und Peter Wolf dankte zum Abschluss seinen Quellen und Mitstreitern.