USA-Venezuela-Konflikt

Die nächste Eskalationsstufe

Washington lässt einen venezolanischen Tanker beschlagnahmen, Friedensnobelpreisträgerin Machado gelingt eine spektakuläre Ausreise nach Oslo.

Die nächste Eskalationsstufe

Bild aus einem Video, auf dem X-Account von Generalstaatsanwältin Pam Bondi gepostet. Es zeigt einen Öltanker, der von den US-Streitkräften vor der Küste Venezuelas beschlagnahmt wird.

Von Tobias Käufer

Tief in der kalten norwegischen Nacht brandet plötzlich der Jubel vor dem Grand Hotel in Oslo auf. Eingepackt in eine dicke blaue Winterjacke steht die Friedensnobelpreisträgerin Maria Corina Machado plötzlich auf dem Balkon der Herberge. „Oslo, hier bin ich“, schreibt sie später in den sozialen Netzwerken. Hunderte Landsleute haben vor dem Hotel ausgeharrt, nun brechen alle Dämme. Die Menschen haben Tränen in den Augen und stimmen gemeinsam mit Machado die Nationalhymne an. Die Bilder gehen um die Welt, und doch lassen sie viele Fragen offen.

Wie geht es nun weiter mit Machado? Eine Rückkehr in ein Versteck nach Venezuela ist nur schwer denkbar. Aus dem Exil lässt sich vor allem die mediale Arbeit zwar einfacher organisieren, aber sie verliert im Land selbst an Strahlkraft. Machado ist auch deswegen so populär, eben weil sie den widrigen Umständen und Drohungen getrotzt hat und in Venezuela geblieben ist.

Nahezu gleichzeitig steigen die Spannungen zwischen Washington und Caracas. US-Militärs beschlagnahmen einen US-Tanker auf hoher See. Bilder, die das US-Militär veröffentlicht, sollen die spektakuläre Aktion zeigen. Warum genau sich Washington zu diesem Entschluss durchgerungen hat, ist unklar. US-Justizministerin Pam Bondi und FBI-Chef Kash Patel sprachen davon, der Tanker sei Teil eines „illegalen Öltransportnetzwerks“. Handfeste Beweise dafür gibt es noch nicht. US-Präsident Donald Trump erklärte, der Tanker sei der größte, der jemals beschlagnahmt wurde. In Kürze werde man mehr dazu erfahren.

Bislang hatte die US-Regierung ihre gewaltige militärische Präsenz in der Karibik damit begründet, den Drogenhandel in Richtung USA unterbinden zu wollen. Venezuelas sozialistischer Machthaber Nicolas Maduro sei der Kopf des sogenannten Soles-Kartells. Auf dessen Kopf ist inzwischen eine Prämie von 50 Millionen US Dollar ausgesetzt. Maduro soll aus Angst vor einem Militärschlag täglich seine Unterkunft und sein Mobiltelefon wechseln, außerdem hat er seine persönliche Sicherheit Agenten des kubanischen Inlandsgeheimdienstes anvertraut.

Trump hatte in den vergangenen Tagen erklärt, Maduros Tage seien „gezählt“. Ein Telefongespräch zwischen Maduro und Trump verlief ergebnislos. Maduro könne sich entscheiden, ob er auf die nette oder die harte Art gehen wolle. Zudem habe er Einsätze des Auslandsgeheimdienstes CIA in Venezuela „autorisiert“, sagte Trump.

Menschenrechtsorganisationen werfen Maduro vor, für außergerichtliche Hinrichtungen, Folter, Wahlbetrug und Mord verantwortlich zu sein. Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Den USA werfen sie mit den Angriffen auf mutmaßliche Drogenboote vor, das Völkerrecht zu brechen. Stattdessen müssten Tatverdächtige verhaftet und einem ordentlichen Gerichtsverfahren zugeführt werden.

US-Erzbischof Timothy Broglio erklärte, die Maßnahmen müssten moralisch vertretbar sein, im Einklang mit den Prinzipien der Theorie des gerechten Krieges stehen und stets die Würde jedes Menschen respektieren. Im Kampf gegen Drogen heilige der Zweck niemals die Mittel. Einen Lösungsvorschlag brachte nun Kolumbiens Präsident Gustavo Petro ins Spiel. Die Regierung von Maduro müsse verstehen, dass die Antwort auf eine Aggression von außen nicht nur eine militärische Mobilisierung sei, sondern eine demokratische Revolution.

„Ein Land verteidigt man mit mehr Demokratie, nicht mit mehr ineffizienter Repression. Eine allgemeine Amnestie bedeutet nicht, die Haftstrafen zu verlängern“, schrieb Petro laut Katholischer Nachrichtenagentur (KNA) auf „X“.

Im Rahmen der Preisübergabe hatte auch das Nobelpreiskomitee Maduro aufgefordert, seine Wahlniederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2024 einzugestehen und zurückzutreten. Die sozialistische Regierung in Caracas warf dem Nobelpreiskomitee wiederum vor, sich für die Kriegspläne der USA instrumentalisieren zu lassen.