Die neue Macht der Demokraten

US-Präsident Donald Trump bekommt es mit einer wiedererstarkten Opposition zu tun

Von Karl Doemens

Mit ihrer neuen Mehrheit wollen die Demokraten Präsident Donald Trump das Regieren schwer machen. Doch sind sie sich in den eigenen Reihen selbst noch nicht einig.

Washington Das eindrucksvolle Türschild im Kongress ist schon angebracht. „AbgeordneteAlexandria Ocasio-Cortez“ steht da in wuchtigen goldenen Buchstaben auf schwarzem Grund. Die linke Aktivistin hat ein Foto der Tafel amüsiert bei Twitter veröffentlicht. „Lasst Euch nicht täuschen“, hat sie dazugeschrieben: „Ich bin immer noch Alex aus der Bronx.“ Der Einzug der 29-jährigen Latina, die vor einem Jahr noch als Barfrau jobbte und das Mandat mit einer Graswurzelkampagne gewann, wird nicht die einzige Veränderung sein, wenn sich an diesem Donnerstag der US-Kongress nach den Midterm-Wahlen neu konstituiert. Insgesamt werden dem Parlament deutlich mehr Frauen und Vertreter von Minderheiten angehören. Vor allem aber wechselt im Repräsentantenhaus die Mehrheit: Mit ihren 235 Abgeordneten, denen nur noch 199 Vertreter der Republikaner gegenüberstehen, haben die Demokraten nun klar das Sagen.

Der Plan der Demokraten ist klar: Sie wollen Donald Trump das Leben schwer machen. Doch es gibt sehr unterschiedliche Strömungen, und der bunte Neuanfang ist in der Fraktionsspitze nicht angekommen: Die 78-jährige Nancy Pelosi dürfte am Donnerstag zur neuen Sprecherin gewählt werden.

Zwar behalten die Konservativen die Mehrheit im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments. Trotzdem wird das Regieren für Trump mit einer erstarkten Opposition deutlich schwieriger werden. Die Abgeordneten wollen Trump in Ausschusssitzungen vorladen und die Verquickung seiner Geschäftsbeziehungen und Russland-Kontakte offenlegen. „Wir werden die Gewaltenteilung wiederbeleben“, hat Pelosi angekündigt. Die 78-Jährige steht seit 16 Jahren an der Spitze der Demokraten-Fraktion und kandidiert nun für das mächtige Amt der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses. Als erste parlamentarische Initiative hat sie ein Anti-Korruptions-Gesetz angekündigt, das die Kampagnenfinanzierung stärker reglementieren und Trump zur Veröffentlichung seiner Steuerunterlagen zwingen würde. Zwar hat das Paragrafenwerk im Senat kaum eine Chance, es ist aber ein deutliches Lebenszeichen der Opposition.

Tatsächlich haben sich die Demokraten zuletzt viel mit sich selbst beschäftigt. Pelosi, eine erstklassige Strippenzieherin und mächtige Spendensammlerin, hat früh den Anspruch auf den Posten der Parlamentsvorsitzenden angemeldet, den sie bereits von 2007 bis 2011 innehatte. Dagegen gab es in der Fraktion teils heftigen Widerstand. Immerhin wurden 35 größtenteils junge Frauen für die Demokraten erstmals ins Parlament gewählt. Die Millionärin Pelosi verkörpert den Aufbruch kaum. Mit einer Mischung aus Druck und der Belohnung mit attraktiven Ausschussposten hat Pelosi den Widerstand in den eigenen Reihen gebrochen. Am Ende willigte sie zudem in eine eher symbolische Amtszeitbegrenzung auf vier Jahre ein. Nun gilt ihre Wahl als sicher.

Angeführt wurde die gescheiterte Revolte von Tim Ryan, einem langjährigen Abgeordneten aus der Arbeiterstadt Youngstown in Ohio, der eher für eine pragmatische Ausrichtung der Partei steht. Doch auch unter den linken Parlamentsnovizinnen gibt es Unzufriedenheit mit dem Pelosi-Kurs. So organisierte Alexandria Ocasio-Cortez einen Protest vor dem Büro ihrer künftigen Fraktionschefin, um für strengere Umweltgesetze zu werben. Der neuen Fraktion der Demokraten gehören neben Ocasio-Cortez aber auch Abgeordnete wie Abigail Spanberger an. Die pragmatische Ex-CIA-Agentin hat in Virginia einen traditionell republikanischen ländlichen Wahlkreis gewonnen und will ihrer Basis keinesfalls mit radikalen Vorstößen vor den Kopf stoßen.

Folglich gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie man mit dem Präsidenten umgehen soll. Linke Aktivisten wollen lieber heute als morgen ein Amtsenthebungsverfahren einleiten. Vertreter des rechten Parteiflügels fürchten angesichts der absehbaren Blockade im US-Senat, damit ein entscheidendes Eigentor zu schießen.

Ohnehin hat Trump zum Machtwechsel im Kapitol ein anderes Thema in den Vordergrund geschoben: Der Haushaltsstreit, der seit knapp zwei Wochen beträchtliche Teile der Verwaltung lahmlegt, liefert einen Vorgeschmack auf die neuen konfrontativen Verhältnisse. Trump sieht die Chance, über das Budget sein Lieblingsprojekt einer Mauer zu Mexiko wieder in die Schlagzeilen zu bringen. Demonstrativ sagte er seinen Weihnachtsurlaub auf dem Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida ab und startete über die Feiertage eine aberwitzige Twitter-Tirade, in der er fünf Milliarden Dollar für das Bauwerk forderte. „Ich bin im Weißen Haus und warte auf die Demokraten“, twitterte er.

Zum Machtwechsel im Kongress hat Trump, wie es seine Art ist, wieder das Gegenteil angeboten: „Wollen wir einen Deal machen?“, schrieb er am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Grenzschutz und die Mauer-‚Sache‘ und die Haushaltssperre sollten nicht der Punkt sein, an dem Nancy Pelosi ihren Vorsitz beginnt“, so Trump weiter. Die Opposition lehnt den Deal ab und will ihre neue Stärke demonstrieren.