Die Stadtwerke Backnang heben den Gaspreis nochmals um 5,35 Cent an

Der Backnanger Energieversorger muss überschüssiges Gas, das er teuer eingekauft hat, zum Teil billig an der Gasbörse verkaufen.

Die Stadtwerke Backnang heben den Gaspreis nochmals um 5,35 Cent an

Kunden der Stadtwerke werden in diesen Tagen über Preisänderungen informiert. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Unerfreuliche Nachrichten gibt es erneut von den Stadtwerken Backnang. Für alle Kunden, die keine Verträge mit einer Preisgarantie haben, erhöht sich der Gaspreis zum 1. April dieses Jahres nochmals um 5,35 Cent pro Kilowattstunde. Die Kunden in der sogenannten Grundpreisversorgung zahlen dann 28,04 Cent pro Kilowattstunde, jene Kunden mit dem günstigsten Preismodell der Stadtwerke müssen hingegen 25,37 Cent pro Kilowattstunde einkalkulieren. Dieser Tage werden alle Kunden ein Schreiben mit der Ankündigung der Preisanhebung erhalten.

Die Erhöhung ist umso bemerkenswerter, weil die Gaspreise erst zum 1. Januar um 8,26 Cent pro Kilowattstunde angezogen hatten und die Stadtwerke noch Ende November zugesichert hatten, dass es im Jahr 2023 keine weiteren Erhöhungen mehr geben wird. Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Steffen listet mehrere Punkte auf, die nun doch zu der Gebührenerhöhung geführt haben. Etwa die Kalkulation im vergangenen Sommer und Herbst. Als damals die Preise für das Jahr 2023 berechnet wurden, fiel die Anpassung zu gering aus, „das müssen wir jetzt anpassen und nachholen“, so Steffen. Hätten die Stadtwerke damals bereits mehr verlangt, müssten sie jetzt keine Erhöhung vornehmen, „insofern ist das jetzt einfach nur eine Verschiebung“. Dass die Entscheidung vor drei Monaten anders ausgefallen ist, hatte ebenfalls mehrere Gründe. Steffen verweist darauf, dass die Unsicherheit im Herbst deutlich größer war als heute, die Versorgungssituation war deutlich angespannter. Die Fragen lauteten damals: Kommt überhaupt noch Gas an? Wie voll sind die Speicher? Wie entwickeln sich die Preise? Letztendlich habe man genommen, was man kriegen konnte. Den Stadtwerken sei es als regionaler Versorger wichtig gewesen, ausreichend Gas für die Kunden zur Verfügung zu stellen und keine Verträge kündigen zu müssen, so wie es andere Anbieter gemacht hätten. Auch sei damals noch völlig unklar gewesen, ob und in welcher Form und wann die Gaspreisbremse kommt. Steffen: „Hätten wir damals gewusst, dass der Kunde nur zwölf Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des früheren Verbrauchs zahlen muss, wäre die Situation deutlich entspannter gewesen.“

Sparappelle haben die Kalkulation schwierig gemacht

Ein Problem war des Weiteren die Prognose der Gasmenge, die benötigt wird. Üblicherweise hängt diese stark von der Temperatur ab und ist alleine schon deshalb schwierig vorherzusagen. Für dieses Jahr gibt es jedoch noch die Sondersituation, dass die Branche der Gasanbieter sowie die Regierung dazu aufgerufen hatten, Gas zu sparen. Wie soll die Kalkulation da funktionieren? Die Stadtwerke haben die Gasmenge für das gesamte Jahr 2023 bereits eingekauft. Nun müssen sie jeden Tag die überschüssige Menge am Spotmarkt verkaufen, und zwar für den Preis, der am jeweiligen Tag gilt. Steffen: „Das kann zu unseren Gunsten sein, kann aber auch zu unseren Ungunsten sein. Nachdem wir uns für das ganze Jahr mit Gas eingedeckt haben, sind wir diesem Mechanismus ein Stück weit ausgeliefert.“

Stellt sich die Frage, ob es zwingend nötig war, ausgerechnet in der Hochpreisphase das Gas fürs gesamte Jahr einzukaufen. Diese Frage beantwortet Steffen eindeutig: „Wir dürfen nicht spekulieren. Wir haben klare Vorgaben von unseren Gremien. Im Beschaffungshandbuch ist klar geregelt, wann und wie viel Gas eingekauft werden muss. Wir dürfen nicht mit offenen Positionen ins Rennen gehen, sondern müssen die ausreichenden Mengen kaufen. Jetzt nur die Hälfte der kalkulierten Menge zu kaufen und zu hoffen, dass die Einkaufspreise wieder fallen, das darf ich nicht.“ Mit dieser Strategie soll gewährleistet werden, dass die Preise sich nicht ständig sprunghaft verändern. Nun hat der relativ milde Januar die Kalkulation durcheinandergewirbelt. Das eingesparte, überschüssige Gas, das die Stadtwerke im vergangenen Jahr relativ hochpreisig eingekauft haben, musste im Januar zu geringen, tagesaktuellen Preisen verkauft werden. In der Vergangenheit hat es sich nur um geringe Beträge gehandelt. Doch seit der Energiekrise sind es Beträge von 30000 bis 50000 Euro täglich und meistens sind es Verluste. Steffen spricht in der Summe von riesigen Beträgen, „die jenseits von jeglicher Norm sind“. In der Vergangenheit hatten die Stadtwerke drei bis vier Millionen Euro Gasbeschaffungskosten, jetzt sind es knapp 20 Millionen Euro.

Auch die Zeit der Preissenkungen wird kommen

Als würde all dies nicht schon ausreichen, gab es auch bei den Stadtwerken selbst noch einen Lapsus, Steffen spricht von einer „prozessualen Lücke“, die erst im Januar im Hause bemerkt worden ist. So wurden nicht alle Tranchen der langfristigen Beschaffungsstrategie eingekauft, „das müssen wir jetzt nachholen“, so Steffen.

Nach der zweiten Erhöhung 2023 garantiert der Geschäftsführer der Stadtwerke jedoch, dass es in diesem Jahr keine weitere Erhöhung geben wird, „das haben wir im Aufsichtsrat so beschlossen, selbst wenn jetzt noch Faktoren dazukommen, die nicht in unserer Macht stehen.“ Mehr noch: Steffen kündigt an, dass es 2024 mit den Preisen wieder in eine deutlich andere Richtung gehen wird. Zwar werden wohl nie wieder Preise wie vor der Krise erreicht werden – das wären achteinhalb Cent pro Kilowattstunde – aber die Preise sollen wieder auf ein Niveau sinken, das Steffen als verträglich bezeichnet: „Unser Ziel sind zwölf Cent.“ Der Optimismus ist begründet, denn das Gas wurde bereits eingekauft und zwar zu deutlich günstigeren Konditionen wie 2023. Da die Gaspreisbremse nur bis zum 31. März 2024 gilt, wäre dies eine erfreuliche Entwicklung für die Kunden.