Krieg in der Ukraine

Die Ukraine soll zum stählernen Stachelschwein werden

In der EU wird diskutiert, wie ein möglicher Frieden abgesichert werden kann. Im Gespräch sind auch europäische Truppen vor Ort.

Die Ukraine soll zum stählernen Stachelschwein werden

EU-Ratspräsident António Costa forderte mehr Anstrengungen bei der Unterstützung der Ukraine.

Von Knut Krohn

Ursula von der Leyen gefällt das Bild des stählernen Stachelschweins. Die EU-Kommissionschefin will nicht nur die Verteidigungsfähigkeit der Europäischen Union so weit ausbauen, dass sich niemand traut, die Union anzugreifen. Zuletzt verwendete die Politikerin diesen Begriff auch in Bezug auf die Ukraine. Doch ohne entschlossene Freunde wäre das Stachelschwein Kiew den Angriffen Russlands weiter ausgeliefert. Aus diesem Grund wird in der EU diskutiert, welche Sicherheitsgarantien es benötigt, um einen möglichen Frieden in der Ukraine zu gewährleisten. Das war einer der Hauptpunkte am Tag nach dem Treffen der Europäer und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus.

Die Sicherheitsgarantien sollen konkretisiert werden

Das weitere Vorgehen wurde am Dienstag von den in der sogenannten Koalition der Willigen zusammengeschlossenen Unterstützern der Ukraine und später unter den EU-Staaten beraten. Wie der britische Premierminister Keir Starmer nach dem Gespräch am Dienstag erklärte, wollen sich die Staaten der Koalition der Willigen nun mit ihren US-Partnern treffen, um die Sicherheitsgarantien für Kiew zu konkretisieren. Es werde dabei auch darum gehen, die Vorbereitungen für den Einsatz von Friedenstruppen im Falle einer Waffenruhe voranzubringen, erklärte Starmer nach der Videoschalte der rund 30 Staats- und Regierungschefs.

Auch EU-Ratspräsident António Costa forderte mehr Anstrengungen bei der Unterstützung der Ukraine. „Wir müssen unsere militärische Unterstützung für die Ukraine verbessern, verstärken und Hindernisse beseitigen“, sagte Costa. Die EU begrüßt nach seinen Worten die Ankündigung der USA, sich an Sicherheitsgarantien zu beteiligen und Europa sei bereit, seinen „Beitrag auf allen Ebenen zu leisten“.

Ohne die USA ist eine Abschreckung kaum möglich

Einigkeit besteht bei den Europäern darin, dass es ohne die USA keine wirkliche Abschreckung geben kann. Doch die Ankündigung Donald Trumps, der Ukraine beizustehen, wird mit Skepsis gesehen. Der US-Präsident versicherte mit Blick auf Kiew nur: „Wir werden ihnen sehr guten Schutz geben, sehr gute Sicherheit.“ Was das bedeutet, ist allerdings völlig unklar. Zudem gibt es die Befürchtung, die US-Administration könnte ihre Meinung von einem Tag auf den anderen wieder ändern.

Auch Deutschland werde sich bei der Absicherung eines möglichen Friedens in der Ukraine an den Sicherheitsgarantien beteiligen, hieß es am Dienstag aus Berlin. Über die Art der deutschen Beteiligung werde aber erst entschieden, wenn über den großen Rahmen Einigkeit herrsche. Weiter heißt es, die anvisierten Sicherheitsgarantien müssten vier Elemente umfassen: eine militärische Präsenz vor Ort in der Ukraine, das Monitoring einer Friedensregelung, die Stärkung der Luftverteidigung des Landes und die Bewaffnung der ukrainischen Streitkräfte.

Ein „enorm dynamisches Umfeld“

Die offenen Fragen würden nun auf Arbeitsebene besprochen, heißt es aus Berlin. Das sei aber sehr schwierig, weil sich die Entwicklung in einem „enorm dynamischen Umfeld“ abspiele. Am deutlichsten wurde am Dienstag Emmanuel Macron. Frankreichs Präsident hatte bereits vor der Video-Konferenz in einem Interview mit dem Sender „TF1“ vor einem vorschnellen Friedensdeal für die Ukraine ohne robuste Sicherheitsgarantien gewarnt. „Dieser Frieden darf nicht überstürzt werden und muss durch solide Garantien abgesichert sein, sonst stehen wir wieder am Anfang“.

Aber auch Macron zögert, eigene Militärverbände ins Spiel zu bringen. „Die erste Sicherheitsgarantie ist eine starke ukrainische Armee, das heißt mehrere Zehntausend gut ausgerüstete Soldaten mit Verteidigungssystemen, besseren Standards“, betonte er. Die zweite Garantie bestehe aus Rückversicherungstruppen und der Ansage, „dass die Briten, Franzosen, Deutschen, Türken und andere bereit sind, Operationen durchzuführen, nicht an der Front, nicht provokativ, sondern zur Beruhigung in der Luft, auf See und an Land, um ein strategisches Signal zu setzen und zu sagen: Ein dauerhafter Frieden in der Ukraine ist auch unser Anliegen“.

Auf die Frage, ob diese Rückversicherungstruppen im Falle eines russischen Angriffs gezwungen sein würden, zu kämpfen, sagte Macron dem Sender: „Das ist das Ziel dieser Sicherheitsgarantien.“