Initiative Klimaentscheid lädt zur Diskussionsveranstaltung ein

Die Verkehrswende im Fokus: Im Zusammenhang mit der Europäischen Mobilitätswoche veranstaltet die Initiative Klimaentscheid eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Wie kann es gelingen, die verkehrsbedingten Emissionen im Rems- Murr-Kreis bis 2028 um 50 Prozent zu senken?“ im Seniorenbüro in Backnang.

Initiative Klimaentscheid lädt zur Diskussionsveranstaltung ein

Referent Bertram Ribbeck vom Klimaentscheid möchte mehr Bürger für das Thema Verkehrswende begeistern. Foto: Alexander Becher

Von Carmen Warstat

Backnang. Wie kann es im Rems-Murr-Kreis gelingen, die verkehrsbedingten Emissionen bis 2028 um 50 Prozent zu senken? Diese Fragestellung beschäftigte kürzlich im Seniorenbüro etwa zwei Dutzend Bürger, darunter mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative Klimaentscheid Backnang. Die Gruppe möchte zeigen, dass ihr eine lebenswerte Zukunft wichtig ist, und sie möchte die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens vor Ort „antreiben“.

Ebenfalls unter den Interessierten waren der Baudezernent Stefan Setzer und mehrere Stadträte sowie mit Martin Windmüller und Lothar Buchfink Vertreter des innerstädtischen Handels, eine Studentin als (leider einzige) Vertreterin der jungen Generation sowie ein Familienvater und mehrere Vertreter der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer.

Als Moderatoren fungierten Nadine Käpple und Bertram Ribbeck, die gemeinsam Fortbildungen zur gewaltfreien Kommunikation absolviert haben und in diesem Zusammenhang insbesondere vom Konzept der Dynamic Facilitation (etwa: dynamische Ermöglichung) beeinflusst wurden. Die Methode ist Ribbeck zufolge in Vorarlberg bereits institutionalisiert und ermöglicht „eine neue politische Kultur“, indem sie jedem Teilnehmer Raum und Zeit gibt und alle Statements „spiegelt“, um die Anliegen der Diskutanten sofort zu überprüfen, gegebenenfalls zu klären und an Flipcharts festzuhalten. Wertende Kommentare richten die Beteiligten idealerweise an die Moderatoren, so können Missverständnisse und Aggressionen entschärft werden. Zudem geht es darum, „bewusst Tempo aus der Diskussion zu nehmen“. Weiter erläuterte Bertram Ribbeck „das Prinzip Fishbowl“, das einem Goldfischglas gleicht, um das weitere Teilnehmer herumsitzen. Hier gibt es einen Innen- und einen Außenkreis, zwischen denen die Teilnehmer wechseln können: Im Innenkreis wird diskutiert und im Außenkreis zugehört, sodass jeder, der es möchte, zu Wort kommen kann.

Die Kategorien lauten Lösungen, Informationen, Einwände, Herausforderungen

Nach einführenden theoretischen Erläuterungen des Physikers Tobias Rehrl wurde die Gesprächsrunde eröffnet und thematisierte erwartungs- und wunschgemäß „das, was wir auf lokaler Ebene beeinflussen können“. Meike Ribbeck hatte die Aufgabe, die Impulse der Diskutanten in den Kategorien „Lösungen“, „Informationen“, „Einwände“ und „Herausforderungen“ festzuhalten, wodurch die Spiegelung aller Beiträge gewährleistet wurde und jeder sich gehört und angenommen fühlte.

Die Inhalte der Diskussion reichten von lebhaft ausgetauschten moderaten Vorschlägen über gemäßigte politische Statements bis hin zur Leugnung kohlendioxidbedingter Erderwärmung, wobei eine politisch motivierte Auseinandersetzung von den Teilnehmern und Gesprächsleitern fast einhellig abgelehnt wurde. Es sei falsch, Verkehrsteilnehmer „zu provozieren“ oder „gegeneinander auszuspielen“, hörte man mehrfach. Der motorisierte Individualverkehr als „Privileg“ erhitzte vorübergehend die Gemüter, der öffentliche Personennahverkehr war ebenso Thema wie die Notwendigkeit, Probleme und Bedürfnisse des Fahrradverkehrs sowie Carsharing-Angebote näher zu betrachten. Intensiv diskutiert wurden auch der Freiheitsbegriff, der mit der Nutzung motorisierten Individualverkehrs verbunden wird, und soziale Aspekte, sprich: die Erschwinglichkeit als Kriterium.

Autofreie Grabenstraße

Konkret in Bezug auf Backnang thematisiert wurden eine autofreie Grabenstraße sowie die Einrichtung einer breiten Fahrradspur auf der Stuttgarter Straße, eine Temporeduzierung auf 30 oder 40 Kilometer pro Stunde in der gesamten Innenstadt, der Einsatz von Lastenrädern durch Lieferdienste und, dass der innerstädtische Handel nicht benachteiligt werden dürfe gegenüber anderen Vertriebsformen für Waren.

Zum Schluss waren alle Tafeln vollgeschrieben und es kam zur Auswertung von Form und Inhalten der Diskussion in „Murmelgruppen“: Wie ging es uns mit diesem Abend? So lautete die Frage, die sehr komplex beantwortet wurde: Die Methode Dynamic Facilitation bewerteten die Diskutanten im Wesentlichen sehr positiv, wobei die „Entschleunigung“ durch das Rückspiegeln und Notieren der Inhalte kritisiert wurde. Die Fragestellung fanden einige „zu groß“ für das Prinzip „Fishbowl“, andere bewerteten die Zeit als nicht ausreichend. Gelobt wurde die „Freiheit, seine Meinung zu sagen und auch zu behalten“. Schließlich bestand Einigkeit auch dahingehend, dass es gelingen muss, alle zu erreichen, auch die anderen, die nicht sowieso schon überzeugt sind von der Dringlichkeit, die Herausforderungen anzugehen, so Stefan Setzer sinngemäß. Er wolle das „Format nicht schmälern“ mit der wichtigen Frage: „Wie gelingt es, große Menschenmengen zu motivieren, ihren Lebensstil zu ändern?“