Die Weinbau-Pioniere vom Ebersberg

Die Ebersberger Vinöre stellen ihre Weine der Öffentlichkeit vor – Pilzresistente Rebsorten ermöglichen naturnahe Erzeugung

Ein Stück Land, drei Männer, eine Leidenschaft: Achim Keser, Friedrich Strohmaier und Franz K. Matyas verbindet die Liebe zum Wein. Aber sie trinken den edlen Rebensaft nicht nur gerne, sondern erzeugen ihn auch selbst. Unter dem Namen „Die Ebersberger Vinöre“ bauen sie an den steilen Hängen des Ebersbergs neue Rebsorten an und lassen die Tradition des Weinbaus wieder aufleben.

Die Weinbau-Pioniere vom Ebersberg

Franz K. Matyas, Achim Keser und Friedrich Strohmaier (von links) in den Weinbergen über Däfern am Ebersberg mit Blick über die Backnanger Bucht. Am Sonntag stellen die Ebersberger Vinöre ihren Jahrgang 2017 vor. Foto: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

AUENWALD. Die drei Männer sitzen auf der Terrasse der Winzerhütte, die am Hang des Ebersbergs inmitten der Weinberge liegt. Der Ausblick ist umwerfend: Über dem Grün der jungen Reben schweift der Blick kilometerweit in die hügelige Landschaft der Backnanger Bucht. Kurz schaut Reinhold Knödler vorbei, der mit seinen knapp 90 Jahren so etwas wie der gute Geist der Ebersberger Wengerter ist. Die drei Vinöre, gestandene Männer mittleren Alters, sind für ihn „die Buben“.

„Wir wollen einen guten Wein machen.“ So einfach ist der Anspruch, den Achim Keser, Friedrich Strohmaier und Franz K. Matyas an ihre Arbeit haben. Wenn die drei von ihrer Passion erzählen, spricht aus jedem Wort die Begeisterung für den Weinbau. Achim Keser ist die treibende Kraft in der Gruppe, er hat die meiste Erfahrung und sprudelt förmlich über, so viel weiß er zu berichten. Er ist derjenige, der das Ganze ins Rollen gebracht hat, als er sich 2004 den Traum vom eigenen Weinberg erfüllt hat. 2014 kam Strohmaier und 2015 Matyas dazu.

Sechs Parzellen haben die drei Freunde am Ebersberg teils gekauft, teils gepachtet. Zusammen bewirtschaften sie rund 65 Ar, über die Hälfte der Weinbaufläche am Ebersberg. Das bedeutet Knochenarbeit, denn an den steilen Hängen können keine Maschinen eingesetzt werden. Zur Lese im Herbst, dem Höhepunkt des Weinjahres, werden alle verfügbaren Hände gebraucht: Ehefrauen, Kinder, Freunde, Nachbarn, alle packen mit an.

Beim Bepflanzen ihrer Weinberge haben die drei Winzer auf ein innovatives Konzept gesetzt. Sie wählten sieben Rebsorten aus, die allesamt widerstandsfähig gegen Pilze sind, sogenannte Piwi-Sorten. Durch Kreuzungen mit amerikanischen Wildreben wurden die Pflanzen unempfindlicher gegen Mehltau. Diese Pilzerkrankung, die aus den USA eingeschleppt wurde, macht herkömmlichen Rebsorten so zu schaffen, dass die Winzer acht bis zwölf Mal im Jahr zu Spritzmitteln greifen müssen. Die Piwi-Sorten müssen entweder überhaupt nicht oder höchstens zwei Mal pro Jahr gespritzt werden. Dadurch ist eine naturnahe Anbauweise möglich und der Zeitaufwand verringert sich, sodass die Arbeit im Weinberg auch neben dem Beruf zu bewältigen ist. „So eine Vielfalt von Piwi-Rebsorten ist deutschlandweit wohl einmalig“, vermutet Achim Keser. Und sein Mitstreiter Matyas ergänzt: „Was wir machen, ist revolutionär.“

So viel Pioniergeist hat jedoch seinen Preis. Da die Piwi-Rebsorten nicht klassifiziert sind, ist der bürokratische Aufwand für die Genehmigung und auch während des Anbaus immens. „Die Piwis werden mit Argusaugen beobachtet“, sagt Strohmaier.

Später sollen unter dem Blätterdach Schafe als natürliche Rasenmäher eingesetzt werden

Und noch einen anderen ökologischen Ansatz verfolgen die drei Vinöre: In einer Parzelle werden die Reben an waagerechten Drähten entlang geführt, die höher als sonst üblich verlaufen. Umkehrerziehung wird dieses Verfahren bezeichnet. Später sollen unter dem Blätterdach Schafe als natürliche Rasenmäher eingesetzt werden.

Im Moment wachsen jedoch noch verschiedene blühende Pflanzen zwischen den Reihen der Weinstöcke. Ein Anblick, der nicht jedem gefällt, erzählt Franz Matyas: „Ich bin schon im Ort angegangen worden: Franz, wie sieht denn dein Weinberg aus!“

Mit ihrem Einsatz lassen die drei Männer eine Tradition am Ebersberg wieder aufleben, die lange zurück reicht. In einer Beschreibung des Oberamts Backnang aus dem Jahr 1871 heißt es zum Beispiel: „Der Wein, der zu den besten des Bezirks gehört, wird bei sorgfältiger und rationeller Behandlung von ausgezeichneter Güte; die von Apotheker Fr. Esenwein in Backnang eingesandten Proben wurden auf der Weltausstellung in Paris 1867 prämiert.“

Zwischen den Jahren 1860 und 1915 brachten dann die Reblaus und der aus den USA eingeschleppte Mehltau-Pilz den Weinbau in ganz Europa praktisch zum Erliegen. Im Weissacher Tal beteiligte man sich nicht am anschließenden Wiederaufbau. Dies lag auch daran, dass durch die Realaufteilung der Grundstücke im Erbfall die Parzellen immer kleiner wurden, es entstanden „Handtuchfelder“, die nicht mehr rationell zu bewirtschaften waren. Übrig blieben bis heute einige Nebenerwerbswinzer, die Wein für den Eigenbedarf und für den Ausschank in einer Besenwirtschaft in Däfern erzeugen.

Die drei Vinöre knüpfen an die alte Tradition an und haben einen Cuvée rot (Qualitätswein) und einen Cuvée weiß (Prädikatswein Spätlese) kreiert. Beide Weine bestehen zu 100 Prozent aus Piwi-Rebsorten. Ausgebaut und abgefüllt wird der Wein beim Weingut Gemmrich in Oberstenfeld. Der Jahrgang 2017 ergab einen Ertrag von 1050 Flaschen Rotwein und 590 Flaschen Weißwein. Mit der Qualität sind die Winzer sehr zufrieden. Friedrich Strohmaier beschreibt den Geschmack so: „Der Weißwein liegt zwischen einem Riesling und einem Grauburgunder, der Rote ist ein gehaltvoller, tanninhaltiger Wein, der etwas anders schmeckt als die übrigen Weine aus der Gegend.“