Nächste Runde im Streit um Diskriminierung beim Fischertag

dpa Memmingen. Dürfen Frauen bei einem Brauchtums-Fischen im Allgäu mitmachen? Der veranstaltende Verein beruft sich auf die Tradition und sagt Nein. Dagegen hatte ein weibliches Mitglied geklagt - und gewonnen. Nun wird der Streit in der nächsten Instanz neu verhandelt.

Nächste Runde im Streit um Diskriminierung beim Fischertag

Männer stehen beim Ausfischen mit ihren Keschern, den sogenannten Bären, im Stadtbach. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Archivbild

Der Prozess um Diskriminierung von Frauen beim traditionellen Fischertag in Memmingen geht heute (9.00 Uhr) in die zweite Runde. Eine Klägerin hatte in erster Instanz vor dem Amtsgericht gegen die Veranstalter des jährlichen Brauchtums-Fischens in der Stadt im Allgäu gewonnen. Dass nur Männer daran aktiv teilnehmen dürfen, sei Diskriminierung. Gegen das Urteil hatte der Fischertagsverein Berufung eingelegt. Nun wird der Fall am Memminger Landgericht neu aufgerollt. Mit einem Urteil ist nach Angaben des Gerichts aber erst zwei bis drei Wochen später zu rechnen.

Beim traditionellen Höhepunkt des Fischertags springen die Teilnehmer jedes Jahr im Sommer in den Memminger Stadtbach und holen Forellen aus dem Wasser. Wer den größten Fisch fängt, darf sich ein Jahr lang Fischerkönig nennen. Die Satzung des Vereins, der das Spektakel organisiert, sieht vor, dass nur männliche Mitglieder fischen dürfen. Frauen bleibt die Rolle der „Kübelmädle“ am Rand des Stadtbachs vorbehalten. Dagegen hatte ein weibliches Vereinsmitglied erfolgreich geklagt. Das Urteil im Verfahren könnte wegweisend für andere Männerbastionen bei Vereinsveranstaltungen sein.

Das Memminger Amtsgericht hatte im August 2020 geurteilt, eine männliche Tradition allein sei bei einer Veranstaltung mit herausragender Bedeutung kein zulässiger Grund für Diskriminierung. Der Fischertagsverein mit rund 4500 Mitgliedern habe eine besondere soziale Machtstellung in der Stadt und müsse sich an den Grundsatz der Gleichbehandlung im Grundgesetz halten. Der Verein hatte sich dagegen auf die Vereinsfreiheit berufen und argumentiert, Frauen könnten sich abseits des Fischens in jedem Bereich engagieren.

Der Fischertag geht darauf zurück, dass früher der städtische Bach einmal jährlich leer gefischt wurde, um den Kanal zu reinigen. Diese Tradition ist nach Angaben des Vereins bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Heutzutage kommen jedes Jahr Zehntausende Besucher zu dem Fest in die Stadt. Umstritten ist das Treiben aber nicht nur wegen des Ausschlusses von Frauen beim Ausfischen. Tierschützer kritisieren die Brauchtumsveranstaltung schon lange als Tierquälerei.

Dieses Jahr wird der Fischertag nach Angaben der Stadt Memmingen wie schon im vergangenen Sommer coronabedingt nicht in vollem Umfang gefeiert. Das traditionelle Ausfischen des Stadtbachs werde „in keinem Fall“ stattfinden, sagte eine Sprecherin. Ganz ausfallen soll das Fest nach Angaben des Fischertagsvereins aber nicht: „Es gibt auf jeden Fall ein Alternativprogramm“, sagte ein Sprecher. Über die Details habe der Verein aber noch nicht entschieden.

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