Diskussion um „Luxustoilette“ im Park

Backnanger Gemeinderat beschließt Bau einer WC-Anlage im Annonaygarten – Einige Stadträte finden 170000 Euro zu teuer

„Was lange währt, wird endlich teuer.“ Mit diesem abgewandelten Sprichwort kommentierte Oberbürgermeister Frank Nopper die Kostenschätzung von rund 170000 Euro für die geplante Toilettenanlage im Annonaygarten. Manchem Stadtrat war das zu viel Geld, die Mehrheit im Gemeinderat hält das neue WC aber für unverzichtbar.

Diskussion um „Luxustoilette“ im Park

Der Annonaygarten in der Backnanger Innenstadt wird vor allem von Familien genutzt. Viele vermissen bis jetzt eine Toilette. Archivfoto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Als der Backnanger Gemeinderat vor mehr als drei Jahren den Bau des neuen Parks auf dem ehemaligen Hallenbad-Gelände beschloss, hielt das Gremium eine Toilette noch für überflüssig. Das öffentliche WC an der Bleichwiese sei ja nicht weit, hieß es damals. Eine Fehleinschätzung, wie sich nach der Eröffnung im September 2017 herausstellte. Vor allem für kleine Kinder sind 200 Meter eben doch eine ziemliche Entfernung, wenn’s pressiert. Manche Parkbesucher nutzten deshalb lieber Hecken und Bäume als Toilette.

Doch damit soll bald Schluss sein: Mit deutlicher Mehrheit hat der zuständige Gemeinderats-Ausschuss nun den Bau einer Toilettenanlage beschlossen. Vor der Entscheidung wurde im Gremium aber noch einmal ausführlich über das neue WC und vor allem über dessen Kosten diskutiert.

Hohe Investition, geringer Unterhalt

„Das kommt mir sehr teuer vor“, meinte etwa Jörg Bauer vom Bürgerforum Backnang (BfB) und äußerte die Vermutung, die Stadt wolle im Annonaygarten eine „Luxustoilette“ bauen. Dem widersprach Baudezernent Stefan Setzer. Dass die Toilette so teuer sei, liege vor allem daran, dass man sie vandalismussicher geplant habe: Kloschüssel und Armaturen seien aus Edelstahl. Außerdem hat das behindertengerechte WC eine Selbstreinigungsfunktion: Klobrille und Fußboden werden nach jeder Nutzung automatisch abgespritzt und desinfiziert. Das erhöht zwar die Investitionskosten, spart aber später beim Unterhalt. Denn sonst brauche man eine Reinigungskraft, die mehrmals täglich sauber macht, erklärte Setzer: „Dann fliegen uns die Kosten erst recht um die Ohren.“ Ein kleiner Trost für die Stadträte: Das Land beteiligt sich mit rund 30000 Euro an den Kosten.

Auch optisch soll das kleine Häuschen nicht völlig schmucklos dastehen. Die Fassade wird mit Resopalplatten verkleidet und künstlerisch gestaltet. In einem ersten Entwurf hatte der Backnanger Grafiker Hellmut G. Bomm dafür das Motiv der Montgolfiere wieder aufgegriffen. Schon das Klettergerüst im Annonaygarten hat die Form eines Heißluftballons, in Erinnerung an die Gebrüder Montgolfier, die in der französischen Partnerstadt geboren wurden. CDU-Stadtrat Gerhard Ketterer machte allerdings den Vorschlag, die Toilettenfassade dem Thema Europa zu widmen. Eine Idee, die OB Nopper unterstützte. Bomm wird nun noch einmal einen neuen Gestaltungsvorschlag erarbeiten.

Diskutiert wurde im Ausschuss auch noch mal über den geeigneten Standort für das WC. Nach den Plänen der Verwaltung soll es beim Parkplatz neben dem Imbisswagen entstehen, denn dort liegen bereits die Anschlüsse für Wasser, Strom und Abwasser. Würde man das WC-Häuschen etwa beim Feuerwehrhaus platzieren, sei mit Zusatzkosten „im höheren fünfstelligen Bereich“ zu rechnen, mahnte Setzer. Trotzdem hielten mehrere Stadträte den gewählten Standort für ungeeignet. Dieser liege zu versteckt und sei zu weit weg vom Spielplatz, bemängelten etwa Sabine Kutteroff und Rolf Hettich (beide CDU). Einige Stadträte befürchteten auch eine Geruchsbelästigung für Kunden und Mitarbeiter des Imbissstands.

50 Cent Gebühr als Schutz vor Vandalismus

Dieses Problem könne man lösen, indem man die Toilettentür auf der Rückseite Richtung Murr anbringe, erklärte Stefan Setzer. Grundsätzlich sei die Nähe zwischen Toilette und Imbiss aber durchaus gewollt. „So gibt es auch eine soziale Kontrolle.“ Zum Schutz gegen ungebetene Gäste soll zudem eine Nutzungsgebühr von 50 Cent beitragen. Dabei gehe es nicht um die Einnahmen, betonte OB Nopper. Vielmehr habe man die Erfahrung gemacht, dass das Vandalismusproblem bei kostenlosen Toiletten noch wesentlich größer sei.

Karl Scheib lehnt eine Gebühr dennoch ab. Wenn eine Familie mit mehreren Kindern einige Stunden auf dem Spielplatz verbringe, koste der Parkbesuch schnell mehrere Euro, rechnete der BfB-Stadtrat vor: „Das finde ich asozial.“ Die BfB-Fraktion, die 2017 selbst ein WC im Annonaygarten beantragt hatte, stimmte am Ende dann auch geschlossen gegen die neue Toilette, ebenso die AfD.

Die anderen Fraktionen sind hingegen nach wie vor von deren Notwendigkeit überzeugt – trotz der hohen Kosten. „Wenn wir es machen, müssen wir es richtig machen. Sonst gehen die Leute weiter in die Büsche“, sagte SPD-Fraktionschef Heinz Franke. Der Auftrag wird nun ausgeschrieben, wegen der langen Lieferzeit wird das neue WC aber wohl erst im März 2020 in Betrieb gehen.