Jens Spahn

Druck wegen Masken wächst: Opposition erhebt Vorwurf der Verschleierung

Inzwischen ist der Sonderbericht zur Masken-Beschaffung in der Corona-Zeit komplett veröffentlicht. Der Druck aus der Opposition wächst – auch auf Gesundheitsministerin Nina Warken.

Druck wegen Masken wächst: Opposition erhebt Vorwurf der Verschleierung

Hat Jens Spahn die Masken-Amigos der CDU/CSU begünstigt?

Von Michael Bosch

Jens Spahn gerät in der sogenannten Masken-Affäre zusehends in die Bredouille. Am Wochenende erhöhte Opposition den Druck auf den ehemaligen Gesundheitsminister und jetzigen Fraktionsvorsitzenden der Union. Der Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD), die Spahn schwere Versäumnisse vorwirft, war zunächst geschwärzt erschienen.

Darin waren vor allem die Stellen, in denen es um Spahns Rolle ging, unkenntlich gemacht worden. Das Papier ist inzwischen vollständig veröffentlicht worden. Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR hatten den kompletten Bericht ausgewertet. Passagen zeigten, wie Spahn persönlich in Beschaffungsentscheidungen eingebunden gewesen und wie er vor Risiken gewarnt worden sei, schrieb die „Süddeutsche“.

„Jens Spahn hat gelogen“

Zu Beginn der Pandemie 2020 waren die (relativ) sicheren FFP2-Masken erst gar nicht zu erhalten und dann zunächst knapp. Vorgeworfen wird dem damaligen Gesundheitsminster in diesem Zusammenhang auch, bei den Milliardenaufträgen überteuerte Einkäufe befördert, ihm nahestehende Personen bevorzugt und Warnungen bezüglich der zu erwartenden Bedarfe außer acht gelassen zu haben. Spahn weist all dies zurück.

Die Kritik an Spahn und den Schwärzungen wurde über das Wochenende lauter. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen erhebt auf dieser Basis schwere Vorwürfe – auch gegen Spahns Nachfolgerin und Parteikollegin Nina Warken. Der ungeschwärzte Bericht zeige, dass Warken „an mehreren Stellen gezielt Schwärzungen vorgenommen hat – mit dem offensichtlichen Ziel, die Verantwortung von Jens Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern, die in der Pandemie Staat und Steuerzahler zur Beute gemacht haben. Die Enthüllung zeigt schwarz auf weiß: Jens Spahn hat gelogen. Nicht einmal, nicht in guter Absicht, nicht nur in Details – sondern wiederholt, systematisch und mit dem Ziel,sich selbst und Netzwerke in seinem Umfeld zu schützen“, sagte Dahmen.

Jens Spahn: Persönliche Verstrickungen vertuscht?

Ins gleiche Horn blies die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann:„Spätestens mit den neuen Enthüllungen muss Jens Spahn erklären, wie und warum er persönlich so eng in die Maskendeals eingebunden war. Anstatt sich über kritische Nachfragen zu beschweren, sollte er jetzt endlich für Aufklärung sorgen und Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen“, sagte Haßelmann der „Rheinischen Post“.

Untersuchungsausschuss zu Spahn-Machenschaften?

Scharfe Kritik kam auch von der Linken. Die Union nutze offenbar alle Möglichkeiten, um Spahns persönliche Verstrickungenzu decken, sagte Ates Gürpinar, Sprecher für Gesundheitsökonomie der Linken-Fraktion. Der Sudhof-Bericht werde von der Union diskreditiert. „Ein Untersuchungsausschuss ist dringend nötig, die mehr als fragwürdigen Einmischungen von Spahn, die das unionsgeführte BMG lieber verheimlichen wollte, müssen lückenlos aufgeklärt und er selbst zur Verantwortung gezogenwerden.“

Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek sagte, die Vorgänge beschädigten die Glaubwürdigkeit der Union. „Es sollte selbstverständlich sein, nachdem diese fragwürdigen Deals mutmaßlich einen Milliardenschaden angerichtet haben, die Verantwortung dafür zu übernehmen und die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu unterstützen.“

Mehrheit für Spahn-Untersuchungsaussschuss?

Grüne und Linke im Bundestag appellierten an die SPD, gemeinsam den Weg für einen Untersuchungsausschuss freizumachen. Für die Einsetzung fehle allein die Zusage der SPD, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic dem „Stern“. „Verweigert die SPD ihre Stimmen, stellt sie sich schützend vor Jens Spahn und gegen das Minderheitenrecht des Parlaments.“ Mihalic sagte, die Erkenntnisse aus dem ungeschwärzten Bericht legten ein Geflecht aus Lobby-Provisionen und ministeriellen Fehlentscheidungen offen.

Die Vorwürfe ließen sich nur in einem Untersuchungsausschuss restlos aufklären, so Mihalic. Sie hatte bereits vergangene Woche in einem Schreiben an Union und SPD im Bundestag um Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss geworben. Hintergrund ist, dass die Grünen und Linken nicht auf die nötigen 25 Prozent der Abgeordneten für die Einsetzung eines solchen Gremiums kommen und sich nicht auf etwaige Stimmen der AfD stützen wollen.

Jens Spahn: Grüne in die Nähe der AfD gerückt

Spahn (CDU) sieht einem möglichen Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre gelassen entgegen. Er halte eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung für den „besseren Weg“, auch im Hinblick auf eine „gesellschaftliche Befriedung“. Eine solche Kommission befürworten auch SPD und Union bislang. Einen entsprechenden Antrag brachten die beiden Fraktion bereits ins Parlament ein.

Der Unionsfraktionschef beklagte laut „Stern“ bösartige Vorwürfe in der Debatte um seine Person. „Ich wünsche mir, dass mein Handeln im Kontext der damaligen Notlage bewertet wird. Wir waren völlig unvorbereitet“, sagte er. „Stattdessen werden nun, fünf Jahre später, Maßstäbe angelegt, als hätte es gar keine Jahrhundert-Pandemie gegeben und bösartig Vorwürfe konstruiert.“ Im ZDF hatte Spahn zuvor zum großen Schlag ausgeholt – und die Grünen in die Nähe der AfD gerückt: „Solches Geraune, solche Konstruktionen, wie sie die Grünen gerade machen - solche Methoden kenne ich bisher nur von der AfD“, sagte er.

Jens Spahn und Nina Warken: Warum die Schwärzungen im Bericht?

Spahns Nachfolgerin Nina Warken verteidigte die Schwärzungen im Sudhof-Bericht. „Wir haben das nicht getan, um Jens Spahn zu schützen“, sagte sie am Montag im ZDF-“Morgenmagazin“. Die CDU-Politikerin aus Baden-Württemberg, der aktuell die Krankenkassen-Beiträge aus dem Ruder laufen, begründete die Schwärzungen mit der Wahrung von Persönlichkeitsrechten, den Rechten Dritter und laufenden Prozessen. „Es gab ganz klare Vorgaben für die Schwärzungen und nach denen ist das Haus vorgegangen“, sagte Warken im ZDF. „Ich habe die Verpflichtung dazu, Dinge zu schwärzen, die wir nicht offenlegen können.“

Sudhof selbst soll am Dienstag im Haushaltsausschuss und am Donnerstag im Gesundheitsausschuss des Bundestages befragt werden. Spahn hat bereits im Haushaltsausschuss des Bundestags Stellung zum Bericht genommen – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Spahn, Emix und die Tandler-Connection

Bekannt geworden ist nun unter anderem, dass Spahn trotz günstigerer Angebote offenbar für über 750 Millionen Euro überteuerte Masken von der Schweizer Firma Emix beschaffen ließ. Die CSU-Politikerin Andrea Tandler – Tochter von Ex-Generalsekretär Gerold Tandler – soll dafür 48 Millionen Euro Provision erhalten haben und wurde in erster Instanz wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Wegen Untreue oder Korruption konnte bislang niemand belangt werden.

Mit Material von dpa und AFP.