Das Ausmaß der Überschwemmungen in Texas wird immer heftiger. Viele Menschen, die am Wasser gecampt haben, sind tot. Wer ist schuld an der Tragödie?
Hunderte Helfer suchen weiter nach Vermissten der Flutkatastrophe in Kerr County im US-Bundesstaat Texas.
Von Markus Brauer/AFP/dpa
Die Zahl der bestätigten Todesfälle infolge der Flutkatastrophe im US-Bundesstaat Texas steigt immer weiter. Am Sonntag (6. Juli) gab es von Behördenseite die Warnung, dass es erneut zu Fluten kommen könnte. Eine Entspannung ist nicht in Sicht.
Am Freitagmorgen (4. Juli) war es in dem Urlaubsgebiet im Süden der USA zu heftige Überschwemmungen gekommen. Viele Kinder und Erwachsene hatten an Flussufern gecampt und sind nun tot.
Besonders Kerr County ist betroffen
Im besonders betroffenen Gebiet Kerr County bestätigten Behörden 68 Todesfälle. Nimmt man Todesopfer aus Zentral-Texas hinzu, lag die Zahl bei inzwischen rund 80. Weil das Ausmaß immer noch nicht klar ist und nach Vermissten gesucht wird, könnte die Zahl noch weit höher werden.
Im gesamten Bundesstaat wurden mit Stand Sonntagnachmittag den Behörden zufolge noch rund 40 Menschen vermisst. Vor allem in der Gegend um Kerrville zelteten viele Erwachsene in der Nähe des Wassers und waren mit Wohnmobilen angereist. Besonders ein Sommercamp für Mädchen stand im Mittelpunkt. Zehn Camper und ein Betreuer wurden noch vermisst.
Bild der Verwüstung in Sommercamp
Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, besuchte nach eigenen Angaben am Samstag (5. Juli) das christliche „Camp Mystic“. Er sei schockiert gewesen, schrieb er auf der Plattform X.
This video of the Guadalupe was shot in Kerrville, Tx from the Center Bridge. Watch how fast these flood waters were traveling & washing everything in front of it out.It goes from low & barley flowing to over the top of the bridge in around 35 minutes.I sped the video up to… pic.twitter.com/NcQe4UAQBa — Clyp Keeper (@DGrayTexas45) July 6, 2025
Die Anlage sei auf eine Weise verwüstet worden, „wie ich es bei keiner Naturkatastrophe erlebt habe“. Wasser habe bis zum Dach der Hütten gestanden. „Wir werden nicht aufhören, bis wir alle Mädchen gefunden haben, die in diesen Hütten waren.“
Provided an update today on Texas’ ongoing response to severe flooding. The next 2 days could pose public safety threats due to heavy rain.It’s crucial that Texans remain vigilant. We continue our 24/7 search & rescue operation until every missing person is found. pic.twitter.com/yPdv5Izh9s — Greg Abbott (@GregAbbott_TX) July 6, 2025
Trump macht Vorgängerregierung verantwortlich
US-Präsident Trump beschuldigte die Vorgängerregierung unter Joe Biden, für mögliche Versäumnissen im Katastrophenmanagement verantwortlich zu sein. Die Sturzflut und ihre Auswirkungen seien eine „Jahrhundertkatastrophe“, die niemand erwartet habe, sagte Trump.
Auf Fragen von Journalisten, warum die Menschen in der Region, in der an diesem langen Feiertagswochenende in den USA viele am Flussufer campierten, nicht früher gewarnt und evakuiert worden sein, verwies der Republikaner Trump auf die demokratische Regierung seines Vorgängers Joe Biden. „Das war nicht unsere Organisation“, erklärte er.
Menschen wurden nicht vor Überschwemmungen gewarnt
Seit Trumps Amtsantritt im Januar waren Mittel für den Nationalen Wetterdienst NWS und die Klimabehörde NOAA gekürzt und zahlreiche Wissenschaftler entlassen worden. Da kommunale Vertreter der betroffenen Landkreise in Texas klagten, sie seien nicht vor den Wassermassen gewarnt worden, kam Kritik an diesen Maßnahmen auf.
Trump machte deutlich, er werde die entlassen Meteorologen bei den Behörden nicht wieder einstellen. Über seine Pläne, die nationale Katastrophenschutzbehörde Fema aufzulösen, „können wir später reden.“
In Bezug auf die Katastrophe in Texas hatte Trump zuvor Bundesmittel bereitgestellt. Er kündigte zudem an, wahrscheinlich am Freitag in die betroffenen Gebiete zu reisen.
Pläne für bessere Warnsysteme scheiterten
Da die Gefahr von Sturzfluten in dem betroffenen Gebiet bekannt sei, habe es schon vor Jahren Pläne für ein besseres Warnsystem gegeben, heißt es in Medienberichten. So hätten örtliche Behörden darüber diskutiert, Sirenen und Pegelanzeigen zu installieren.
Aus Kostengründen sei dies aber verworfen worden, schreibt die „New York Times“. Stattdessen seien die Menschen nun über Textnachrichten gewarnt worden, die für einige zu spät gekommen oder übersehen worden seien.
Erst vor wenigen Monaten sei zudem im texanischen Kongress ein Gesetzentwurf zur Verbesserung der Katastrophenhilfe gescheitert, meldet die Zeitung „The Texas Tribune“. Der Stadtverwalter von Kerrville, Dalton Rice, erklärte, die Behörden würden die Notfallmaßnahmen nun überprüfen.
„Wir möchten den Angehörigen dabei helfen abzuschließen“
Unter den Vermissten waren auch zehn der Mädchen und ein Betreuer aus dem christlichen Sommerlager „Camp Mystic“, an dem insgesamt 750 Menschen teilgenommen hatten. Die Suche nach Überlebenden wurde am Sonntag mit rund 17 Helikoptern fortgesetzt. Hunderte Rettungskräfte waren im Einsatz.
Auch Anwohner suchten mit Booten auf dem Wasser und an den Flussufern nach bekannten oder unbekannten Opfern und Überlebenden. Einer der freiwilligen Helfer berichtete, dass er eines der Mädchen aus dem Sommerlager tot in einem Baum aufgefunden habe. „Wir möchten den Angehörigen dabei helfen abzuschließen. Deswegen sind wir hier.“
„Wir werden weggespült“
Für Betroffenheit sorgte auch der Fall einer vermissten jungen Frau, die das Feiertagswochenende gemeinsam mit Freunden auf dem Land verbringen wollte und ihrer Familie am frühen Freitagmorgen eine SMS mit den Worten, „wir werden weggespült“, schickte und seit dem nicht mehr zu erreichen ist.
Texas’ Vizegouverneur Dan Patrick berichtete dem Sender Fox News von einer Ferienlager-Betreuerin, die das Fenster einer Hütte einschlug, damit Mädchen im Schlafanzug hinausgelangen und um ihr Leben schwimmen konnten. „Diese kleinen Mädchen sind zehn oder 15 Minuten geschwommen. In der Dunkelheit und dem rauschenden Wasser und auf sie zutreibenden Baumstämmen, können Sie sich das vorstellen?“, berichtete Patrick. Schließlich hätten die Kinder trockenes Land erreicht.
Wasserstand binnen 45 Minuten um acht Meter angestiegen
Während die Behörden am Sonntag an einigen Orten mit den Aufräumarbeiten begannen, warnte der Wetterdienst vor Gewittern, die weitere Sturzfluten auslösen könnten. Der Wasserstand des Guadalupe-Flusses war am Freitag binnen 45 Minuten um acht Meter angestiegen. Die Überschwemmungen am US-Nationalfeiertag waren durch heftige Regenfälle von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter ausgelöst worden – ein Drittel der durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmenge im Landkreis Kerr.
Sturzfluten sind in der von der jetzigen Katastrophe betroffenen Region im Zentrum und Süden von Texas keine Seltenheit, sie ist als „Flash Flood Alley“ (Sturzflutkorridor) bekannt. Solche plötzlichen Überschwemmungen entstehen, wenn der Boden heftige Regenfälle nicht aufnehmen kann. Wissenschaftlern zufolge führt der Klimawandel allerdings dazu, dass extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen häufiger und heftiger auftreten als in der Vergangenheit.