Ein Chip für jeden Wolf?

Schafzüchter präsentiert Vorschlag zum Herdenschutz – Experten sind allerdings skeptisch

Loffenau /LSW - Der Schafzüchter Thilo Studer hat eine ungewöhnliche Idee, wie man seine Herde vor dem Wolf schützen könne. „Jeder Wolf kriegt einen Chip unters Fell gepflanzt“, sagt der 47-Jährige, während er auf seine Herde im Nordschwarzwald blickt. Per Monitor könne dann jede Bewegung des Raubtiers verfolgt werden. „Wann immer der Wolf sich einer Schafherde oder dem Menschen nähert, wird Alarm geschlagen“, so die Rezeptur des studierten Landwirts. „Der Rest wird vor Ort per Gummigeschoss erledigt.“ Allerdings setzt er hinzu: „Töten würde ich die Wölfe in diesem Fall nicht.“

Es herrscht leichtes Schneegestöber, es ist kalt. Studers Herde besteht aus 400 Muttertieren, die an einem Steilhang bei Loffenau (Kreis Rastatt) grasen – das Terrain ist offiziell ausgewiesenes Wolfsgebiet. Die Zäune sind wie vorgeschrieben 90 Zentimeter hoch, die Stromspannung beträgt 4000 Volt. Zwar schrecke das den Wolf zunächst ab, doch längerfristigen Schutz garantiere das nicht,sagt Studer, der seit 20 Jahren in der Schafzucht tätig ist. „Wenn der Wolf am Zaun schnuppert, kriegt er erst mal eine gewischt, das tut weh“, sagt Studer. Als Folge des Stromschlags ziehe sich der Canis lupus zurück. „Doch das Problem ist: Der Wolf hat Hunger.“ Zwei, drei oder vier Tage halte er es zwar ohne Fressen aus. Doch dann werde es kritisch. Wenn der Wolf dann kein Reh oder andere Wildtiere finde, kehre er zu den Schafen zurück. „Irgendwie findet er seinen Weg durch den Zaun.“

Als Super-GAU bezeichnet es Studer, wenn der Wolf gelernt hat, dass er über den Zaun springen kann. 90 Zentimeter seien kein ernsthaftes Hindernis für ihn, und selbst wenn er den Draht in der Luft berühre, erhalte er keinen Stromschlag.

Johannes Erretkamps von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg sieht die Idee mit den Chips kritisch. „Das ist in der Praxis nicht umsetzbar“, sagt der Wildtierökologe. Wölfe könnten zwar mit GPS-Halsbändern zur Positionsbestimmung versehen werden. Aber die Daten seien eher zur nachträglichen Verfolgung geeignet, sie würden nur zu festgelegten Zeiten gesammelt übermittelt. Für eine Dauerüberwachung reichten die Akkus nicht aus.

Von Herdenschutzhunden, wie sie von der Wolfsprävention vorgeschlagen werden, hält Studer nicht viel. Herdenschutzhunde seien „Killer-Maschinen“, die nicht unterscheiden könnten, ob sich ein Fußgänger, ein Kind oder ein Wolf der Herde nähert. Das sei in den Karpaten oder in den Pyrenäen möglicherweise unproblematisch, meint Studer, im vergleichsweise dicht besiedelten Nordschwarzwald aber schon. „Ich würde es nie wagen, Herdenschutzhunde einzusetzen“, schwört Studer, der selbst drei Collie-Hütehunde einsetzt, um seine Herde zusammenzuhalten. Gegen einen Wolf wären die Collies aber machtlos. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Rösler hält Studers Kritik an Herdenschutzhunden für falsch. Sie würden in Deutschland und anderen Ländern so gezüchtet und erzogen, dass sie Menschen gegenüber nicht aggressiv seien.