Ein Denkmal des Landes in Aktion

Vergangene Woche belebten die Wengerter der Weinbaugenossenschaft Aspach die historische Torkelkelter. Anlässlich des 500. Jubiläums der Kelter veranstalteten sie eine Schaupressung. Dabei kamen auch Erinnerungen an die gerne gefeierten Kelterfeste hoch.

Ein Denkmal des Landes in Aktion

Ernst Wildermuth (am hinteren Ende) und André Übele (vorne im Bild) laufen um die Spindel und drehen sie so nach oben. Der Kelterbaum wird auf Spindelseite angehoben und presst auf der anderen Seite auf das Pressgut. Fotos: A. Becher

Von Anja La Roche

Aspach. Das alte, sandfarbene Gebäude der historischen Torkelkelter steht in Kleinaspach, von herbstlichen Weinbergen umrahmt. Im Inneren ist es recht dunkel. Es riecht nach Holz und vergorenen Früchten. Unter dem hohen Dachstuhl liegt ein mehr als sieben Tonnen schwerer Holzbalken waagerecht inmitten des Raumes; rechts liegt er auf einer Spindelkonstruktion, links auf einem Turm aus kleineren Holzbalken. Darunter liegt das Pressgut. Die Schaupressung ist in vollem Gange: Acht Männer in Arbeitskluft bedienen die große Baumpresse, die aus dem 18. Jahrhundert stammt.

Die Weingärtnergenossenschaft (WG) aus Aspach veranstaltet die Schaupressung anlässlich des 500. Jubiläums der Torkelkelter im kommenden Jahr. Sie sei das bedeutendste Weinbaudenkmal Baden-Württembergs, denn die Einrichtung sei noch vollständig intakt. Publikum ist bei der Pressung kaum anwesend — dafür aber die eine oder andere Kamera. Auch die WG Aspach feierte dieses Jahr Jubiläum: Sie zählt nun 50 Jahre.

Einige Alteinwohner Aspachs sind in der Torkelkelter zugegen. Die meisten sind Mitglieder der WG Aspach, darunter auch der Vorsitzende Günther Ferber und Joachim Schöffler, der für den Vertrieb und das Marketing der Genossenschaft verantwortlich ist. „Die zwei Älteren geben heute ihr Wissen weiter und wir Jüngeren können es speichern“, sagt Schöffler, der selbst „nie aus Aspach herausgekommen“ ist. 1936 wurde die betriebliche Nutzung der Baumkelter eingestellt.

Zwei Männer laufen inzwischen im Kreis um die Spindel herum. Sie drehen die Spindel nach oben. Der Kelterbaum wird auf die Holzvorrichtung auf der anderen Seite gehebelt, unter dem sich die Maische befindet. Das Holz knackt und knarzt, als würde es gleich zerbersten. „Deshalb heißt es übrigens Torkelkelter“, erklärt Schöffler und deutet auf die um die Spindel laufenden Männer. „Wenn man das früher stundenlang gemacht hat, dann ist man torkelnd aus der Kelter herausgekommen. Auch ohne den Wein zu trinken“, schmunzelt er.

Es braucht mindestens sieben Leute, um die Baumpresse zu bedienen

Schaupressungen wurden früher alljährlich beim Kelterfest in der historischen Kelter veranstaltet, in den letzten Jahrzehnten jedoch nur noch selten. Das liegt auch daran, dass es sehr aufwendig ist, die Baumpresse zu bedienen. Damit der Traubensaft nicht ins Holz sickert, muss die Anlage vorher eine Woche lang bewässert werden. Das Holz zieht sich dadurch zusammen und hält dicht. Mindestens sieben Leute brauche es dann, um die Baumpresse zu bedienen, so Joachim Schöffler. „Früher war das wochenlange harte Arbeit.“ Deshalb bezeichnete man die kelternden Männer damals auch als Kelterknechte.

Dann ist es so weit: Der Saft plätschert in einen Eimer. Drum herum sammeln sich Rinnsale zu kleinen Pfützen und man muss aufpassen, nicht in den roten Saft zu treten. Getrunken wird der vergorene Traubensaft aber nicht. Denn die Torkelkelter entsprich schon lange nicht mehr dem heutigen Hygienestandard.

1522 wurde die Kelter erstmals gebaut; darüber weiß man allerdings kaum noch etwas. Das Gebäude riss man vermutlich vollständig ab. Und dann wurde das Gebäude erbaut, das auch heute noch im Oktoberwetter strahlt. Die steinernen Grundmauern und das hölzerne Gebälk sind nach wie vor robust. Handbehauenes Holz, damals extra aus dem Schwarzwald auf Flößen über Enz und Neckar transportiert — das hält.

Und so dient das Gebäude heute noch als ein Beweisstück der uralten Keltertradition. Das vorerst letzte Kelterfest fand 2002 statt. Matthias Holzwarth, ein Wengerter aus Kleinaspach, erinnert sich gerne an die Feste: „Dann war hier immer Ausnahmezustand. Die Youngsters haben sich schon samstagmittags um Karten bemüht. Nachdem die Schnapsleichen am Sonntag draußen waren, gab es dann einen Gottesdienst“, weiß er noch. Anschließend fand die Schaupressung statt und der Kelterfestumzug mitsamt Kalebstraube.

Die anwesenden Männer der WG Aspach haben sich inzwischen aus der Torkelkelter hinaus in die Sonne begeben. Walther Frank besinnt sich ebenfalls zurück auf vergangene Zeiten. Wie lange er schon in Aspach wohnt? Gelöstes Gelächter unter den Wengertern. Die Antwort: seit 1948. Zwei Pressungen habe er miterlebt. „Die Trauben wurden damals direkt vom Buckel runtergetragen“, erzählt Frank.

Inzwischen kann man die Torkelkelter für jegliche Veranstaltungen buchen. Geburtstage, Hochzeiten, Polterabende, Vereinsfeste. Ob die Aspacher selbst schon eine Hochzeit hier gefeiert haben? „Das ist was für Städter“, sagt ein Wengerter.

Allmersbach und Kleinaspach sind schon viele Jahrhunderte vom Weinbau geprägt. Viele Weinbauern gaben das Geschäft allerdings auf, denn Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts schadeten die Reblaus und Pilzbefall dem Wein massiv. Später wurde der Weinanbau als lohnender Nebenerwerb erkannt und wiederbelebt. Wein wurde sogar zum Zahlungsmittel.

1971 gründeten einige Weinbauern die Weingärtnergenossenschaft

Bis in die 60er-Jahre fuhren die Wengerter ihren Wein weit über die Gemeindegrenzen hinaus, um ihn an die Händler zu verkaufen. Diese bezahlten jedoch meistens nur Spottpreise und die Bevölkerung Aspachs war sehr arm. Um ihre Lage zu verbessern, gründeten einige Weinbauern 1971 die Weingärtnergenossenschaft Allmersbach, die sie 1990 zur WG Aspach umwandelten.

Joachim Schöffler und seine Mitgenossen freuen sich bereits auf Oktober im kommenden Jahr. Wie zu alten Zeiten wird dann ein Kelterfest in der historischen Torkelkelter stattfinden. Eine Schaupressung wird es aber nicht geben — gut, dass es Aufzeichnungen geben wird und man die beeindruckende Baumkelter trotzdem in Aktion bestaunen kann. „Es war schön, die Kelter mal wieder in Betrieb zu sehen“, freut sich Joachim Schöffler.

Das Keltern als eine alte Handwerkstradition

Die Kelter Damit ist eine Presse zur Gewinnung von Fruchtsäften gemeint. Das Wort stammt vom lateinischen „calcatorium“ ab, was zu deutsch „Fußtretung“ bedeutet. Denn früher hat man die Trauben mit den Füßen zertreten, um den Saft zu gewinnen oder um die Früchte vor der Pressung zu Maische zu zerkleinern.

Die Baumkelter Vermutlich stammt die Baumkelter von den Römern. Schriftliche Quellen gibt es seit dem 14. Jahrhundert. Ein Gewichtsstein wird mit der Spindel angehoben und drückt dadurch den Kelterbaum auf eine Holzvorrichtung. Darunter ist das Pressgut. Die Baumkelter wurde durch die platzsparende Spindelpresse, dann durch die elektrische Presse ersetzt.