Ein freier Platz im Bus bei einer Reise nach Schweden

An diesem Freitag feiern Margarete und Hans-Peter Ebrecht aus Backnang ihre goldene Hochzeit. Die Musik hat sie zusammengeführt.

Ein freier Platz im Bus bei einer Reise nach Schweden

Die gemeinsamen 50 Jahre sind schnell vergangen, sagen Margarete und Hans-Peter Ebrecht aus Backnang. Foto/Repro: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. „Es war der erste Termin nach meinem 21. Geburtstag“, erklärt Margarete Ebrecht den Hochzeitstermin am 17. Dezember 1971, kurz vor Weihnachten. Zusammenzuziehen ohne Trauschein war in den frühen 70er-Jahren undenkbar. Und selbst nach standesamtlicher Hochzeit wurde ein Ehepaar noch kritisch beäugt.

Zusammengeführt hat das westfälische Ehepaar die Musik. Beide gehörten einem Chor an, sie als Sängerin, er als Bassist. Doch zunächst hatten die beiden gar nicht so viel Gelegenheit gehabt, sich kennenzulernen. Denn sein Kontrabass und der E-Bass mit dem Verstärker benötigten immer viel Platz in einem fahrbaren Untersatz. Eine Mitfahrgelegenheit konnte sich so nicht ergeben. Eine Konzertreise nach Schweden führte Margarete und Hans-Peter Ebrecht schließlich zusammen. Dort waren sie viel im Bus unterwegs gewesen. „Neben ihm war immer ein Platz frei“, erinnert sich die 71-Jährige. Und das nicht unbedingt aus Zufall, wie sie sich beide lächelnd erinnern.

Die junge Sängerin hatte gerade ihre Erzieherinnenausbildung abgeschlossen, er studierte Ingenieurwesen. Nach der Hochzeit fanden sie zunächst eine Wohnung in der Heimat. Auf die Vermieterin mussten die beiden einen recht guten Eindruck gemacht haben, auch ohne kirchliche Trauung, sie erließ ihnen sogar 20 Mark Miete. Doch der Beruf führte das Paar 1973 nach Backnang. Damals herrschte Fachkräftemangel, man bekam viele Stellenangebote. Als Diplom-Ingenieur fing Hans-Peter Ebrecht bei Telefunken an und blieb der Firma und ihren Nachfolgern sein ganzes Berufsleben lang treu.

Auch Margarete Ebrecht fand sofort eine Anstellung als Erzieherin im Kindergarten. Warum sie sich für die Stadt an der Murr entschieden haben? „Die Backnanger waren am nettesten“, lacht sie. Zudem gefiel ihnen die Umgebung gut, die Größe der Stadt sagte beiden zu, es war ähnlich wie in der alten Heimat. „Wir Westfalen sind direkt und kontaktfreudig“, sagt die Jubilarin heute, daher gefiel ihnen damals sehr gut, wie international die neue Arbeitsstelle des Ehemannes aufgestellt war. Nach kurzer Zeit stellte sich Nachwuchs ein, zwei Kinder bekam das Paar. Per Fernstudium studierte Margarete Ebrecht dann Theologie und Religionspädagogik und unterrichtete 20 Jahre lang Religion an der Mörikeschule und der Grund- und Hauptschule (jetzt Gemeinschaftsschule) in der Taus: „Dadurch kenne ich ganz Backnang.“

Die Musik gehörte weiterhin zum gemeinsamen Leben. Hans-Peter Ebrecht war mit seinem Kontrabass 30 Jahre lang Mitglied des Firmenorchesters, sie gehörte einem Flötenquartett an. Angefangen hatte Ebrecht als Klavierspieler in der Schulband. Doch da dringend ein Bass gesucht war, hatte er dann dieses Instrument übernommen. Auch jetzt spielt er noch in einer Musikgruppe mit, bis vor Corona war die Truppe mit Hits der 50er- und 60er-Jahre auf Straßenfesten und bei Veranstaltungen in Seniorenheimen gern gesehen. Dabei gehört der 74-Jährige zu den jüngeren Bandmitgliedern.

Die gemeinsamen 50 Jahren seien schnell vergangen, finden die beiden, die den Ruhestand sehr aktiv gestalten. Sie geht gern und an festen Terminen mit Freundinnen laufen. „Da können wir über die Männer lästern“, verrät sie und fügt hinzu: „Man muss auch mal was für sich machen.“ Gemeinsame Hobbys haben sie natürlich auch. Sie sind schon immer gern gewandert und waren bergsteigen. Und in den letzten sieben Jahren haben sie ein neues Hobby für sich entdeckt – das Reisen. „Wir haben fast ganz Europa abgereist, und wir waren auch an Orten, wo die Leute nicht unbedingt hinfahren“, berichtet Hans-Peter Ebrecht. Nur noch sechs Länder fehlen den beiden. Bereits besucht haben sie Europas nördlichsten, westlichsten und auch den südlichsten Punkt. „Vorher sind wir aber fast noch nie geflogen“, erzählt die ehemalige Lehrerin, nur einmal hatte sie Israel besucht. Ein Muss für ihren Beruf, wie sie findet. „Es ist einfach toll, kennenzulernen, wie andere Menschen leben“, beschreibt sie ihre Freude am Reisen. Zudem wandert sie jedes Jahr mit etwa 20 Frauen den Jakobsweg. Nicht zu vergessen die jährlichen Treffen mit Hans-Peters ehemaligen Studienkollegen, die immer wieder an einen anderen Ort innerhalb Deutschlands führen.

Beide sind zudem kirchlich sehr engagiert, sie spielen gern, vor allem wenn es was zum Knobeln ist. Doch sie lassen sich auch ihre Freiräume: „Man muss nicht alles gemeinsam machen. Und man darf nicht glauben, dass das eigene Glück vom anderen abhängt“, haben die Eheleute in ihrer gemeinsamen Zeit erkannt.